Chancengleichheit unter Jugendlichen gefördert

Pilotprojekt „I Am Power“ 2022

Photovoice ist eine partizipative Fotomethode, die darauf abzielt, den Menschen, die gefährdeten, marginalisierten Gruppen angehören, eine Stimme zu geben.

Neun rumänische Frauen haben ihre Erfahrung mit Geschlechter- und Chancengleichheit innerhalb von Videointerviews geteilt. | Fotos: Lorena Dumitrașcu

16 junge Teilnehmer und Teilnehmerinnen aus ganz Rumänien haben sich am „Photovoice and Human Rights Education“-Workshop beteiligt und ihre Fotos mit persönlichen Geschichten zum Thema Chancengleichheit innerhalb der Wander-Mediaausstellung „Chancengleichheit“ vorgestellt.

Wie haben Sie sich als Frau in Ihrer Familie gefühlt? Wie sieht es in Ihrer Beziehung zu Ihrem Partner aus? Wie sieht es bei der Arbeit oder in Ihrem Unternehmen aus? Auf welche Art von Schwierigkeiten sind Sie gestoßen und wie haben Sie darauf reagiert? – Auf diese Fragen haben neun rumänische Frauen geantwortet und teilen ihre Erfahrungen in Videointerviews mit. Weitere 16 junge Teilnehmer und Teilnehmerinnen des „Photovoice and Human Rights Education“-Workshops zeigen ihre Fotos mit persönlichen Geschichten zum Thema Chancengleichheit – dies alles in der Mediaausstellung „Egalitatea de [anse“ (Chancengleichheit) im Rahmen des Projekts „I Am Power“ (zu Deutsch: „Ich bin Kraft/Macht“). Die Wanderausstellung machte bisher Halt in Bukarest und Temeswar/Timișoara und zieht nun nach Lugosch/Lugoj, am aktuellen Wochenende und nach Großwardein/Oradea, nächste Woche.

„I Am Power“ wurde im Laufe dieses Jahres von der Temescher Jugendstiftung (Fundația Județeană pentru Tineret Timiș - FITT) mit finanzieller Unterstützung der niederländischen Botschaft und des Europäischen Solidaritätskorps durchgeführt. Ziel des Projekts war es, junge Menschen im Sinne der Gleichstellung der Geschlechter zu erziehen und Frauen zu unterstützen, indem die Schwierigkeiten, mit denen sie konfrontiert sind, aufgegriffen und Lösungen für sie gefunden werden. Das Ziel wurde durch partizipatorische Kunst, Bildungsworkshops (zu Menschenrechten und Photovoice) und Öffentlichkeitsarbeit erreicht.

FITT hat in den letzten Jahren eine Reihe von Aktivitäten organisiert, die darauf abzielen, junge Menschen über Menschenrechte aufzuklären und Jugendbetreuer für die Entwicklung von Programmen zur Menschenrechtserziehung zu schulen. „Als Ergebnis dieser Aktivitäten haben wir festgestellt, dass ein echter Bedarf besteht, junge Menschen über das Thema Gleichstellung aufzuklären und zu informieren, doch das Thema interessiert sie wirklich. Daher haben wir eine Pilotausgabe des aktuellen Projekts ohne Finanzierung durchgeführt, in der wir eine Reihe von informellen Sitzungen, nicht-formalen Aktivitäten und eine Online-Kampagne mit Videos erfolgreicher Frauen zum Thema Gleichberechtigung von Frauen organisiert haben. Da die Aktivitäten eine große Wirkung hatten (mit einer Reichweite von über 1000 Personen), setzen wir unsere Arbeit in der Frauenrechtsbewegung fort“, erzählt Lorena Dumitrașcu. Die Projektkoordinatorin ist gleichzeitig Fotografin und Gründerin der Light Stories–Photovoice-Forschungsmethode, eine Methode, die in der gemeinschaftsbasierten partizipativen Forschung verwendet wird. Dabei wird die Realität dokumentiert und reflektiert. „Es ist ein befähigender und flexibler Prozess, der Fotografie mit sozialem Handeln an der Basis kombiniert und häufig in den Bereichen Gemeindeentwicklung, internationale Entwicklung, öffentliche Gesundheit und Bildung eingesetzt wird. Zu den Teilnehmern zählen Community-Mitglieder jeden Alters und Status, einschließlich derer, die aufgrund von Sprache, Geschlecht, Rasse, Klasse, Behinderung usw. diskriminiert werden. Durch ihre Kunst bringen sie neue Einsichten und Perspektiven, die das Bewusstsein für verborgene oder übersehene Themen und Aspekte der Gemeinschaft schärfen“, erklärt Lorena Dumitrașcu den Begriff „Photovoice“.

Photovoice und Menschenrechte

Das Ergebnis des Pilotprojekts „I Am Power“ konnte im November in Bukarest und Temeswar innerhalb der Ausstellung „Egalitatea de Șanse“ gesehen werden. Die Wanderausstellung zu Chancengleichheit und Menschenrechten zieht nun im Dezember auch nach Lugosch und Großwardein/Oradea. In der Stadt an der Temesch wird die Ausstellung im Lugoscher Jugendzentrum, am 10. und 11. Dezember, zu sehen sein.

In Temeswar konnte die Expo Mitte November an einem vollen Wochenende im Temescher Jugendhaus besucht werden. Besucher konnten sich die Videointerviews anschauen und weitere Geschichten und Erfahrungen des Photovoice-Projekts lesen sowie sich mit einigen der Protagonisten der Videointerviews persönlich unterhalten. Darunter auch mit der Temeswarerin Ina Biebel, eine junge Unternehmerin, die einen Onlineshop mit Vintage-Antigender-Kleidern betreibt und seit wenigen Jahren die rumänische Sprache durch ausgefallene Texte auf T-Shirts und anderen Objekten fördert. „Ich habe schon von Anfang an in meinem Geschäft die Geschlechtsgleichheit fördern wollen. Bisher ist es mir gut gelungen. Ich habe mich als Frau in der Familie, im Geschäft oder im Alltag nie ausgegrenzt gefühlt“, sagt sie.

Fokus auf Geschlechterdiskriminierung

Für Ana-Maria Ursu, Schauspielerin, Regisseurin und Leiterin des unabhängigen Theaters Basca in Temeswar, war die Erfahrung bisher aber anders. Ihr beruflicher Werdegang hat sie vor viele Herausforderungen gestellt und eine Frau in der Welt des Theaters zu sein, hat sich als ein ziemliches Abenteuer erwiesen. „Es gibt Männer um mich herum, die mir sagen, wie ich meine Arbeit machen soll. Am Anfang dachte ich eher, es sei das Theater, dann habe ich verstanden, dass es nicht am Theater liegt, sondern an den Menschen“.

Anca Stoica ist Performerin und Choreografin. Da sie in einer Gemeinschaft aufwuchs, in der die Geschlechterunterschiede von Kindheit an Grenzen setzten, wurde ihr Wunsch, mehr zu zeigen und zu sein, oft als Mangel an Weiblichkeit angesehen. „In meinem Beruf muss der Respekt, der für Männer selbstverständlich ist, auch für Frauen durchgesetzt werden“, sagt sie in dem Videointerview.

Oana Maria Zaharia ist eine rumänische Musikerin und Komponistin. Sie wurde in eine Familie von Feministinnen hineingeboren, aber das hat sie nicht vor missbräuchlichen Beziehungen und Diskriminierung am Arbeitsplatz bewahrt. In dem Interview, das sie für das Projekt „I Am Power“ gegeben hat, spricht die Künstlerin u. a. über Empfängnisverhütung und die Verharmlosung der Ergebnisse ihrer Arbeit als Frau, endet aber mit einer positiven Note, indem sie die Bedeutung von Freunden und Bildung erwähnt.

Mit 25 Jahren ist Edith Leah die Gründerin der Stickereiwerkstatt, die ihren Namen trägt. In ihrem Interview für dieses Projekt spricht sie darüber, wie Unsicherheit und mangelndes Selbstvertrauen zu Lektionen in Selbstfürsorge werden können. „Die Liebe zum Schaffen ist viel größer als die Schwierigkeiten, denen ich gegenüberstehe“, sagt sie.

Monica Tudorache wurde sich der geschlechtsspezifischen Unterschiede bewusst, als sie in ihrer Kindheit von ihrer Familie mit Einschränkungen konfrontiert wurde (Uhrzeit, nach Hause zu kommen; darauf achten, wie sie man sich anzieht usw.). „Brechen wir das Schweigen“, so lautet die Botschaft des Interviews mit der Menschenrechtsaktivistin, Feministin und NGO-Aktivistin. Durch ihr Statement fordert sie auf, unsere Gefühle nicht zu verallgemeinern: „Eine Erfahrung definiert uns nicht alle, sondern hilft, unsere Rechte zu verstehen, uns zu respektieren und zu lieben“.

Die Videointerviews sind auf der Webseite des Projekts iampower.fitt.ro zu finden. Details zu weiteren Projekten und Programmen der Temescher Jugendstiftung sind von der Homepage fitt.ro abrufbar.

FITT ist eine Dachorganisation für nichtstaatliche Jugendorganisationen im Verwaltungskreis Temesch/Timiș. Mit 31 Mitgliedsorganisationen und über 31 Jahren ununterbrochener Tätigkeit ist die Stiftung die größte und älteste Jugend-NGO in Westrumänien. „Unser Ziel ist es, junge Menschen im Geiste der universellen Menschenrechte, der humanistischen Traditionen, der Interkulturalität, der demokratischen Werte, der Bestrebungen der rumänischen Gesellschaft und der Grundprinzipien der Europäischen Union und des Europarates auszubilden, zu erziehen und zu bilden“, sagt Anastasia Coste, Marketingspezialistin der Stiftung.