Berglanddeutsche trauern um Heinz Stritzl

Er war Freund, Zeitzeuge, Journalist und Europäer aus tiefster Überzeugung

Heinz Stritzl 2003 bei der Verleihung des „Alexander Tietz“-Preises.
Bild: DFBB

Im 2016 erschienenen Interviewbuch „Der Zeitzeuge“ gibt Stritzl Einblick in sein Leben.

Heinrich „Heinz“ Stritzl wurde 1921 in Unzmarkt in der Steiermark geboren. Von 1940 bis 1945 war er Soldat in der Deutschen Wehrmacht, anschließend verbrachte er eineinhalb Jahre in einem britischen Internierungslager. Ab 1959 leitete er über drei Jahrzehnte lang die „Kleine Zeitung“ in Kärnten, die er zum Marktführer ausbaute. Seit 2005 engagierte er sich in der Frage der zweisprachigen Ortstafeln in Kärnten, die zwar im Staatsvertrag von 1955 festgeschrieben, aber von nationalistischen Kräften bis vor Kurzem verhindert wurden. Für seine Verdienste wurde er mehrfach ausgezeichnet. Seine letzte publizistische Arbeit erschien Mitte April in der „Kleinen Zeitung,“ als er in einem Leserbrief die Untätigkeit Europas anklagte, das Elend der Flüchtlingskinder auf den griechischen Inseln zu lindern. Im Dezember wäre er 100 Jahre alt geworden.­


Die Nachricht war ein Schlag für alle in Rumänien, die ihn gekannt haben: Dass Heinz Stritzl, ein wahrer Freund der Rumäniendeutschen, in der Nacht von Samstag auf Sonntag dieses Leben für immer verlassen hat. Noch vor zwei Wochen sprach ich mit ihm, wobei er sich innig für seine Erwähnung innerhalb des Europatag-Projekts „Drei Länder – drei Europäer – ein Europa“ bedankte, wo er durch die Europäerin Christa Hofmeister aus Feldbach in der Steiermark vorgestellt wurde. In ihrem Stritzl-Porträt steht zu lesen:

„Heinz Stritzl wurde am 27. Dezember 1921 als Sohn eines Eisenbahnbeamten in Unzmarkt geboren. Schon 1947 arbeitete er beim damaligen steirischen ÖVP-Organ „Steirerblatt“. Nach Gründung der „Kleinen Zeitung“ 1953 war er Mitarbeiter in ihrem Lokalteil. 1954 wurde der Druck der Ausgabe der „Kleinen Zeitung“ für Kärnten nach Klagenfurt verlegt. Er übersiedelte nach Kärnten und wurde 1958 mit der Leitung der Kärnten-Ausgabe betraut. Diese Funktion hatte er bis 1991 inne. 

Nach der Matura 1940 rückte Heinz Stritzl als Kriegsfreiwilliger zum Gebirgsjägerregiment 136 in Wörgl (Tirol) ein, kam über Ungarn und Rumänien nach Bulgarien und Griechenland, und als Gebirgsjäger landete er in einer Ju 52 in Kreta. Wieder auf das Festland zurückgekehrt, erkrankte er schwer an der Ruhr und wurde mit einem Lazarettschiff von Piräus nach Saloniki transportiert. Auf dem Weitertransport per Bahn sah er in Jugoslawien die ersten zweisprachigen Aufschriften. Skopje trug noch den alten türkischen Namen Üsküb. Weitere militärische Stationen waren die Eismeerfront, der Besuch der Kriegsschule Wiener Neustadt und Italien. Vom Gebirgsjäger zum „Eichenlaubjäger“ waren der Apennin nördlich von Lucca und südlich von Bologna die Einsatzorte. Der Rückzug aus Italien endete unweit von Vicenza in amerikanischer Gefangenschaft. Es ging zurück nach Pisa und Livorno, weil die Amerikaner offenbar nicht an ein so schnelles Kriegsende glaubten. Nach seiner Heimkehr im Sommer 1945 wurde er als ehemaliger Jungvolkführer in einem englischen Lager bei Graz interniert. Darüber hinaus war er seit Kriegsende der Überzeugung, dass nur ein geeintes Europa Zukunft für die Menschen bedeutet. So stieß er früh zu den Europäischen Föderalisten…

Mit dem Rat der Kärntner Slowenen gab es bald enge Verbindungen, besonders mit den Obmännern Dr. Valentin Inzko (Vater des Hohen Kommissars in Sarajevo) und Dr. Reginald Vospernik, langjähriger Direktor des slowenischen Gymnasiums in Klagenfurt. Seit 2006 Sprecher der „Plattform Kärnten“, einer Dialog-Gruppe, die um eine Verständigung und ehrliche Versöhnung mit den slowenischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern bemüht ist. Für die Gottscheer Landsmannschaft, die Kärntner Landsmannschaft und den Alpenländischen Kulturverband Südmark ist er bis heute, soweit als möglich, tätig (Anm. d. Red.: Text wurde zu Lebzeiten Stritzls verfasst). Im Karl-Brunner-Europahaus Neumarkt der Europäischen Föderalisten lernte er Angehörige verschiedener europäischer Minderheiten kennen und schätzen, so auch Angehörige der Banater Berglanddeutschen, mit Erwin Josef Țigla an der Spitze. „Die enge Verbindung mit Erwin Josef Țigla ist für mich der wichtigste Kontakt zum Banater Bergland“ und – so Heinz Stritzl – „obwohl ich nie dort gewesen bin, kenne ich es gut.“

Der zum Mann gewordene Bub wurde Soldat und hat in der, glücklicherweise, amerikanischen Gefangenschaft mit den Schicksalsgefährten über die eigene Zukunft und über jene Europas nachgedacht. Dies trotz aller Entbehrungen und Unwägbarkeiten. Damals hatte Winston Churchill noch nicht sein bekanntes Wort vom falschen Schwein, das geschlachtet worden sei, gesprochen und nicht seine Rede über die Notwendigkeit eines vereinten Europas in Zürich gehalten – trotzdem war bereits vielen klar, dass nur ein geeinter Kontinent Katastrophen wie die beiden Weltkriege verhindern kann. 

Diese Einsicht sollte seinen journalistischen Berufsweg entscheidend bestimmen. Von Graz nach Klagenfurt übersiedelt, kam er in ein Land, das an dem so oft und gern zitierten Schnittpunkt dreier Kulturkreise – des romanischen, slawischen und deutschen – liegt. Und vor seiner Haustür steht Schloss Forchtenstein. Seine beherrschende Lage nahe dem steirisch-kärntnerischen Grenzübergang prädestinierte es geradezu, nach Jahrhunderten wieder eine Funktion übertragen zu bekommen. Auf Schloss Forchtenstein hatten sich Menschen buchstäblich eingenistet, die den Traum von Europa träumten und deswegen oft belächelt wurden. Europa nahm aber allmählich Gestalt an, zunächst als Montan-union, aus der die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft wuchs, um schließlich in die Europäische Union zu münden.

Diese Entwicklung wurde im Karl-Brunner-Europahaus Neumarkt und auf Schloss Forchtenstein nicht nur mitverfolgt, in unzähligen Seminaren, Tagungen und internationalen Treffen wurden Brücken der Verständigung vom schicksalsträchtigen Isonzo über Drau und Mur bis zu den Karpaten und zum Schwarzen Meer geschlagen.“ Und er hat sehr oft da im Neumarkter Europahaus mitgemacht, darüber geschrieben… Da und so haben wir ihn auch nach 1991 kennen- bzw. zu schätzen gelernt… Für uns Banater Berglanddeutschen war er von Anfang an die Stützperson in unseren freundschaftlichen Beziehungen zu Kärnten und zu Klagenfurt am Wörthersee. Zahlreiche Initiativen seinerseits verhalfen uns im Laufe der Zeit, Kontakte mit diesem südlichsten Bundesland Österreichs aufzubauen und sie zu intensivieren. 

Für seine vielfältige Unterstützung wurde er am 9. Mai 1998 zum Ehrenmitglied des Kultur- und Erwachsenenbildungsvereins „Deutsche Vortragsreihe Reschitza“ ernannt, fünf Jahre später erhielt er im Jahr 2003 die höchste Auszeichnung der Banater Berglanddeutschen, den „Alexander Tietz“-Preis, als besondere Wertschätzung für all seine Leistungen uns gegenüber. Wir, die wir ihn aus dem Banater Bergland gekannt haben, trauern nun betrübten Herzens, denn wir haben einen FREUND im wahrsten Sinne des Wortes mit seinem Hinscheiden im Herrn verloren. Der liebe Gott möge ihm die ewige Ruhe schenken!