DER Antikorruptionsschlüssel?

Die durch und durch korruptionskranke rumänische  Gesellschaft  konfrontiert sich seit einiger Zeit  mit einer Allzweckarznei, gegen die sie noch kein effizientes Überlebensmittel gefunden hat (aber  verzweifelt danach sucht): die Nationale Antikorruptionsdirektion DNA. So voller Paradoxa dieser  Satz auch klingenmag, der rumänischen Gesellschaft scheint endlich jenes Mittel gereicht  zu werden,  das alle  Selbstheilmittel  einer  menschlichen  Gemeinschaft  ersetzt  ­  die  Gewalt  der Justiz.  Die  Antikorruptionsstaatsanwaltschaft  sorgt  für  die  Gesundung  des rumänischen  Fußballs,  sie  säubert  das  Versicherungswesen,  sie  sorgt  dafür,  dass bedenkenlos  genießbares Fleisch in  den Handel  kommt, sie  packt  die schmierigen Erschleicher  von  Unverschämtlöhnen  und  ­prämien  aus finanziellen Regelungseinrichtungen am Kragen und bringt sie hinter Gitter, die sorgt dafür, das politisch höchstgestellte Schwindler der Justiz ausgeliefert werden. Wenn  man  das  so  liest,  könnte  man  fast  meinen,  der  ach­so­kritisierte  Präsident Băsescu  habe Recht  gehabt,  als  er  beharrlich  als  Schutzengel  der Justiz  und  ihrer Handlanger, der Staatsanwaltschaften, auftrat.

Das stimmt. Und auch nicht. Denn der schaafft es nie, als männlicher Justitius mit verbundenen Auge aufzutreten – immer wirft er ein Auge auf Personen und Folgen, die ihm irgendwann irgendwie irgendwo und irgendwarum nützen könnten und reagiert nur dementsprechend.

Auch  deshalb sollte  man  bloß  meinen,  dass sich  Rumänien  auf  dem  besten  aller Wege  in  die  beste  aller  Welten,  die  korruptionsfreie  Welt,  bewegt.  Wirklich korruptionsfrei  wird  dieses  Land  und  dieses  Volk  erst,  wenn  es  die  selben Selbstheilungskräfte  entwickelt  wie  andere  Länder  und  Völker. 

Das Allzweckheilmittel DNA wird mit Sicherheit die Krankheitssymptome mildern, den Organismus  der  Gesellschaft  aber  weder  heilen  noch  gestärkt  aus  dieser „Versuchung“  hervorgehen  lassen.  Höchstens  die  Korruptionsbereiten  vorsichtiger machen.  Der  Wald  wird  vor  dem  Kahlschlag  gerettet,  gesundet  ist  er  noch  lange nicht.

Machen  wir  uns  nichts  vor:  so  lange  auf  höchster  politischer  Ebene  mit  den  stupidesten  Argumenten  um  Solidarität  für  die  „Opfer“  der Justiz  in  den  ärgsten Korruptions­ und Unterschlagungsfällen geworben wird (denken Sie an die Aussage des Präsidenten der Abgeordnetenkammer, Valeriu Zgonea, der schon allein wegen der Tatsache,  dass sowohl  er  als  auch  der Steuerdieb Gică Popescu Oltenier sind, sich  verpflichtet  fühle,  für  dessen  Begnadigung  die  Trommel  zu  rühren).

Das Schlimmste  in  der Gesellschaft Rumäniens  ist  immer  noch  der  Satz:  „Ich  habe X sein  Recht  gegeben.“  Mit  dem  die  Überreichung  von  Schmiergeld/eine Korruptionstaat  in  aller  Selbstverständlichkeit  rechtfertigt  wird.  Gerade  diese Selbstverständlichkeit der Korruption ist des Pudels Kern.

Bevor da nicht ein Unrechtbewusstsein aufkommt – oder, besser, anerzogen wird ­ bleibt die Antikorruptionsstaatsanwaltschaft ein Placebo. Gut, dass es sie trotzdem gibt.