700 Jahre Meschendorf, Deutsch-Kreuz und Klosdorf            700 Jahre Rechtsgleichheit unter den Siebenbürger Sachsen

Festvortrag, gehalten in Meschendorf, 7. August 2022 / Von Thomas Șindilariu

Gäste und Gastgeber in Meschendorf anlässlich der 700-Jahr-Feier.

Die erste gesicherte urkundliche Erwähnung Meschendorfs geht auf das Jahr 1322 zurück.

Der Autor beim Festvortrag in Meschendorf

Am 29. Januar des Jahres 1322 heißt es am Ende der vom König Ungarns, Karl-Robert von Anjou, der Kerzer Zisterzienserabtei verliehenen Urkunde: „Und damit von nun an nicht mehr das Klagegeschrei über all die bereits erwähnten Rechtsverletzungen, Gewalttaten und Kränkungen, die dem besagten (Kerzer) Abt und Konvent (…) vielfältig zugefügt worden sind, Unseren königlichen Sinn zur Vergeltung rufe, soll der oft genannte Graf der Hermannstädter Provinz (...) die Abschrift dieses Freibriefes (...) mindestens einmal im Jahr, vor der Versammlung der Provinz sorgfältig verlesen und erklären lassen.“

Da der Brauch des jährlichen Vorlesens in den „letzten“ Jahren „etwas“ in Vergessenheit geraten ist, wollen wir das nun ein wenig nachholen! Anders als früher soll jedoch nicht das Aufsagen bis zum Auswendiglernen Ziel der Übung sein, sondern ein verstehendes Herangehen an die faszinierende Gründungszeit der Drei Dörfer, wie Meschendorf, Deutsch-Kreuz und Klosdorf immer wieder genannt werden.

Die Drei Dörfer, die den Besitz der Zisterziensermönche aus Kerz in dieser Gegend Siebenbürgens ausmachten, treten übrigens gemeinsam in das Licht der Geschichte! Die Deutsch-Kreuzer haben allerdings ihr 700. Jubiläum bereits gefeiert und zwar schon 1970! Zu Unrecht, wie wir heute wissen! Aber das war nicht ihre Schuld. Franz Zimmermann, der Herausgeber des „Urkundenbuches zur Geschichte der Deutschen in Siebenbürgen“ hatte sich 1892 bei der geographischen Festlegung einer Urkunde vertan. Den Irrtum deckte der 2018 verstorbene Kronstädter Historiker und Archivar, Gernot Nussbächer, auf und stellte klar, dass sich die Urkunde von 1270 nicht auf Deutsch-Kreuz sondern auf Cristurul Secuiesc/Székelykeresztúr bezog. Im Rückblick auf die eben beendete 10. Ausgabe der Haferland-Kulturwoche verwundert es dann aber doch ein wenig, dass die 700 Jahre seit der urkundlichen Ersterwähnung der zentralen Haferland-Ortschaften, Deutsch-Kreuz, Meschendorf und Klosdorf, sieht man von meinem marginalen Grußwort zu diesem Anlass ab, so gar keine Rolle gespielt haben. Die Ironie der Geschichte wird durch das folgende Detail komplett: auch in Cristurul Secuiesc weiß man bis heute noch nicht, dass die auf Wikipedia z. B. angegebene Ersterwähnung aus dem Jahr 1333 eigentlich die urkundliche Zweiterwähnung ist.

Um unsere Urkunde von 1322 besser verstehen zu können, bedarf es eines breiteren historischen Kontextes. Die Einwanderung, besser noch gesagt, die Ausbreitung der deutschen Siedler in Siebenbürgen erfolgte in mehreren abgrenzbaren Etappen. Wieso Ausbreitung? Die Ausbreitung deutscher Siedlungen im südlichen Siebenbürgen beginnend mit der Mitte des 12. Jahrhunderts war nämlich etwa zu gleichen Teilen Einwanderung wie Binnenkolonisation. Nach heutigem wissenschaftlichen Kenntnisstand spricht einiges dafür, dass damals die klimatische Erwärmung im westlichen Europa zunächst zu Ernteanstieg, dann zu massivem Bevölkerungswachstum führte, um schließlich Hungersnöte, Auswanderung und Kreuzzüge hervorzurufen. Letztere, wie etwa der Zweite Kreuzzug, schlugen gelegentlich den Landweg über Ungarn, die Balkanhalbinsel und Kleinasien ins Heilige Land ein. Auf diese Weise rückten auch die Ansiedlungsmöglichkeiten in Siebenbürgen ins Blickfeld der Westeuropäer. Einer der Kreuzzugsteilnehmer, der Chronist Kaiser Friedrich Barbarossas, Otto von Freising bezeichnet Ungarn gar als „Paradies Gottes”, so vielfältig erschienen ihm die Entwicklungsmöglichkeiten des Landes. Für die Anfangsbesiedlung des sogenannten „Altlandes“, also die Umgebung von Hermannstadt, Leschkirch und Großschenk, wird eine Bevölkerungszahl von lediglich 2000-2500 Personen angenommen. Das Bild einer ungeheuren Dynamik bei der Gründung von immer neuen und neuen Ortschaften ist gewiss kein falsches – die zweitgeborenen Söhne einer Familie konnten zu jedem Zeitpunkt sich mit anderen zusammentun und eine neue Siedlung gründen – so dass sich diese mit fast virusartiger Geschwindigkeit in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts entlang des Haarbachtales nach Osten, bis nach Reps bzw. Draas und damit bis in die Nachbarschaft der Drei Dörfer ausbreiteten.

An der Wende zum 13. Jahrhundert greift der König in zweierlei Hinsicht in das Siedlungsgeschehen im südöstlichen Siebenbürgen ein: 1211 verleiht er dem Deutschen (Ritter)Orden das Burzenland und höchstens 10 Jahre früher wird die Abtei der Zisterziensermönche in Kerz gegründet. Neben Christianisierung der Kumanen außerhalb der Karpaten und Landesausbau innerhalb des Karpatenbogens dürften zumindest im Falle der deutschen Ritter auch geostrategische Überlegungen des Königs im Spiel gewesen sein, evtl. auch mit Blick auf die Zisterzienser – schließlich hatte der Vierte Kreuzzug 1204 zur Eroberung Konstantinopels geführt und ein Lateinisches Kaiserreich dort entstehen lassen. Zumindest Papst Innozenz III. sah damals die Gelegenheit, die Balkanhalbinsel für das katholische Christentum zu gewinnen. Daraus wurde aber nichts.

Das einschneidendste Ereignis im Donau-Karpatenraum, aber auch im gesamten ost- und mittelosteuropäischen Raum im 13. Jahrhundert war der Mongoleneinfall der Jahre 1241/42. Der Verlust unzähliger Menschenleben brachte die Siedlerbewegung in Siebenbürgen zum Erliegen. Erst 1262 gelang es König Bela IV. erstmals, militärische Erfolge über die Mongolen zu erringen. Doch schon kurz nach dem Mongoleneinfall initiierte er eine zweite Ansiedlung vorwiegend bayrischer Siedler in Siebenbürgen, insbesondere im Nordosten und im Zwischenkokelgebiet.

Über die Besitzungen der Zisterzienser von Kerz bis zum Mongoleneinfall wissen wir wenig. Eine Urkunde vom Vorabend der Invasion unterstellte jedoch 1240 weite Teile des Burzenlandes dem kirchlichen Patronatsrecht des Klosters. Es gibt noch weitere Belege dafür, dass die Zisterzienser im Burzenland in gewisser Weise die Erbschaft des 1225 vertriebenen Deutschen Ordens angetreten hatten.

Bei dieser Vorgeschichte wird klar, wieso das Gebiet, auf dem die Drei Dörfer entstanden sind, 1289 noch nicht besiedelt war und lediglich als „Terra Popteluky“ bezeichnet wurde. Diese „Terra Popteluky“ kann man mithilfe des ungarischen Wortstammes „pap“ für Pfarrer/Geistlicher oder auch des rumänischen Begriffs „pop˛“ etwa als Pfaffengrund „übersetzen“. Da die Terminologien im 13. Jahrhundert noch lang nicht so genau waren, wie wir das heute kennen, ist „Mönchsgrund“ vielleicht eine noch bessere „Übersetzung“ der „Terra Popteluky“. Diese Terra kommt in einer Urkunde vor, die den Verkauf des Ortes Mukendorf/Grânari an den Gräfen Petrus, den Sohn des Henning von Denndorf/Daia bezeugt und das verkaufte Gebiet im Norden, also in Richtung Meschendorf, abgrenzt. Wir dürfen also annehmen, dass das Gebiet auf dem die Drei Dörfer entstanden sind, zum Zeitpunkt der Besiedelung schon seit Jahrzehnten, vielleicht schon seit vielen Jahrzehnten den Zisterziensern gehörte, jedoch wegen der Mongolengefahr und des dadurch bedingten Menschenmangels nicht früher besiedelt werden konnte.

Ohne das Engagement der Gräfen oder „Lokatoren“, wie sie etwa in Schlesien genannt wurden, zu denen auch die Familie der Gräfen Petrus und Henning von Denndorf wohl zu zählen ist, wäre die Gründung neuer Siedlungen in Siebenbürgen nicht möglich gewesen – darüber herrscht Einigkeit in der wissenschaftlichen Literatur. Sie vermittelten und organisierten zwischen dem Herkunftsgebiet und dem Ansiedlungsgebiet, sicherten die Kommunikation zu den Vertretern der Staatsmacht oder dem Grundeigentümer, koordinierten die Siedlerzüge und den Ansiedlungsprozess vor Ort. Es liegt in der Natur des menschlichen Wesens, dass die Organisatoren hierbei bemüht waren, für sich selbst Vorteile zu schaffen. Genauer gesagt, versuchten sie erbliche Führungspositionen (Hann/Richter/Bürgermeister), gar Adelsvorrechte, also große Besitzungen in den Orten und Steuerfreiheit zu erlangen. Dies scheint auch in der Gründungsphase der Drei Dörfer der Fall gewesen zu sein.

Bemerkenswert ist daher in unserer Urkunde von 1322 der Passus: „Von nun an sollen keine Dienstleute von Grafen und Mächtigen in den Besitzungen des Klosters irgendwelche Hufen Grund haben, noch dort wohnen, außer allein diejenigen, die dem Abt und Konvent dienen und gehorchen, noch soll es irgend einen Hof oder irgend ein Erbgut in diesen Besitzungen geben, von dem nicht Zins Steuer und die üblichen Rechte und Dienstleistungen an den genannten Abt und Konvent geleistet werden“.

Was hier geschah, war, mit anderen Worten gesagt, nichts anderes als die Verbannung der Gräfen von sämtlichen Klosterbesitzungen und das nach nur zwei Jahrzehnten nachdem diese die Drei Dörfer offensichtlich im Auftrag des Kerzer Abtes gegründet hatten!

Um dies zu erklären, muss ein wenig weiter ausgeholt werden. Die Gesamtheit der Gräfen, auch Erbgräfen genannt, stellte seit dem Beginn der Ansiedlung der Siebenbürger Sachsen Mitte des 12. Jahrhunderts die Führungsschicht der Siedler dar. Sie stellten in ihrer Gesamtheit eine erhebliche militärische Macht dar, die es verstanden hatte, ihre Interessen – etwa gegen den Bischof von Siebenbürgen 1277 und 1308 – gewaltsam durchzusetzen (Gaan von Salzburg), oder im Moment der Bedrängnis des Königs die grundlegende Verfassungsurkunde der Siebenbürger Sachsen, das Andreanum, 1224, auszuhandeln.

Dieses sah Folgendes vor: Für den Fall eines Kriegszuges des Königs im Inneren des Landes hatten sie 500 und im Ausland 100 Bewaffnete (milites) zu stellen. Ferner hatte das von Broos bis Draas reichende Alte Land eine Jahressteuer von 500 Silbermark als die wesentlichsten Leistungen zu erbringen. Im Gegenzug wurde politische Einheit des Gebietes, Selbstverwaltung und Unveräußerlichkeit des verliehenen Grundes gewährt, sowie Rechtsprechung nach eigenem Gewohnheitsrecht und freie Wahl der Richter und Geistlichen aus den eigenen Reihen sowie freie und gemeinschaftliche Nutzung der Wälder und Gewässer. Zu diesen wichtigsten Bestimmungen des Andreanums gesellte sich noch das Recht, zur Not auch bewaffneten Widerstand leisten zu dürfen, sollte ihre Rechtsordnung missachtet werden. Davon wurde, wie erwähnt, auch Gebrauch gemacht.

Die Verschriftlichung der seit dem Beginn der Einwanderung geltenden Rechtsordnung erfolgte 1224, also in dem Moment, als der König sich anschickte, den Deutschen Orden aus dem Burzenland zu vertreiben, was 1225 auch gelang. Wir wissen nicht, ob das militärische Potential der sächsischen Gräfen dabei auch zum Einsatz kam. Es ist durchaus möglich!

Als 1301 das Königsgeschlecht der Arpaden ausstarb, brach ein Bürgerkrieg um die Thronfolge in Ungarn und Siebenbürgen aus. Die Führungsschicht der Sachsen ergriff alsbald Partei für den niederbayrischen Herzog Otto von Wittelsbach, ein Enkel des Arpaden-Königs Béla IV. Otto wurde vom mächtigen Woiwoden Siebenbürgens, Ladislaus Kán, ausgetrickst und musste sich zurückziehen, so dass Karl Robert von Anjou sich durchsetzen konnte. Bereits 1309 hatte die Führung der Sachsen die Herrschaft Karl Roberts anerkannt und erhielt in der Folge 1317 die Bestätigung des Andreanums von 1225. Es handelt sich hierbei um die älteste erhaltene Fassung des Andreanums. Die Ausstellung dieser Bestätigungsurkunde stellt mögli-cherweise auch eine Anerkennung an die Sachsen dar für ihre konstruktive Haltung bei der Ausbalancierung der Machtverhältnisse in Siebenbürgen gegenüber Ladislaus Kán, dem Thronambitionen nachgesagt wurden, der allerdings bereits 1315 schon gestorben ist. Die weltlichen Bestimmungen dieser Verfassungsurkunde sind im Übrigen Teil der Grundlage der Rechtsordnung der Siebenbürger Sachsen bis zur Verwaltungsreform von 1876 geblieben, die kirchlichen Rechtsprinzipien sind auch in der heute geltenden Kirchenordnung der Siebenbürger Sachsen enthalten.

1322 verschlechterte sich die Lage für die bisherige Führungsschicht der Siebenbürger Sachsen schlagartig. Karl Robert hatte den Wojwoden Siebenbürgens, Thomas Széchényi, zum Grafen der Hermannstädter Provinz ernannt. Wie „unserer“ Urkunde zu entnehmen ist, hatte der König für ihn eine zentrale Machtposition vorgesehen.

Konkret tritt dies in Erscheinung in „unserer“ Urkunde, wenn es heißt:
„Wenn sich aber jemand diesem Unserem königlichen Mandat dreist und ungehorsam widersetzt und dem Abt und dem Konvent in seinen Rechten und Freiheiten Unrecht oder Gewalt antut, so soll < der Graf der Hermannstädter Provinz> solche Rechtsbrecher an ihrem schändlichen Tun hindern und sie zu allem, was gerecht ist, hinführen“ – also bestrafen. Diese Bestimmung wird an einer weiteren Stelle der Urkunde wiederholt und zudem fielen dem Grafen ein Drittel der „Güter der Unbotmäßigen“ zu, dem Abt zwei Drittel.

Zugleich ist „unsere“ Urkunde aber auch eine Ausdehnung der Freiheiten der Hermannstädter Provinz auf die Besitzungen des Klosters. Es heißt nämlich darin, dass die Bewohner der Klosterbesitzungen künftig zu jenen 500 Mark Silber der jährlichen Steuer aus dem Andreanum mit beitragen sollen. Besonders hebt „unsere“ Urkunde ferner die „gleiche Teilhabe“ der Bewohner an der Nutzung des Naturraumes des jeweiligen Ortes hervor.
Die Rechtsstellung der Bewohner auf den Besitzungen des Klosters wurde 1322 an den folgenden Punkten gegenüber den Freiheiten des Andreanums eingeschränkt: Die örtlichen Richter bzw. Ortsvorsteher werden nicht durch Wahl der Ortsbewohner bestimmt, sondern vom Abt ernannt, allerdings aus den Reihen der einheimischen Bevölkerung. Desgleichen werden die Pfarrdienste leistenden Geistlichen in den Ortschaften ebenfalls vom Abt bestimmt.

Eine der Schlussbestimmungen der Urkunde hebt hervor, dass die Einwohner „in keiner Weise verpflichtet sind, irgend jemandem Beistand zu leisten, wenn innerhalb der Provinz eine Partei gegen die andere steht“, wenn also bürgerkriegsähnliche Zustände herrschen. Die in der Urkunde enthaltenen Wiederholungen mit Bezug auf Ungehorsam, die auf das Wirken erbgräflicher lokaler Strukturen zurückzuführen sind, lassen erkennen, worum es hier eigentlich ging: die Verdrängung der bisherigen erbgräflichen Führungsschicht der Siebenbürger Sachsen. Das Pochen auf Gleichheit unter den Siedlern, wie sie aus der Urkunde von 1322 spricht, lässt erkennen, wie geschickt dieser Keil zwischen das siebenbürgisch-sächsische Volk und seine bisherige Führungsschicht getrieben wurde.

Als Thomas Széchényi 1324, wider geltendes Recht, die Gerichtshoheit für sich in der Hermannstädter Provinz beanspruchte, war der Tropfen hinzugekommen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Gegründet auf dem Widerstandsrecht des Andreanums brach ein umfassender Aufstand aus, dem sich auch die Nösner und Burzenländer angeschlossen hatten und der militärisch unter der Führung von Henning von Petersdorf stand. Dem Woiwoden und dem heraneilenden König gelang es nur unter größten Anstrengungen und unter Einbeziehung kumanischer Hilfstruppen, den Sieg auf dem Schlachtfeld bei Reps noch im selben Jahr 1324 zu erringen. Doch konnte der Widerstand erst 1331 gebrochen werden, als Gräf Salomon von Kronstadt auf der Schwarzburg bei Zeiden besiegt wurde und den Tod fand. Erst 1335 konnte der Aufstand endgültig niedergeschlagen werden.

Es folgte 1335 eine Reorganisation der siebenbürgisch-sächsischen Territorien in Siebenbürgen. Das Städtewesen wurde in der Folgezeit vom König gezielt gefördert und gab künftig die politische Richtung der Siebenbürger Sachsen vor. „Unsere“ Urkunde von 1322 steht am Beginn dieser für die siebenbürgisch-sächsische Geschichte entscheidenden Entwicklung. Für die Führungsschicht der Erbgräfen musste sich im Verlauf von rund 100 Jahren überall entscheiden, was aus ihren Familien werden sollte: einfache Bauern, ungarische Adlige oder Städter. Diese Entwicklung lief von Ort zu Ort unterschiedlich ab, oft auch recht gewalttätig und kompromisslos, wie an der zweiten urkundlichen Erwähnung der Drei Dörfer von 1356 abzulesen ist. Am 19. Juni heißt es, seien „alle Sachsen von Keisd, Arkeden, Radeln sowie den drei Dörfern der Kerzer Abtei“ in den in Teufelsdorf/Vân˛tori befindlichen Gräfensitz des Jacobus, Sohn de Geubul eingefallen und haben ihn zerstört. Am 21. Juni war Bodendorf/Bune{ti an der Reihe, wo dieselben aufgebrachten Sachsen die Kirche zerstörten und die in der Sakristei befindlichen Urkunden des Gräfen Jacobus vernichteten. Einer der letzten urkundlich erwähnten Gräfen ist übrigens 1450 Johannes von Deutsch-Weisskirch.

Nachdem die Vorherrschaft der Gräfen in den ländlichen Ortschaften beseitigt wurde, gehörte die Gleichheit unter den Sachsen zu den am höchsten gehaltenen und zäh verteidigten Werten dieser Gemeinschaft. Ohne diese Gleichheit wäre die Orientierung auf Selbstorganisation und Gemeinschaftsleistung nie zu kollektiven Charaktereigenschaften geworden. Der Beginn dieser Entwicklung wird hier in Meschendorf, in Deutsch-Kreuz, in Klosdorf und den anderen Besitzungen des Zisterzienserklosters vor 700 Jahren erstmals urkundlich greifbar. Ob König Karl Robert, der Woiwode Thomas Széchényi, oder der Abt Heinrich, sich dessen bewusst waren, dass sie durch die Betonung der Gleichheit unter den einfachen Sachsen ein noch größeres Zusammengehörigkeitsgefühl hervorrufen würden, als dies unter der Erbgräfenschicht bestand, wage ich zu bezweifeln. Es ist wie so oft: Der Mensch denkt, Gott lenkt!