73. Berlinale mit drei Weltpremieren rumänischer Filme

20.000 Akkreditierte aus 132 Ländern, darunter 2800 Medienvertreter / 320.000 verkaufte Tickets

Die 73. Ausgabe der Berlinale konnte wieder vor Publikum stattfinden. Foto: Berlinale

Die Internationalen Filmfestspiele Berlin (Kurzform: Berlinale) sind zum ersten Mal seit Pandemiebeginn wieder zur Normalität zurückgekehrt. Die 73. Berlinale fand von 16. bis 26. Februar statt und hat auch Solidarität mit der Ukraine und dem Iran bekundet. Dies wurde im Rahmen der Berlinale 2023 in der Filmauswahl und mit unterschiedlichen Veranstaltungen ausgedrückt. Rund 400 Filme, ausgewählt aus rund 2000 Einreichungen, nominiert von den 14 Auswahlkommissionen für Sektionen wie Wettbewerb, Forum, Panorama, Berlin Series und Hommage liefen während des Festivals, unter dem Motto „Berlinale goes Kiez“ wurden auch Filme in allen Berliner Bezirken aufgeführt. Für ein besonderes Filmerlebnis sorgten die im Berliner Großplanetarium „Zeiss“ gezeigten Festivalfilme. 18 Filme konkurrierten im Wettbewerb um den Goldenen und die Silbernen Bären, darunter drei Produktionen aus Rumänien. 

Das Interesse an der ersten wieder komplett physisch stattgefundenen Berlinale war überwältigend: Rund 20.000 Akkreditierte, darunter 2800 Medienvertreter und -vertreterinnen aus 132 Ländern kamen nach Berlin, 320.000 Tickets wurden verkauft. Damit knüpfen die Berlinale an die Publikumszahlen von vor der Pandemie an. Tickets konnte man ausschließlich online erwerben. Um eines der heißbegehrten Tickets zu ergattern, musste man schon ein „Early Bird“ am Laptop oder Smartphone sein… Aber Bilder wie früher, wo hartgesottene Filmliebhaber nachtsüber an Ticketkassen in Schlafsäcken ausharrten,  gehören der Vergangenheit an. 

Hollywood in Berlin

Die siebenköpfige Jury preisgekrönter Filmschaffender, der auch der rumänische Regisseur Radu Jude (Gewinner des Goldenen Bären 2021) angehörte, stand unter Leitung der Schauspielerin, Drehbuchautorin und Regisseurin Kristen Stewart aus den USA, nominiert 2022 für den Oscar als Beste Hauptdarstellerin im Filmdrama „Spencer“, in dem sie  Prinzessin Diana verkörpert. Mit 32 Jahren fungierte Stewart als jüngste Jurypräsidentin in der 73-jährigen Geschichte der Berlinale. 

Prominentester Gast war der dreifache Oscar-Preisträger Steven Spielberg (76). Dem US-amerikanischen Regisseur, Produzenten und Drehbuchautor wurde der Goldene Ehrenbär für sein Lebenswerk verliehen und die Hommage 2023 gewidmet, in deren Rahmen auch sein Film „Bridge of Spies – Der Unterhändler“ (2015) gezeigt wurde, entstanden in Anlehnung an die legendäre Glienicker Brücke in Potsdam, im Kalten Krieg bekannt als die „Agentenbrücke“.

Diesjährige Preisträger

Jüngste Preisträgerin in der Geschichte der Berlinale ist die achtjährige Nachwuchsschauspielerin Sofia Otero. Für ihre Leistung in der Hauptrolle in „20.000 especies de abejas“ (20.000 Bienenarten) wurde sie mit dem Silbernen Bären geehrt. Dieser Film, Spielfilmdebüt der baskischen Regisseurin Estibaliz Urresola Solaguren, ist ein wunderbar einfühlsames Werk, das die Identitätssuche eines Kindes sehr subtil zeichnet. 

Mit dem Goldenen Bären für den Besten Film wurde „Sur L’Adamant“ des französischen Regisseurs Nicolas Philibert ausgezeichnet. In der Doku geht es um eine Pariser Tagesklinik, die auf der Seine schwimmt und in der Menschen mit psychischen Problemen geholfen wird. Drei Silberne Bären gingen an deutsche Wettbewerbsträger, so an das Filmdrama „Roter Himmel“ von Christian Petzold über die Selbstfindung von vier jungen Leuten. Insgesamt waren fünf (!) westdeutsche Filme für den Wettbewerb nominiert. Mein persönlicher Favorit – „Irgendwann werden wir uns alles erzählen“ von Emily Atef mit Marlene Burow – ging allerdings leer aus. Wenn jemand mit ostdeutscher Biografie in der Jury gesessen hätte, wäre diese berührende Liebesgeschichte, die auf einem Bauernhof auf der Ostseite nahe der deutsch-deutschen Grenze spielt, verwoben in authentischer Atmosphäre kurz nach der Grenzöffnung 1990, vielleicht eher mit einem der vielen Preise bedacht worden.

Rumänien gut vertreten

In der Sektion Forum liefen das Dokuspiel „Între revolu]ii“ von Vlad Petri und „Mammalia“ von Sebastian Mihailescu sowie in der Sektion Berlin Series der Agenten-Thriller „Spy/Master“  von Adina Sadeanu und Kirsten Peters in der Regie des Briten Christopher Smith. All diese Filme wurden in stets vollen Kinosälen vorgestellt. Interessanterweise stammen beide Regisseure und die Creatorin von „Spy/Master“ aus Siebenbürgen: Vlad Petri (43) aus Bistritz; Sebastian Mihailescu (39) aus Fogarasch; Adina Sudeanu aus Kronstadt. Leitmotiv von „Între revolu]ii“ ist ein semi-fiktionaler Briefwechsel zweier Frauen: Die eine geht 1979 in den Iran, den Schah stürzen. Die andere erlebt bleierne Zeiten in Ceau{escus Rumänien. Ihre Lebensläufe unterlegt der Film mit Alltagsbildern und Videogrammen der Revolution. Sebastian Mihailescus Erzählkino spielt in Mythen, Bildern und Versatzstücken des Horrorgenres. Istvan Teglas ist der einzige Profi-Schauspieler inmitten des großen Reigens der weiblichen Mitwirkenden. „Spy/Master“ handelt von lebensgefährlichen Erlebnissen eines rumänischen Doppelagenten im Kalten Krieg. Auch die rumänischen Filmschaffenden schätzen die Berlinale als ein ganz besonderes Festival im Ensemble der anderen großen Festivals wie Cannes und Venedig. Statement von Vlad Petri: „Ich meine, die Berlinale war der beste Ort für die Weltpremiere unseres Films, vor allem im Sektor Forum. Da es sich bei der Berlinale um eine Veranstaltung handelt, die ihr Schwergewicht auf Politik und Repräsentation legt, die imaginative Grenze zwischen Fiktion und Realität berücksichtigt, spielerisch neue Ansätze im Kino entdeckt, war die Berlinale die beste Startplattform für unseren Film.“