Der gigantische Energieverbrauch der Bitcoin-Kryptowährung

Technik hinter dem digitalen Zahlungsmittel kann dezentrales Finanzsystem ermöglichen

Schon seit Jahren erreicht die Kryptowährung „Bitcoin“ auf den Handelsplattformen immer neue Rekordwerte. Im März dieses Jahres stieg der Kurs zum ersten Mal über die 60.000-US-Dollar-Marke. Damit hat sich der dem Bitcoin zugeschriebene Wert seit Beginn des Jahres noch einmal verdoppelt – und vor einem Jahr lag dieser erst bei knapp 5000 US-Dollar. Der neuerliche Kursanstieg hängt auch mit dem streitbaren Visionär Elon Musk zusammen. Die prägende Persönlichkeit von Tesla hatte wenige Wochen vorher angekündigt 1,5 Milliarden US-Dollar in Bitcoin zu investieren. Doch Musk ist auch ein Kritiker der Kryptowährung, die er nur kurz zuvor als „fast“ so großen Unsinn wie Fiatgeld bezeichnete. Wenn aber Geld auf der Bank zu Negativzinsen führen würde, würde wohl nur ein „Narr nicht nach Alternativen schauen“, so der mehrfache Milliardär.

Doch Kritik an der Kryptowährung kommt aktuell auch aus einer ganz anderen Richtung: dem Klimaschutz. Denn genau wie der dem Bitcoin zugeschriebene Wert ist auch der Energieverbrauch zu seiner Erstellung (dem „Schürfen“ als Anlehnung an das Goldschürfen) in den letzten Jahren rasant angestiegen. Zu Beginn des Jahres 2017 verbrauchte die Kryptowährung etwa 7 Terawattstunden Strom pro Jahr. Im Oktober 2020 waren es bereits rund 67 Terawattstunden und aktuell sind es über 120 Terawattstunden, errechnete das Forschungsinstitut „Cambridge Centre for Alternative Finance“ an der Universität Cambridge. Das ist mehr, als die Niederlande in einem Jahr an Strom verbrauchen. Oder anders gesagt: Eine Bitcoin-Transaktion verbraucht in etwa so viel Strom wie 450.000 Kreditkarten-Transaktionen.

Der hohe Energiebedarf des Bitcoin bedingt sich aus dem Zusammenspiel seiner immer weiter steigenden Popularität als Investitionsmöglichkeit und der damit einhergehenden immer aufwendigeren Herstellung. Dementsprechend betreiben die Erzeuger von Bitcoin-Einheiten ihre riesigen Rechner-Farmen vornehmlich in Ländern mit niedrigen Strompreisen. Der beliebteste Standort ist die Volksrepublik China, wo es im Sommer günstigen Überschuss an Wasserkraft und im Winter billigen Kohlestrom gibt. Mit deutlichem Abstand folgen die USA und Russland, attraktiver geworden sind zuletzt Kasachstan und Iran.

Bitcoin-Befürworter sehen den Energiebedarf hingegen als weniger großes Problem an, da im Ausgleich ein völlig neues Finanzsystem entstehen würde, welches unabhängig von den Zentralbanken funktioniere. Und natürlich benötigen die bestehenden Finanzsysteme ebenfalls riesige Mengen an Energie – von den eigenen Computer-Systemen, dem Betreiben der Bankfilialen bis zur Produktion von Münzen und Scheinen. Einen deutlich höheren Energieverbrauch als das Schürfen neuer Bitcoin-Einheiten weist im Übrigen das Video-Streaming über Plattformen wie Netflix, Amazon Prime oder YouTube auf – nämlich 350 bis 400 Terawattstunden pro Jahr. Das ist ungefähr genauso viel Strom wie alle Privathaushalte in Deutschland, Italien und Polen zusammen in einem Jahr verbrauchen.

Der vergleichende Blick lässt eher darauf schließen, dass der Hintergrund der Kritik am Bitcoin entweder die prinzipielle Ablehnung dieser Kryptowährung aus beispielsweise technischen Gründen ist oder Kryptowährungen tatsächlich als Gefahr für das bestehende Finanzsystem angesehen werden. Denn Euro, US-Dollar und andere Währungen benötigen das Vertrauen der Menschen in die ausgebenden Staaten und in der Geschichte sind immer wieder Geldwährungen oder sogar ganze Geldwährungssysteme zusammengebrochen. Die Blockchain-Technik, auf der alle Kryptowährungen aufbauen, ermöglicht dem entgegen ein dezentrales Währungs- und Finanzsystem abseits von Staaten und Zentralbanken.

Was ist Bitcoin?

Bitcoin ist ein digitales Zahlungsmittel (Kryptowährung), welches auf einem dezentral organisierten Buchungssystems aufbaut. Dabei werden die Zahlungen kryptographisch legitimiert und über ein Netz gleichberechtigter Rechner abgewickelt. Es gibt anders als im klassischen Banksystem keine zentrale Stelle, die die Transaktionen steuert, überwacht und speichert. Die Eigentumsnachweise an Kryptowährungen werden in persönlichen digitalen Brieftaschen gespeichert.

Neben Bitcoin gibt es noch zahlreiche weitere Kryptowährungen. Doch das 2009 eingeführte Zahlungsmittel ist mit einer Marktkapitalisierung von über 900 Milliarden Euro die stärkste Kryptowährungen. Erst mit deutlichem Abstand folgen Ethereum mit 173 Milliarden Euro und Tether mit 33 Milliarden Euro.

Wie werden Bitcoin-Einheiten hergestellt?

Zur Herstellung der Kryptowährung wird die sogenannte Blockchain-Technik genutzt. Diese „Technik verteilter Kassenbücher“ beschreibt ein Verfahren, bei dem Informationen mithilfe einer dezentralen, von vielen Teilnehmern gemeinsam genutzten Datenbank fälschungssicher übermittelt werden. Diese Datenbank wird auch als verteiltes Register oder Hauptbuch bezeichnet. Dabei ist jeder neue Eintrag (Block) mit dem vorhergehenden Eintrag verbunden und enthält die Historie in Form von dessen Prüfsumme sowie der Prüfsumme der gesamten Kette. Das gesamte Register (Blockchain) ist wiederum zugleich auf zahllosen Servern in verschlüsselter und anonymisierter Form gespeichert.

Durch das Erzeugen und Hinzufügen von neuen Blöcken in die Kette werden schließlich neue Bitcoin-Einheiten ausgegeben, deren maximale Anzahl auf knapp 21 Millionen begrenzt ist. Dieser Prozess, der auch als „Mining“ (Schürfen) bezeichnet wird benötigt allerdings eine sehr hohe Rechenkapazität. Denn erzeugt werden die Bitcoin-Einheiten durch das Lösen von kryptographischen Aufgaben, welche wiederum sicherstellen sollen, dass das Erzeugen gültiger Blöcke mit einem gewissen Aufwand verbunden ist, so dass eine nachträgliche Modifikation der Blockkette praktisch ausgeschlossen werden kann. Die Wahrscheinlichkeit für einen Teilnehmer, die richtige Lösung für die Aufgabe zu finden, ist dabei proportional zu der eingesetzten Rechenleistung.

Was ist der Unterschied zwischen Kryptowährungen und Fiat-Währungen?

Im Gegensatz zu Warengeld, dass neben seinem Tauschwert auch einen inneren Wert besitzt – Zigaretten, Gewürze, Edelmetalle – erhalten Fiat-Währungen ihren Wert, weil sie von Regierungen als gesetzliches Zahlungsmittel deklariert werden. Kryptowährungen haben mit konventionellen Fiat-Währungen einige Gemeinsamkeiten, aber auch elementare Unterschiede.

Genau wie Fiat-Währungen ermöglichen auch Kryptowährungen den Tauschhandel zwischen zwei Parteien und können als Wertanlage dienen. Der revolutionäre Unterschied besteht darin, dass Kryptowährungen keine Bank oder Regierung benötigen, um sie jederzeit und überall ausgeben und empfangen zu können. Und während Fiat-Geld der Inflation unterliegt und Zentralbanken jederzeit mehr drucken können, ist die Menge von Einheiten einer Kryptowährung technisch begrenzt – bei Bitcoin auf knapp 21 Millionen Einheiten.

Aktuell gibt es knapp 10.000 verschiedene Kryptowährungen und die allermeisten werden überhaupt nicht gehandelt. Ihnen fehlt nicht zwingend das Vertrauen in die Blockchain-Technik, sondern in erster Linie die Akzeptanz einer kritischen Masse an Menschen, welche Fiat-Währungen als offizielles Zahlungsmittel von Staaten erhalten. Genau wie Fiat-Währungen benötigen allerdings auch Kryptowährung das Vertrauen der Menschen in die  Stabilität der entsprechenden Kryptowährung.