Also doch kein Schneewittchen

Entstehung der Volksbewegung für nächste Zukunft angesagt

Vor nicht sehr langer Zeit sprach (der damals Ex-Präsidialberater, heute auch noch Ex-Arbeitsminister) Sebastian Lăzăroiu von einer neuen Formation auf der politischen Bühne, die er „Schneewittchen“ nannte. Die Gedanken leichtgläubiger Bürger unseresgleichen wanderten prompt in die Richtung des berühmten Grimmschen Märchens und all seiner zentralen Motive, die (im moralischen Sinne) auf lauter Tugenden deuten. Dementsprechend stellten sich diese gleich auch ein Konstrukt vor, inszeniert von (zur Abwechslung mal) anderen, von Korruptionsaffären und Skandalen unbelasteten „Helden“.

Schon damals sorgten manche, darunter auch Sorin Frunzăverde, erster stellvertretender Vorsitzender der Liberaldemokraten, für die nötige Aufklärung und teilten der Öffentlichkeit mit, dass es sich dabei um eine sogenannte Volksbewegung (Mişcarea Populară) handle, ein Projekt auf der Mitte-Rechts-Seite des politischen Spektrums, „eine gut strukturierte politische Kraft“, gebildet unter anderen aus verschiedensten politischen Gruppen, Vertretern der Zivilgesellschaft, Nichtregierungsorganisationen, Gewerkschaften. Die federführende Rolle der PDL war also von Anfang an klar, auch die verständliche Absicht der Regierungspartei, ein rechts orientiertes Pendant des oppositionellen Verbands USL in den Wahlkampf zu lancieren und das durch Krise und Sparmaßnahmen abgetragene Image dadurch vielleicht zu verbessern.

Unlängst sorgte der Soziologe Sebastian Lăzăroiu wieder mal für Schlagzeilen und kündete in seinem inzwischen bekannten prophetischen Stil die schnelle (jedoch zweistufige) Geburt der Volksbewegung an. In einem ersten Schritt (schon für die kommenden Wochen angesagt) sollten die Liberaldemokraten zusammen mit dem mitregierenden Verband für den Fortschritt Rumäniens (UNPR), der Christdemokratischen Nationalen Bauernpartei (PNTCD), den Ökologisten von der PER (Partidul Ecologist Român) und anderen noch Unbekannten mehr diese neue, zunächst eher ausschließlich wahlorientierte „Allianz“ aus der Taufe heben. In einer nächsten Etappe, nach den Kommunalwahlen, müsste man sich um Inhalte des Verbands und eine einheitliche Führung kümmern. 

Die Volksbewegung versteht sich, so alle offiziellen Aussagen bis dato, als ein politisches Mitte-rechts-Gebilde. Die Frage, wie das möglich ist, solange sich die aus der PSD losgelöste UNPR nach wie vor für mitte-links-orientiert erklärt, bleibt, befürchte ich, offen. Zweifelhaft sind auch andere eventuelle Partnerschaften, die zurzeit noch in der Gerüchteküche brodeln: darunter die mit Gigi Becalis „Neue Generation“ und mit der TV-Partei des Dan Diaconescu. Liberaldemokratische Politiker empfinden die Zusammensetzung der zu bildenden Volksbewegung unterschiedlich. Äußert sich der Europarlamentarier Cristian Preda entschieden gegen Allianzen jeder Art mit den „lauten“ Gigi Becali oder Dian Diaconescu, so liefern uns die pragmatischeren Radu Berceanu und Elena Udrea doch viel nuanciertere Aussagen über politische Formationen, die bereit sind, die von der PDL initiierten Reformen zu unterstützen. (Als Folge eines Gesprächs mit Frau Udrea kündigte Gigi Becali am Sonntag an, im Rennen für Bukarest den liberaldemokratischen Kandidaten zu unterstützen).

Kann sich die Volksbewegung (mit einem glaubwürdigen Führer) in zwölfter Stunde noch zu einem Rettungsgurt für die Liberaldemokraten entwickeln? Unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich im Land aller Möglichkeiten. Nichts ist konstant hierzulande, alles variabel, einschließlich der Appetit der Rumänen auf den (noch) oppositionellen Verband USL. Nur eins steht fest: So wie die meisten PDL-Vertreter diese Fata Morgana, diese noch inhaltslose Form der Volksbewegung mit Leben zu erfüllen beabsichtigen, können wir die Verkörperung des „Schneewittchen-Konzepts“ und seiner moralischen Gebote vergessen.