„Arthur“ und die Wildtiermörder

In den vergangenen Wochen mussten wir die nationalistischen und xenophoben Ausfälligkeiten von Medien und „Persönlichkeiten“ erleben, die der Abschuss des (wahrscheinlich) größten Braunbären ausgelöst hat, der bisher auf dem Gebiet Rumäniens erlegt wurde. „Arthur“, unter Kennern, hat Diskussionen ausgelöst, die hierzulande bereits zu Zeiten Nicolae Ceaușescus am Platz gewesen wären.

Mein verstorbener Freund, der Oberförster Walter Frank (einer der wenigen Oberförster, die nie ohne Jagdgewehr den Wald durchstreiften, aber niemals auf ein Wildtier geschossen haben), hatte mich kurz nach der Wende im von ihm fast 40 Jahre lang verwalteten Forstamtsbezirk Rußberg/Rusca Montană (die Folge dieser Kontinuität: Er konnte seinen Traum verwirklichen – mehrere tausend Hektar der Wälder ab dem Ortsrand von Rußberg wurden Naturschutzgebiet) zu einer Luxus-Holzhütte gelotst, die für Ceaușescu vorbereitet war. Aus ihr sollte er einen kapitalen Braunbär bequem killen. Das Besondere an der Schutzhütte war – neben der luxuriösen Ausstattung – dass sie nach allen Richtungen eine Art Schießscharten hatte (selbst neben der Badewanne und dem Klositz), so dass „der beliebteste Sohn des rumänischen Volkes“ jederzeit gefahrlos auf Meister Petz ballern konnte. 20 Schritt von der Holzvilla entfernt war eine Lichtung geschlagen worden, in deren Mitte drei Nadelbäume aufragten, die bis auf etwa zehn Meter Höhe astfrei gesäubert und von fünf zu fünf Zentimetern mit phosphoreszierender Farbe gezeichnet waren, so dass man leicht sehen konnte, wie groß der Bär war, wenn er sich aufrichtete.

Damit er sich aufrichtet, gab es zwischen den im Dreieck stehengelassenen Nadelbäumen einen Eisenkäfig mit Pferdefleisch und Honig, der vom Blockhaus aus hochgezogen werden konnte, um den Bären zu zwingen, sich aufzurichten. Das nannte man damals „Anfütterungsstelle“. Während die Bevölkerung Rumäniens sich mittels Bezugsscheinen mit Grundnahrungsmitteln versorgen musste, wurden die Bären für Ceaușescu mittels honigdurchtränktem Granulatfutter gemästet, damit ihre Haut nur ja rekordverdächtig gedehnt wird durch die fetten Bärenleiber. Die Wildtiere waren – so Walter Frank – meist so fett, dass sie sich von den Futterstellen gar nicht mehr wegbewegten, sondern nur dort dösten, bis die nächste Anfütterung kam. Hungern gelassen wurden sie nur, um ihre „Fortschritte“ zu vermerken – mittels Hochziehen des Futterkäfigs.

Die „Methode“ hatte ein Szekler aus der größten Bärengegend Rumäniens in Ostsiebenbürgen perfektioniert, der von Ceau{escu auch zum Kontrolleur der „Bärenzucht“ für den „Größten Jäger der Welt“ ernannt war. Es gab landesweit mehrere Dutzend solcher „Bärenmaststätten“ und Schutzhütten für den „Genialen“. Weder damals noch nach seiner Füsilierung wurde viel Aufhebens davon gemacht. Auch nicht, als die beiden Sportidole Rumäniens, Năstase und der Milliardär Țiriac, ihre „Passion“ für die „Jagd“ entdeckt hatten und Gemetzel in der Tierwelt der Karpatenwälder anrichteten (oder, wie es }iriac heute noch mit den Unternehmerstars Europas tut bei seinen Wildschwein-Tötungsorgien in seinen privaten Revieren – kaum jemand tut den Mund auf). Nicht einmal nach dem Bärengemetzel, das König Juan Carlos von Spanien vor einigen Jahren in den Ostkarpaten angerichtet hat, gab es solchen Aufruhr wie jüngst mit „Arthur“ – aber die staatliche Forstverwaltung Romsilva hat immer schönes Geld kassiert.

Nötig hätte Rumänien eine ruhige, gesetzt argumentierte Auseinandersetzung über Verbauung der Landschaft, Einengung des Habitats der Wildtiere durch chaotisches Bauen und „Erschließung“ neuer Räume für Wochenendbauten (etwa durch Hochgebirgsstraßen...). Die Art „Entrüstung“, wie sie der Tod von „Arthur“ ausgelöst hat, nutzt nur den Rechts- und Linksextremen, Nationalismus und „Klassengeist“. Den 7000 Bären Rumäniens nicht.