Circumeuropa – erste rumänische Fluss-See-Expedition

Kreuzfahrt auf Europas Gewässer von der Bega ausgegangen

„Gesunde Gewässer sind für alles Leben auf der Erde von grundlegender Bedeutung, doch leider befinden sie sich derzeit in einer kritischen Phase. Kultur ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass wir intelligente Wesen werden. Sport ist die Grundlage der menschlichen Gesundheit. Wir sind entschlossen, alles in unserer Macht Stehende zu tun, um zu helfen. Es ist eine große Herausforderung, in den kommenden Jahren proaktiv zu handeln, wenn wir über Umwelt und Kultur sprechen. Dies ist eine Gelegenheit, auf europäischer Ebene etwas zu bewirken. Durch Kultur, Wissenschaft und Sport haben wir die Macht, den Wandel zu beschleunigen, wir haben keine Zeit zu verlieren.“ Cristian Ilea - Projektinitiator, Bildregisseur und Dokumentarfilmemacher | Foto: privat

Die erste See-Fluss-Expedition einer rumänischen Crew rund um Europa „Circumeuropa“ soll Mitte April 2023 von Temeswar aus starten und dann über fünf Süßgewässer, fünf Salzgewässer und fünf Meerengen in mehr als 15 europäischen Ländern führen. | Grafik: Circumeuropa.com

Ausgehend von dem Argument, dass ein Boot, das in Temeswar/Timișoara ablegt, der ideale Botschafter einer Kulturhauptstadt ist, und der Tatsache, dass die Stadt auch vom Wasser aus zugänglich ist, schlägt der Temeswarer Cristian Ilea eine Expedition auf Wasser rund um Europa mit Ausgang von Temeswar vor. „Circumeuropa“ wird die erste See-Fluss-Expedition einer rumänischen Crew rund um Europa sein und soll im Jahr 2023 stattfinden. Der Verein „Wild Watch“ ist Veranstalter dieser Reise, deren Perspektive sowohl die wissenschaftliche Dimension umfasst – durch die Erforschung des Verschmutzungsgrads der Gewässer, durch die die Besatzung fahren wird –, als auch die kulturelle Dimension durch das Segeln und die Darbietungen in mehr als 15 der aktuellen und ehemaligen Kulturhauptstädte Europas.

Konkret hat sich Kapitän Cristian Ilea und sein Team zum Ziel gesetzt, Temeswar auf dem Bega-Kanal mit einem Boot zu verlassen und 15 aktuelle und ehemalige europäische Kulturhauptstädte zu bereisen. Die Circumeuropa-Kreuzfahrt soll Mitte April des kommenden Jahres in Rumänien starten und sechs bis acht Monate lang fünf Süßgewässer, fünf Salzgewässer und fünf Meerengen sowie Länder wie Serbien, Bulgarien, die Türkei, Griechenland, Italien, Malta, Frankreich, Spanien, Portugal, das Vereinigte Königreich, Belgien, die Niederlande, Deutschland, Österreich, die Slowakei und Ungarn durchqueren.

Das Projekt wird auf vier Ebenen entwickelt: Segeln, Ökologie, Kultur und Journalismus. Die Herausforderungen sind folgende: Den Segelsport unter jungen Menschen zu fördern, das Kulturprogramm von Temeswar 2023 und die Temeswarer Künstler in Europa bekannt zu machen, die Wasserstraße Bega und die Stadt Temeswar als Hafen an der Nordsee oder am Schwarzen Meer zu fördern, und den Verschmutzungsgrad der befahrenen Gewässer zu untersuchen. Dabei wird die Expedition auch ausführlich dokumentiert. Eine Dokumentarfilmreihe soll dabei entstehen und vom rumänischen öffentlich-rechtlichen Fernsehsender TVR ausgestrahlt werden. 

Dokumentarfilm und Umweltforschung

Die Circumeuropa-Besatzung besteht derzeit aus sechs Mitgliedern, wobei drei davon Journalisten sind. Neben Kapitän Cristian Ilea sind noch Mihai Pătrașcu – ebenfalls Bilddirektor bei TVR, Cosmin Jitariuc – Journalist bei TVR Temeswar, die Biologin Oana Gavriliuc, Doru Creț –  Vorsitzender des West Yacht Clubs Temeswar und der Geschäftsmann Ovidiu Bădina dabei.

Beim journalistischen Teil des Projekts sollen zwölf Folgen von je 24 Minuten, ein 90-minütiger Dokumentarfilm sowie weitere Inhalte wie Fotos, Filmaufnahmen, Bootsgeschichten und Berichte über kulturelle Veranstaltungen, die in den Städten, in denen die Expeditionscrew Halt machen wird, entstehen.

Die kulturelle Komponente besteht darin, das Kulturprogramm der Europäischen Kulturhauptstadt Temeswar auf dem Weg bekannt zu machen und sogar einige Künstler an Bord einzuladen. Des Weiteren soll man durch diese Expedition auch erfahren, wie gesund die europäischen Gewässer sind. „Wir werden den Verschmutzungsgrad untersuchen, überall Proben nehmen und hoffen, dass wir am Ende eine wissenschaftliche Abhandlung über den Zustand der europäischen Binnengewässer haben werden“, fügt Ilea hinzu.

Segeln: Nur ein Sport für reiche Menschen?

Der Temeswarer Bildregisseur am öffentlich-rechtlichen Fernsehsender in Temeswar ist seit 20 Jahren ein begeisterter Segler. „Das habe ich Allegro zu verdanken“, sagt der Mann. Die Geschichte des Segelboots Allegro ist beeindruckend, vor allem, da das Boot von Alexandru Pătrașcu, der Vater von Mihai Pătrașcu, Mitglied der Circumeuropa-Crew, vor mehr als 20 Jahren in einem Hof in Klausenburg/Cluj-Napoca gebaut wurde. 

„Mein Freund Mihai hat mich eingeladen, mitzusegeln und so wurde in mir diese Leidenschaft erweckt und ich habe mir vorgenommen zu beweisen, dass Segeln kein exklusiver Sport für reiche Leute ist. Wir sind ganz normale Menschen, die es sich trotzdem leisten können, ein Segelboot, mit dem wir Regatten gewonnen haben, am Leben zu erhalten. Alexandru Pătrașcus Traum war es, mit Allegro auf dem Nil zu segeln. Das hat er leider nicht mehr erleben können, doch nun wollen wir seinen Traum weiterbringen“, sagt Cristian Ilea entschlossen.  

Sein Vorhaben klingt sowohl herausfordernd als auch anspruchsvoll. „Wir wollen auch die Temeswarer daran erinnern, dass sie ein hydrologisches Erbe, das in Vergessenheit geraten ist, haben. Wir haben einen schiffbaren Kanal, der die wirtschaftliche Entwicklung von Temeswar und dem Banat in der österreichisch-ungarischen Zeit gefördert hat. 

Wahrscheinlich werden wir auf der Bega keinen Güterverkehr mehr durchführen, aber wir werden sicherlich in der Lage sein, Tourismus zu betreiben, und davon werden wir nur profitieren können. Wir wollen für Temeswar Werbung machen, dass die Stadt auf dem Wasserweg von überall in Europa aus erreichbar ist, wir wollen für den Bega-Kanal werben, aber wir wollen auch für die Stadt als Europäische Kulturhauptstadt 2023 werben. Wir können ein idealer Botschafter sein, denn wir haben mehr als 20 Städte, ehemalige Kulturhauptstädte, auf unserem Weg“, sagt Ilea.

Die „Pelikan“ gibt den Start in die Expedition

Der Bega-Kanal ist seit mehreren Jahren wieder von kleinen Schiffen befahren – von den Vaporetti des Temeswarer Nahverkehrbetriebs bis hin zu privaten Booten, die Fahrten auf der Bega für Touristen unternehmen. Seit kurzer Zeit fährt auch das geschichtsträchtige Schiff „Pelicanul“ wieder auf der Bega. 

„Die Seele der Bega durfte bei unserer Expedition nicht fehlen. Wir verkünden mit großer Freude, dass die Abfahrt von Temeswar, in der ersten Etappe der SEA 2023 Circumeuropa, durch das Pelikan-Schiff erfolgen wird“, so Cristian Ilea. Das Schiff gehörte mehr als 20 Jahre lang am Bega-Ufer in der Innenstadt in unmittelbarer Nähe der Orthodoxen Kathedrale zum Stadtbild von Temeswar. Fahren tat das Schifflein seit Jahren nicht mehr, als es  rostig am Ufer verankert lag und 2012 einem Brand zum Opfer gefallen war. Das „Pelicanul“-Schiffswrack wurde nun in den letzten Jahren generalüberholt, in diesem Jahr wieder zu Wasser gelassen und dient derzeit als Touristenattraktion, indem es Rundfahrten auf der Bega anbietet. 

„Das alte Pelican-Schiff, das gerade restauriert wurde, wird das Land im April 2023 über eine mobile Grenzübergangsstelle zu Serbien verlassen. Die Pelican wird damit die internationale Schifffahrt auf der Bega wieder aufnehmen, die Ende der 1950er Jahre eingestellt wurde. Eine rumänische Crew wird an Bord gehen, um den festlichen Moment in Temeswar mit einer Segelpremiere zu feiern“, kündigte Cristian Ilea vor Kurzem auf Facebook an. 

Mensch-Natur-Verhältnis gefördert

Nach Abschluss der Filmakademie in Bukarest 2008 besuchte Cristian Ilea einen Fortbildungskurs zum Filmen von wilden Tieren in Südafrika. 

Einige Jahre später gründete der Kameramann und Dokumentarfilmemacher das Projekt „Wildlife Romania“ – den ersten virtuellen zoologischen Garten mit wilden Tieren im Freien. Seit fast einem Jahrzehnt kann man auf der Homepage wildliferomania.com einen Einblick in den Alltag einiger Störche bekommen. 2013 wurde als Pilotprojekt eine Webkamera an einem Storchennest in Mercydorf/Carani montiert. Dann kam eine zweite Kamera an einem Storchennest in dem Banater Dorf Gertjanosch/Cărpiniș hinzu. Hintergrund ist der Gedanke, Mensch und Natur einander näher zu bringen und dabei vor allem Menschen daran zu erinnern, „dass sie nicht allein auf dieser Welt sind, dass sie dieses Habitat, das sich ‚Erde‘ nennt, mit Millionen von anderen Lebewesen teilen, die dasselbe Recht auf eine saubere Umwelt haben“, erzählt Cristian Ilea. 

Das Projekt „Wildlife Romania“ wird mittlerweile mit Unterstützung der Fans gefördert und erfreut sich seit Jahren eines großen Erfolges. Auch an anderen strategischen Stellen wurden Webkameras angebracht und man kann wilde Tiere und Vögel via Live-Stream beobachten. 
Auch für das „Circumeuropa“-Projekt braucht der Initiator Cristian Ilea Unterstützung. „Dies wird eine teure Expedition sein“, sagt er. Die Erkundungsroute umfasst über 15 europäische Länder und wird fünf Flüsse, vier Meere, einen Ozean und fünf Meerengen durchqueren. 

„Die Circumeuropa-Plattform ist für jeden geöffnet, der uns helfen möchte, von Spenden bis zu Partnerschaften. Wir warten auch darauf, ein Projekt beim Projektzentrum des Rathauses einzureichen, da wir die Stadt aus kultureller Sicht fördern werden“, schließt der Expeditionskapitän Cristian  Ilea. 


Informationen zur Kreuzfahrt und zu den Hauptzielen des Projekts sind abrufbar von der Webseite circumeuropa.com