Absage an Despotismus und Nein zu Malediktion

Ein orthodoxer Konvertit aus China übt beste Argumentation

Promotions-Student Kenan Wang, Theologe Dr. Alexandru-Marius Crișan und Priester Dr. Alexandru Ioniță (v.l.n.r.) in Hermannstadt Foto: Klaus Philippi

Hermannstadt – Müssen kirchengeschichtliche und für die Politik des 21. Jahrhunderts relevante Ausführungen unbedingt allseits misstrauische Auseinandersetzungen zwischen Ost und West befeuern? Nein, wenn der Rahmen zwar intim abgesteckt, ihm jedoch keine zu hohe Dosis bitteren Ernsts eingestreut wird. Dr. Alexandru Ioniță, rumänisch-orthodoxer Priester auf Ebene Hermannstadt und Studienleiter des Ökumene-Semesters an der Lucian-Blaga-Universität Sibiu, war Donnerstagnachmittag, am 25. Mai, vor Beginn des Gastvortrags von Kenan Wang im Kultur- und Begegnungszentrum „Friedrich Teutsch“ der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien zu geistreichem Scherzen mit den Zuhörenden aufgelegt, die meisten unter ihnen römisch-katholisch und junge Erwachsene aus dem deutschen Sprachraum Westeuropas. Auch Kenan Wang, 27 Jahre alt und aktuell Promotions-Studierender an der Geschichts-Fakultät der Universität Bukarest, fühlte sich vom ersten Augenblick an wohl in der Ökumenischen Bibliothek des Teutsch-Hauses. Er stammt aus China, wuchs in den USA auf und lebt schon seit neun Jahren in Rumänien, wo er zum Christentum konvertiert ist und geheiratet hat. Ein orthodoxer Christ aus Asien also, der auf Englisch über den Amtsrücktritt von Papst Benedikt XVI. vortrug, obwohl er einwandfrei fließend Rumänisch spricht und derzeit auch Deutsch lernt. Nur dass eben die Teilnehmer des Ökumene-Semesters in Hermannstadt ihrerseits das Rumänische nicht beherrschen.

Das aber tat nichts zur Sache. Am langen Publikumstisch nahm auch das geschichts-, religions- und kunstverständige Ehepaar Gudrun-Liane und Constantin Ittu aus Hermannstadt Platz, und sogar Heidrun König, Museumsleiterin des Teutsch-Hauses, schaltete sich nach dem Vortrag von Kenan Wang sehr differenziert in die offene Diskussionsrunde ein. Das Fazit des orthodoxen Wahleuropäers aus Asien war deutlich ausgefallen, aber nicht im Geringsten mit der Absicht aufgestellt worden, die Kluft zwischen Ost- und Westkirche als etwas Unverzichtbares zu betonen. Papst Benedikt XVI. schließlich soll sein Amt als Bischof von Rom auf Lebenszeit auch niedergelegt haben, um den Kontakt zur Ostkirche wiederaufblühen zu lassen. „Das Monarchische heute auf dem Stuhl Petri passt nicht mehr in unsere Zeit“, meinte Kenan Wang in Hermannstadt.

In das despotische Machtbild, lange Zeit vom Vatikan genährt und gepflegt, fügt sich auch Papst Franziskus nicht so recht. Der polyglotte Gast chinesischer Herkunft aus Bukarest sparte ergänzend auch die „Malediktion“ der „byzantinischen Symphonie“ im ostkirchlichen Kulturraum Europas nicht von der Kritik aus: „Wenn eine national-orthodoxe Kirche mit der Regierung ihres Landes im Streit landet, ist keine externe Hilfe möglich, nicht einmal vom Ökumenischen Patriarchen aus Konstantinopel.“ Der Papst aber wäre in der Lage, Binnenstreitigkeiten solcher Art zu schlichten. Und das Erfreuliche daran für die autokephalen orthodoxen Kirchen im Osten Europas? Sie könnten sich von der geistlich höchsten Stelle des Westens Hilfe holen, ohne dafür ihre synodale Autonomie aufgeben zu müssen, so Kenan Wang. Diskutiert wurde zum Schluss im Teutsch-Haus die Finanzierungs-Frage – dass Rumäniens Regierung die Rumänisch-Orthodoxe Kirche ohne Zurückhaltung voll unterstützt, könne mit dem Gegenbeispiel in der Bundesrepublik Deutschland verglichen werden, wo Kirchen sich ausschließlich durch Steuerbeiträge von Gemeindemitgliedern finanzieren. Dr. Alexandru-Marius Crișan, Redaktionsmitglied der international geachteten Hermannstädter Vierteljahreszeitschrift „Review of Ecumenical Studies“, bestand Kenan Wang gegenüber darauf, dass die spezifische Handhabung dieses Problems in Rumänien dennoch seine Rechtfertigung habe, tat es aber in freundlichem Überzeugungs-Ton. Außerdem meint Theologe Dr. Crian, der Rom als orthodoxer  Studierender sehr gut kennengelernt hat, dass „die Kardinäle gemäß des Pendel-Prinzips nach Franziskus wohl einen sehr Traditionellen zum Papst wählen werden.“ Ob das Despotische wieder im Vatikan heimisch werden könnte?