„Eine Gemeinschaft toller Menschen“

USA-Rückkehrer Dan Oprea prägt das Kulturleben in Kronstadt

Dan Oprea bereitet mit Künstler Dan Roșca und George Roșu (v. l. n. r.) die grünste Gasse Kronstadts vor (2011). Fotos: Depoul de Artă Urbană

Ein Teil des Teams das sich für die Verschönerung der Mauer des Franziskanischen Johannisklosters am Johannisplatz eingesetzt hat (v.l.n.r.): Horia Russu, Sandu Milea, Ana Toma, Dan Oprea, Cătălin Cantor (Carpaterra) und Liviu Creosteanu

Bei der Vernissage von Sasha Merets Ausstellung „Processions for Vanishing Parts” im Multikulturellen Zentrum der „Transilvania“-Universität (2018) Foto: Andrei Paul

Blumen bringen Freude.

Dan Oprea ist einer der Kronstädter, denen man vor Beginn der Coronavirus-Pandemie bei den meisten modernen Kulturveranstaltungen in Kronstadt/Brașov begegnete. Er ist an seinem freundlichen Lächeln und an den kurzen grauen Haaren zu erkennen, aber auch daran, dass er immer alle anwesenden Künstler zu kennen scheint. Kein Wunder, denn viele von ihnen sind auf seine Initiative oder mit seiner Unterstützung in die Zinnenstadt gekommen, seien es Maler, Graphiker, Designer, Fotografen, Videographen, Musiker, Schauspieler, Meister der Spezialeffekte oder Regisseure.

Seit seiner Rückkehr aus New York (1995), wo er zwölf Jahre lang lebte, hat der gebürtige Kronstädter in der Kulturlandschaft seiner Heimatstadt zahlreiche Projekte auf die Beine gestellt, organisiert oder unterstützt. In den mittneuziger Jahren galten sie eher als gewagt, kamen aber bei den Bürgern gut an. Kunst unter freiem Himmel war damals eine Seltenheit, wurde jedoch durch Dan Opreas Herzensprojekt „FatzaDa” zwischen 2008 und 2013 immer beliebter. Konzerte und Ausstellungen von Kunst oder Antiquitäten, Workshops, Vorführungen von Handwerkern, Spielplätze und angeleitete Aktivitäten für Kinder konnten Passanten hautnah auf den Gassen der Innenstadt miterleben. Durch seinen Verein, „Das Kunst-Depot“/Depoul de Artă Urbană (DAU), wurden auch Auftritte von Big Bands aus Amerika wie auch anderer Musiker aus dem Ausland in Kronstadt möglich. Oprea war zudem einer der Motoren beim Kammermusikfestival „Vibrate!”, dessen sechste Auflage im Oktober stattgefunden hat. Auch das Entstehen des „TamTam”-Festivals im letzten Jahr ist ihm mit zu verdanken.

„My Home Brașov“

„‘My Home Brașov’ ist das Projekt meiner Reife. Meine ganze Erfahrung blüht hier auf”, erklärt Dan Oprea über sein neuestes Vorhaben, das er diesen Herbst startete. Er will eine Gemeinschaft von „tollen Menschen“ gründen, die Kronstadt zu ihrer Heimat gemacht haben, seien es Expats, die sich von der Stadt verzaubern ließen, oder Kronstädter, die wie er lange Zeit im Ausland oder anderswo in Rumänien gelebt haben und zurückgekehrt sind. Ihre Liebe für Kronstadt und ihre positive Haltung der Stadt gegenüber sollen als Beispiel für die Einheimischen wirken.

„Es gibt so viele verborgene Schätze in dieser Stadt, so viele wunderbare Menschen, aber nicht alle kennen einander, nicht alle haben hier Freunde, sodass eine Gemeinschaft allen zugute käme”, erklärt er sein Konzept. Dieses Zusammenkommen kann sowohl auf privater Ebene, aber auch professionell dienlich sein, indem die Mitglieder einander bei ihren Projekten unterstützen oder neue Vorhaben miteinander schaffen. Wünschenswert sei, dass man einander ohne materielles Interesse hilft.

Zurzeit wird an einer Webseite gearbeitet, auf der alle diese „tollen Persönlichkeiten“, über die Dan Oprea spricht, kurz vorgestellt werden sollen. Die Amerikanerin Sarah Vienna ist eine davon. Sie lebt seit rund 20 Jahren in Rumänien, ist Wahlkronstädterin geworden und führt durch ihre Stiftung „Firm Foundation Romania“ Programme zur Unterstützung von Kindern durch. Im Rahmen ihres Krankenhausprogramms sorgen Volontäre für Kleinkinder bis zu ihrem zweiten Lebensjahr, die in der Kinderklinik zurückgelassen wurden; des Weiteren werden Roma-Kinder aus Budila im Rahmen eines Hausaufgabenprogramms beim Lernen unterstützt.

Vienna ist auch Sängerin und hat ihrer neuen Heimatstadt sogar ein Lied gewidmet. Zu Beginn des diesjährigen Studienjahres der Kronstädter „Transilvania”-Universität hat sie die „Symphonie des Lockdowns” von Vlad Maistorovici in der Aula der Institution interpretiert.

Weitere interessante Leute, die Oprea auf der Plattform von „My Home Brașov“ vorstellen möchte, sind der österreichische Fotograf, Autor und Vortragsredner Bernhard Möstl, der Fotograf Emilian Chiril² oder Nigel, ein Sänger, der mit Musik aus der Karibik für gute Stimmung sorgt.

Kunstgalerie in New York und auf Gassen

Seine Liebe für Kunst hat Dan Oprea in New York entdeckt. Da sein Vater von dort stammte, konnte der damals 26-Jährige 1983 problemlos einwandern. In Amerika eröffnete er eine Kunstgalerie, durch die er auch rumänische Künstler wie Gabriel Stan oder Sasha Meret förderte. Später stellten auch russische, polnische und ungarische Fotografen oder Maler bei ihm aus und Musiker traten auf. In Kronstadt hatte er keine eigenen Räumlichkeit für Events, arbeitete aber mit allen Kulturanbietern zusammen.

Für Dan Oprea war  auch die Straße stets ein herrlicher Ort, um den Bürgern Schönes anzubieten. So ist der Visionär mitverantwortlich für den neuen Look des  Johannisplatzes/Piața Sfântul Ioan. Auf Initiative des Vereins „Carpaterra“,  in Zusammenarbeit mit dem Franziskaner Johanniskloster und mit Unterstützung der Lokalbehörden wurde die bröckelnde Fassade des Klosters 2017 von Künstlern in lebendigen Farben gestrichen.

„Die grünste Straße der Stadt”

Schon seit 2008 organisiert Dan Oprea Ausstellungen, Konzerte und Workshops unter freiem Himmel. Eines seiner Lieblingsprojekte ist „Die grünste Straße der Stadt”. Seine Augen funkeln, die Erinnerungen überwältigen ihn. Als würde er in die Vergangenheit blicken, schaut er träumerisch in die Weite und schildert, wie herrlich grün die Spitalgasse/Postăvarului-Gasse ausgesehen hatte. „Die Zinne ergoss sich auf die Spitalgasse, alles wurde grün. Überall waren Bäumchen, Pflanzen, Blumen an Fenstern, viele nette Leute – eine wunderbare Atmosphäre”. Auch wenn dieses Konzept anfangs neu für die Einheimischen war, so mussten sie dieser Art von Kunst einfach ausgesetzt werden, um sie kennenzulernen, meint Oprea. Allgemein unterstützt er gern Initiativen, die eine frische Perspektive zeigen, zu Toleranz und Akzeptanz einladen.

Mit Nostalgie erzählt er auch über sein erstes Projekt in der Stadt unter der Zinne. Es ging um die Sanierung seiner Lieblingsgasse, die er als Kind ständig frequentierte, als er zum Olympia-Stadion zum Tennis Spielen ging. Oprea beantragte und erhielt eine Finanzierung von der König-Baudouin-Stiftung aus Belgien und ließ das Schnurgässchen in neuem Glanz erscheinen.

Über Kunst spricht Dan Oprea mit sanfter Stimme, lässt sich Zeit für Details. Beim Reden kommen ihm Ideen zu neuen Ereignissen, seine Phantasie scheint unbegrenzt. Allerdings will der 63-Jährige nicht mehr bei großen Festivals mitwirken, die ihn mittlerweile nicht mehr motivieren. Statt dessen widmet er sich kleineren Veranstaltungen mit fassbaren Ergebnissen. So etwa das besondere Event „On A Special Day GOD Created Sound”(Gott hat an einem besonderen Tag den Ton geschaffen), dessen erste Auflage im vergangenen Dezember in der Franziskanerkirche stattfand. Sounddesigner Remus Miron hat dafür eine fünfstündige Audio-Video-Show mit leiser Musik und Videoprojektionen geboten. Die Atmosphäre sei unbeschreiblich gewesen, schwärmt Oprea. Absolut wiederholenswert!
Starthilfe für neue Künstler

„1995 war die Kulturszene in dieser Stadt ganz anders als heute. Der Unterschied ist riesig”, erklärt Oprea. Jetzt seien „viele tolle Leute“ in diesem Bereich aktiv, die ihre Erfahrung und aus dem Ausland mitgebrachtes Wissen hier einsetzen. Sie heben das Niveau der Kultur auf europäischen Standard, was erfreulich sei. Allerdings sei es essentiell, dass diese einzelnen Veranstalter lernten, miteinander zu arbeiten, zumal viele in geschlossenen Kreisen verkehrten. Auch hierfür sei die Gründung einer kulturellen Gemeinschaft wichtig.

Zur Verbesserung des kulturellen Lebens müssten zudem Neulinge unterstützt werden, um nicht unterzugehen. Es gibt so viele talentierte Leute, die jemanden brauchen, der sie fördert, meint Oprea. Künstler aufsteigen zu sehen gibt ihm eine besondere Genugtuung. „Die Künstler gehören in den Vordergrund, ich bin ein Mensch der Kulisse”, erklärt er und fügt an:„Ich liebe Raketen mit Motoren, die dröhnen. Sobald sie gestartet sind und alleine zurecht kommen, interessieren sie mich nicht mehr.”

Damit der kulturelle Sektor in Kronstadt funktioniere, seien mehr staatliche Gelder vonnöten, aber auch eine separate Finanzierung von Nichtregierungsorganisationen und selbständigen Kulturvereinen, die – anders als große Kultureinrichtungen, deren Überleben nicht von diesen Geldern abhängt – darauf angewiesen sind.
Hilfreich wäre die Einführung eines Büros für Kultur-events am Alten Marktplatz. Bislang war der Zugang zu den Geldgebern des Bürgermeisteramtes und des Kreisrates extrem schwierig. In einem offenen Büro mit freundlichem und informiertem Personal könnten Kulturschaffende, die ihre Ideen umsetzen wollen, Anweisungen erhalten, wie sie ihre eigenen Projekte finanzieren könnten. Bis dahin, hofft Dan Oprea auf viele weitere hochqualitative Kulturveranstaltungen in Kronstadt, die in einer Gemeinschaft von immer mehr Menschen organisiert werden.