Der Beginn einer glücklichen Fusion

Zweiter Kongress für integrative Medizin im Rin-Hotel Otopeni

An diversen Ständen konnten sich Teilnehmer über Naturprodukte oder Therapiegeräte informieren.
Foto: Nina May

Am 24. Oktober fand im Rin-Hotel Otopeni der zweite Kongress für integrative Medizin in Rumänien statt (die ADZ berichtete zum ersten Kongress: 6. Dezember 2011), der vom Verband der Unternehmer in der integrativen Medizin (Patronatul Medicinei Integrative, PMI, www.patmedin.ro) organisiert worden war. Der Erfolg der gut besuchten Veranstaltung mit Parallelvorträgen in vier Konferenzsälen verdeutlicht das zunehmende Interesse von Ärzten und Therapeuten, komplementäre Heilungsansätze aus der klassischen und alternativen Medizin unter einem Dach zu vereinigen.

Der Druck zur Öffnung der Schulmedizin zu den nicht immer wissenschaftlich fundierten alternativen Therapien ging zunehmend vom Patienten aus, der sich nicht mehr als passives Zielobjekt, sondern als gleichberechtigter Partner am Heilungsprozess verstanden wissen will. Vor allem bei lebensbedrohlichen Erkrankungen besteht ein starker Wunsch nach Beachtung der  psychologischen, sozialen und spirituellen Bedürfnisse in der Therapie. PMI hat die Förderung, Weiterentwicklung und Implementierung der integrativen Medizin in Rumänien zu seiner Mission erkoren. Die Vision lautet, Ärzte, Forscher, Therapeuten und Seminarleiter unter einem Hut zusammenzubringen, damit sie sich zum Wohle des Patienten gegenseitig ergänzen und befruchten.

So bot der Kongress umfassende Gelegenheit, sich zu den Neuerungen in der ganzheitlich ausgerichteten Schulmedizin zu informieren, aber auch zu alternativen Diagnose- und Therapieformen, Techniken der Entspannung und Bewusstseinserweiterung. Die Palette der Vorträge reichte von der Behandlung atopischer Erkrankungen und gezielten Diäten gegen Allergien und Krebs über Diagnoseverfahren durch Bioresonanz bis hin zu Akupunktur, Craniosakraltherapie, Phyto- und Ozontherapie, Traditioneller Chinesischer Medizin, Reiki, holotropisches Atmen oder das gesundheitsfördernde Infrarotpaneel, um nur einige Beispiele zu nennen. In einem Messesaal konnte man sich zudem über dort ausgestellte Naturprodukte informieren.

USA: Jedes Krebszentrum bietet alternative Therapien

In den USA ist die alternative Medizin aus der Onkologie schon lange nicht mehr wegzudenken. Über den allerdings langen Weg zur Anerkennung berichtete der Präsident der amerikanischen integrativen Onkologiegesellschaft, Dr. Gary Deng. 1991 finanzierte das National Health Institute (NIH) erstmals die gezielte Erforschung alternativer Therapien, um deren Wirksamkeit oder zumindest positive Begleiteffekte auf den Patienten zu untersuchen.

Die Studien befassten sich mit den Kategorien Heilpflanzen, Mind-Body Techniken, Energietherapien (z. B. Reiki, Akupunktur) und Therapien auf der Basis körperlicher Einwirkungen (z. B. Massage). Empfehlungen an den Patienten erfolgten auf der Basis von vier Urteilen: sicher, hilfreich, wirkungslos oder schädlich. Auch ging es bei den Forschungen um die Etablierung der richtigen Dosis, die Feststellung von Nebenwirkungen und Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten. Als Erfolgskriterium galt nicht nur die Bekämpfung des Tumorgeschehens, sondern auch die Minderung des körperlichen Unwohlseins, die Erhöhung der körperlichen Widerstandskräfte und der Fitness, die Wiederherstellung der geistig-seelischen Balance und das spirituelle Wachstum.

Als Folge der weitgehend positiven Resultate boten bereits 1999 etwa 60 bis 70 Prozent aller Krebskliniken zusätzliche alternative Behandlungen an – heute sind es fast 100 Prozent. Die Palette reicht von Massagen gegen Tumorschmerzen bis zum Einsatz von Grüntee bei Leukämie, der in 43 Studien nachgewiesene zellstabilisierende Effekte aufweist, oder die Anwendung von Shiitake-Pilzen in der Nachbehandlung von Brustkrebs.

Bei einer Vielzahl von Pflanzenessenzen wurden immunstimulatorische Effekte wissenschaftlich belegt, darunter beim Gewürz Kurkuma, der chinesischen Kamille oder einem Wirkstoff der Lilie namens Metformin. Hinsichtlich Nebenwirkungen auf andere Medikamente wurden Pflanzenessenzen untersucht, die den Stoffwechsel beeinflussen (die hormonähnlichen Phytoöstrogene etwa) oder die Blutgerinnung stören. Heute gibt es zum Thema Alternativmedizin zahlreiche Fortbildungsprogramme für Medizinstudenten und Ärzte sowie öffentlich zugängliche Internetplattformen. Jährlich werden Konferenzen abgehalten, mit 400 bis 500 Besuchern – 2013 findet die „ 10th International Conference of the Society for Integrative Oncology“ in Vancouver, Kanada, statt.

Revolutionäre Erkenntnisse in der Allergiebehandlung

Highlight der Veranstaltung waren die Vorträge von Dr. John G. Ionescu, der in den 70er Jahren aus Rumänien geflüchtet war und seit über 25 Jahren in Neukirchen in Deutschland eine äußerst erfolgreiche Spezialklinik zur Behandlung von Allergien, Haut- und Umwelterkrankungen betreibt. Der an der Universität Bukarest ausgebildete Immunologe mit Dissertation in Saarbrücken im Fachgebiet der medizinischen Biochemie bekämpft dort schwerste Fälle von Psoriasis, Neurodermitis oder anderen, als unheilbar geltenden Hauterkrankungen – ganz  ohne den Einsatz von Cortison, Antihistaminen oder sonstigen Entzündungshemmern mit schwersten Nebenwirkungen!

Ionescu legte beeindruckende Vorher-Nachher Bilder vor: Patienten, darunter viele Säuglinge und Kleinkinder, mit grässlichen großflächigen Ekzemen, die anschließend symptomfrei nach Hause gingen. Vor der Therapie, die sich im Wesentlichen auf eine individuelle Diät stützt, müssen jedoch Allergene identifiziert, Infektionsherde ausgeschaltet und der Körper von Schadstoffen entgiftet werden.

Denn Allergiesymptome entstehen laut Ionescu erst, wenn alle drei Faktoren zusammentreffen: das Vorhandensein eines Allergens, eine erhöhte Toxinbelastung des Körpers und eine Infektion.

In Deutschland gibt es laut Ionescu etwa 30 Millionen Allergiker, mit steigender Tendenz. In zehn bis 15 Jahren rechnet man mit einer Zahl von 50 Millionen – „eine explosive Entwicklung“, warnt der Mediziner. Höchste Zeit also, sich mit den Ursachen näher auseinanderzusetzen. Diese sieht er  vor allem bei Kleinkindern in einer gestörten Darmflora, die zu aller erst wieder  ins Gleichgewicht gebracht werden muss – ein Aspekt, der in herkömmlichen Therapien kaum Beachtung findet, auch wenn das Kind von Mund bis zum Anus sichtlich hochentzündet ist. Die Entstehung dieses Ungleichgewichts erklärt der Mediziner mit einer Übertragung von Keimen bei der Geburt durch eine gestörte Scheidenflora der Mutter.

Die Sanierung der Geburtswege sei daher eine der wichtigsten Maßnahmen zur Vorbeugung von Allergien bei Säuglingen. Die zur Auslösung der Symptome erforderlichen Toxine hingegen werden entweder schon über die Nabelschnur aus dem Körper der Mutter geliefert oder mit der Muttermilch übertragen. Wenn dann noch eine genetische Disposition zur Allergie hinzukommt, ist das Kind schon im Mutterleib als Allergiker vorprogrammiert (ein ausführlicher Bericht über alle Zusammenhänge erfolgt in Kürze in der ADZ).

Trotz seiner Erfolge in Deutschland – immerhin erkennen sogar die Krankenkassen die Behandlung in der Neukirchener Spezialklinik an –, will Dr. John Ionescu auch in Rumänien eine Kooperationsschiene aufbauen. Zwei vom PMI unterstützte Projekte liegen derzeit beim Senat zur Entscheidung vor – die Einführung einer Vorlesungsreihe zu seinen Erkenntnissen und Therapieansätzen an der Medizinischen Universität Bukarest ab 2013 und die Einrichtung eines kleinen Untersuchungs- und Therapiezentrums in der Klinik Diperia, wo auch rumänische Allergiepatienten nach seinen Methoden untersucht und behandelt werden können – wenn auch erst mal nur auf eigene Kosten.

Ovidiu Bojor: mehr Kommunikation mit der Natur

Akademiemitglied Dr. Ovidiu Bojor, ein bereits aus der Zeit vor der Wende von 1989 bekannter Experte für Phytotherapie, betonte auch in seinem Gebiet die hohe Bedeutung unbelasteter Wirkstoffe.

Deswegen stammen die Rohstoffe für die Wirkstoffe der Marke Himalaya, die er in dem Vortrag vertrat, aus einem 280 Hektar großen Anbaugebiet in den abgelegensten Regionen im Norden von Indien, wo keine Pestizide und Herbizide eingesetzt werden. Bemerkenswert sei, dass alle bekannten Heilsysteme, die zum Teil über 8000 Jahre alt sind – Ayurveda, Traditionelle Chinesische Medizin, die Heilkunst der Ägypter, der Daker oder der Indianer – auf einen gemeinsamen Kern an global verbreiteten Pflanzen zurückgreifen, die von allen für dieselben Krankheiten eingesetzt wurden – dies ohne Kommunikation und vor allem ohne Forschungslabors. „Es gab damals eine mentale Kommunikation, die heute verloren gegangen ist“, sinniert der bekannte Pharmakologe. Die Herausforderung sei, sie nun wiederzufinden...

Resümee

Die Vorträge fanden in vier parallelen Reihen statt, wobei Themen mit fundiertem Hintergrund und Neuheitscharakter in der ersten Reihe präsentiert wurden – Allergien, Hautalterung,  Auriculotherapie (Ohr-Akupunktur), neurowissenschaftliche Ergebnisse zur Akupunktur, diverse Vorträge zum Thema Krebs oder zur Zukunft der integrativen Medizin in der EU. Die übrigen Präsentationen stellten sich eher als Schnupperkurse für Laien zu diversen Techniken und Therapieformen dar, – oder als Werbeveranstaltung und mit recht unterschiedlicher Seriosität. Doch wer sich über die gesundheitsfördernden Effekte von Infrarot-Heizpaneelen, die Silva Mind Methode, Erikson Hypnose oder Spieltherapie informieren möchte, an Produkten zur Anti-Krebsernährung oder einem Gerät zur angeblichen Senkung des Blutdrucks interessiert ist, findet zumindest eine breite Angebotspalette. Im Vergleich zum letzten Kongress fiel zudem auf, dass sich einige der Präsentationen stark wiederholten. Dennoch ein gelungener erster Schritt in Richtung einer glücklichen Fusion zwischen traditionellen und modernen Therapiemethoden, die doch alle ein gemeinsames Ziel verfolgen - unsere Gesundheit.