Das Museum der Sinne

Wahrnehmungstäuschungen und viel Spaß

Der Vortex-Tunnel Foto: www.museumofsenses.ro

Der endlose Spiegelraum

Bunte Bewegungsillusion Fotos: die Verfasserin

Hinter zahlreichen Kleidergeschäften verborgen, befindet sich im ersten Stockwerk der Bukarester Mall Afi Cotroceni das Museum der Sinne, das seinen Besuchern eine Welt voller Empfindungen und optischen Täuschungen eröffnet. Dieses außergewöhnliche Museum bietet eine unvorstellbare Erfahrung, die sowohl Spaß macht, als auch lehrreich ist, und wirkt erstaunlich und gleichzeitig rätselhaft, unheimlich und zugleich rational auf die Neugierigen, die es betreten. Wenn wir Dein Interesse erweckt haben, dann lies doch weiter, um mehr darüber zu erfahren, und lass Dich auf eine imaginäre Tour durch das Museum führen! Wer hätte sich vorgestellt, dass eine Mall ein Museum beherbergen kann? Eigentlich ist die Idee gar nicht so übertrieben, wenn man bedenkt, dass das Bürgermeisteramt des vierten Bukarester Bezirks seit 2017 seinen Sitz in einer Mall hat. Die Hauptstadt überrascht uns erneut mit ihren Freizeitangeboten und wer eine Alternative zu den üblichen Möglichkeiten sucht, der findet sie im Museum der Sinne, im Mammuth-Einkaufszentrum Afi Cotroceni (Vasile Milea Boulevard Nr.4).

Ein Abenteuer der Sinne

Ungeachtet, ob bereit oder nicht, sollte man es doch einmal probieren, sich auf eine Reise voller Herausforderungen für Körper und Geist entführen zu lassen. Auf der Tour durch das Museum der Sinne kann man mehr über Wahrnehmungssinne, das menschliche Gehirn und die Wissenschaft erfahren.  Die Reise beginnt in einem Spiegel-Labyrinth, in dem man sich selber mit verzerrtem Aussehen wiederentdecken kann. Das Labyrinth führt durch eine dunkle Bukarester Straße, in der Seh- und Gehörsinn getestet werden.

Von der Hektik der Stadt aus führt der Weg durch einen völlig unkonventionellen Park, in dem das Wasser von unten nach oben fließt. Die bekannte Installation des fliegenden Wasserhahns ermöglicht dies. Es folgt ein Spiel mit Schatten, Lichtern, Farben und elektrischem Strom. Letzterer wird dank der ausgestellten Tesla-Kugeln sichtbar. Als ob die aktuelle Welt nicht genug verkehrt scheint, kann man sie im verkehrten Zimmer buchstäblich kopfunter erleben. Auf den Kopf gestellt wird weiter die Idee, dass wir in einer endlichen Welt leben, deutlich.

In einem endlosen Spiegelraum können wir die Unendlichkeit tatsächlich auch während unseres irdischen Daseins erfahren. Das Adrenalin steigt, wenn man den Vortex-Tunnel über eine Brücke durchquert. Achtung! Herunter schauen! „Wieso herunter? Von einer Brücke soll man nie herunter gucken, wenn man Höhenangst hat!“, werden Sie empört entgegnen.
Eigentlich ist dies die einzige Möglichkeit, den Vortex-Tunnel zu durchqueren, ohne dass es einem schwindlig wird. Als nächstes betritt man das weltberühmte AMES-Zimmer, das die Wahrnehmung der eigenen tatsächlichen Größe  auf die Probe stellt. Da fühlt man sich echt wie Gulliver auf seiner Reise nach Liliput. Gleich daneben kann, wer Mut hat, versuchen, sich auf ein aus  1200 Nägeln gebildetes Bett zu legen. Keine Sorge, dies ist kein mittelalterliches Foltergerät. Die Tour endet mit einem Kaleidoskop und verschiedenen Proben, welche den Geruchs- und Tastsinn testen. Außerdem sind an allen Wänden Bilder ausgestellt, die die das Gesicht verzerrt aussehen lassen. 

Das Einzige, was der Ausstellung fehlt, um ein richtiges Museum zu sein, sind kleine Informationsschilder zum Titel und Entwerfer der Ausstellungsstücke. Ansonsten gelingt es den Initiatoren des Museums, alle Sinne der Gäste anzuregen, ihre Fantasie und Wahrnehmung herauszufordern.

Wie viele Sinne gibt es?

Die physiologische Wahrnehmung des menschlichen Körpers steht in enger Verbindung mit den Sinnesorganen. Ihr Zusammenspiel fasziniert uns im Alltagsleben. Stell Dir ein köstliches Essen vor! Im Grunde braucht man zu dessen Verzehren nur Geschmack, aber Gesichts-, Geruchs- und manchmal sogar Tastsinn sind bei der Schaffung eines Gourmet-Erlebnisses unentbehrlich. Zusätzlich zu unseren Hauptsinnen neigen wir dazu, viele andere Dinge zu empfinden. Manche nennen es Intuition, andere nennen es Gefühl.

Es ist egal, wie wir es nennen. Was zählt, ist die Erfahrung, die wir machen, wenn unsere Sinne erweckt werden und zusammenspielen. Die bekanntesten sind die fünf Grundsinne, aber Fachleute sind sich einig, dass die Menschen viel empfindlicher sind. Es scheint mindestens neun Sinne zu geben, und die meisten Forscher können sogar 21 verschiedene Sinne nennen. Unter ihnen befindet sich der Juckreiz. Dies ist das Gefühl, durch das wir Kribbeln oder Hautreizungen wahrnehmen. Die Selbstwahrnehmung bedeutet die Fähigkeit, Reize aus dem Körper heraus in Bezug auf Position, Bewegung und Gleichgewicht wahrzunehmen.

Um beispielsweise herauszufinden, ob eine Person betrunken ist, wird sie gebeten, die Augen zu schließen und die Nase mit dem Zeigefinger zu berühren. Wenn eine Person zu viel Alkohol konsumiert hat, kann sie dies nicht tun, da dies das unbewusste Gefühl der Selbstwahrnehmung hemmt. Die Fähigkeit von Lebewesen, mithilfe des Magnetfelds der Erde die Richtung zu erkennen und Informationen zu Höhe und Standort zu erhalten, heißt Magnetsinn.

Das hilft z.B. Zugvögeln dabei, Tausende von Flugkilometern zu bestreiten, ohne die Orientierung zu verlieren. Menschen haben Ablagerungen von magnetischem Material im Siebbein der Nase und auch Magnetrezeptoren, die zur Orientierung im Raum beitragen. 

Die Thermorezeption trägt zur Wahrnehmung der Umgebungstemperatur bei. In einer Welt, in der Lebensformen so temperaturempfindlich sind, ist dieser Sinn von wesentlicher Bedeutung. Zwischen dem absoluten Nullpunkt und Hunderten von Millionen Grad, die in verschiedenen Teilen des Universums existieren, können wir nur in einem niedrigen Wärmeband überleben.

Die Schadenswahrnehmung stellt die Fähigkeit des Körpers dar, potenzielle Schäden zu erkennen, d.h. schädliche Reize im Nervensystem zu kodieren und zu verarbeiten. Die Gleichgewichtswahrnehmung ist einer der physiologischen Sinne. Sie ermöglicht Menschen und Tieren, sich fortzubewegen, ohne zu fallen. Einige Tiere sind besser dran als Menschen, wie zum Beispiel Katzen, die mithilfe des Innenohres und des Schwanzes ihr Gleichgewicht behalten und auf einem dünnen Zaun laufen können. Durch die Unterbrechung des Gleichgewichtssinns können Schwindel, Orientierungslosigkeit und Ohnmacht auftreten.

Alle Lebewesen sind mit einem angeborenen Hungergefühl ausgestattet, das zum Überleben dient. Beispielsweise weint ein Neugeborenes ununterbrochen, wenn es hungrig ist, und hört nicht auf, bis dieses Bedürfnis erfüllt ist. Der Durst überwacht den Körper und seine Wassermenge ständig für dessen optimale Funktion.

Ohne Wasser können wir nur kurze Zeit überleben. Durst dient als automatische Erinnerung an diese Tatsache und spielt daher eine entscheidende Rolle beim Überleben. Dehnungsrezeptoren oder Mechanorezeptoren reagieren auf die Ausdehnung verschiedener Organe und Muskeln. Ihre Wirkung kann wahrgenommen werden, wenn wir essen und einen vollen Magen haben, wenn wir wissen, dass es Zeit ist, auf die Toilette zu gehen oder wenn sich unsere Lungen mit Luft füllen. Es gibt, neben Geschmacks- und Geruchssinn, auch interne Chemorezeptoren, die die Kohlendioxidprozente im Blut und den Atemreflex regeln. Sie ermöglichen es dem menschlichen Körper, sich gegen die möglichen Gefahren des Erbrechens im Falle einer Vergiftung oder Erstickung zu verteidigen, wenn ein Wirkstoff vorhanden ist, der die Atemwege beeinträchtigt. Menschen entwickeln noch ein Zeitgefühl, das damit zusammenhängt, was die verschiedenen Sinne über die Außenwelt mitein-ander kommunizieren. Menschen verarbeiten ihr Zeitgefühl jedoch unterschiedlich.

Eine Minute auf dem Zahnarztstuhl mag wie eine Ewigkeit erscheinen, während eine Stunde mit einem geliebten Menschen als eine Minute wahrgenommen werden kann. Die Kinästhesie bezieht sich auf jene Empfindungen, die von allen Punkten des Körpers auf das Nervensystem übertragen werden. Sie befassen sich hauptsächlich mit der Wahrnehmung von Bewegung und helfen uns, Gleichgewicht, Raum und Zeit zu verstehen, und haben die Aufgabe, die Tätigkeit der Muskeln und Gelenke zu regeln, um eine Bewegung des Körpers – ungeachtet, ob willkürlich oder unwillkürlich – auszuführen. Nicht alle Menschen besitzen den fortgeschrittenen Sinn der Synästhesie. Er bezieht sich auf die Wahrnehmung von Gerüchen, wenn man Musik hört oder wenn jemandem bei der Wahrnehmung von Farben ein bestimmtes Wort oder sogar ein Geruch oder Geschmack einfällt.

Die Synästhesie stellt die gemeinsame Wahrnehmung oder Interferenz verschiedener Arten von Empfindungen, verschiedener Sinne in demselben Wahrnehmungsakt dar. Zudem bezeichnet der Begriff auch ein dichterisches Stilmittel, das genau auf das gleichzeitige Zusammenspiel mehrerer Sinne beruht. Ein Synästhetiker kann Farben hören, Geräusche sehen und Geschmacksempfindungen wahrnehmen, wenn er ein Objekt mit einer bestimmten Textur berührt.

Das Museum der Sinne nimmt sich vor, seinen Besuchern eine Reise anzubieten, auf der sie ihre Hauptsinne erwecken und sogar neue Empfindungen entdecken. Es versucht, alle Sinne zu testen und täuschen, sei es mittels Tiefen-Illusionen, Farbillusionen, geometrischen Illusionen, Bewegungsillusionen usw. Am Ende des Abenteuers kann man feststellen, dass man Neues über sein Wahrnehmungsvermögen mühelos gelernt hat, während man eine angenehme Zeit verbracht hat.