Der Lehrer soll auch die deutsche Kultur vermitteln

Ein Gespräch mit dem Leiter der Schule „Elena Văcărescu“ in Bukarest

Foto: Șerban Căpătână

Cristinel Andone ist ein Musterbeispiel für einen involvierten und energischen Menschen, der für und mit der Schule, die er leitet, lebt. Unter seiner Obhut hat sich die Deutschabteilung der Bukarester Schule „Elena V˛c˛rescu“ sowohl hinsichtlich Schüler- als auch Klassenanzahl erweitert und wird von immer mehr Eltern gewählt. Gleichzeitig hat er den Bau des neuen Schulgebäudes beaufsichtigt und die Schule mit der neuesten Technik ausgestattet. Im Gespräch mit ADZ-Redakteur [erban C˛p˛]ân˛ erzählt er über die Entwicklung der Deutschabteilung und die Pläne für die nächsten Jahre.

Herr Andone, wann wurde die deutsche Abteilung in Ihrer Schule gegründet?


Die Abteilung wurde 2012 gegründet, doch darüber gesprochen hat man seit 2010. Es gibt eine Vorgeschichte in unserer Schule, wir haben für einige Jahre Klassen einer Waldorf-Schule bei uns beherbergt. 2008, als ich an die Schule kam, gab es 19 Klassen und die Waldorf-Gastklassen hatten unsere Schule gerade verlassen.

Also, wir hatten Platz. Für die Gründung einer Deutsch-Abteilung haben sich dann die Eltern stark gemacht, aber auch ein Teil der Lehrkräfte. So wurde sie 2012 gegründet, und die Eltern der Schüler brachten allerlei Papiere auf, um die Aufnahme ihrer Kinder durch die Zugehörigkeit zur deutschen Minderheit zu begründen. Ein Elternteil kam sogar mit einer Bescheinigung des Friedhofs, wo ein Großvater seine Grabstätte hatte!

Im Jahr 2014, als ich die Schulleitung übernommen habe, gab es bereits zwei Deutschklassen. Ursprünglich dachte ich, dass ich meine Kollegen überzeugen könnte, Deutsch zu lernen, um in der Sprache unterrichten zu können, um die Kontinuität der Deutschabteilung zu behalten. Ich wusste, es wird schwer sein, deutschsprachige Fachkräfte zu finden.

Wir sind aber nicht die einzige Schule, die mit diesem Problem kämpft. Die Lage ist zwar besser in Hermannstadt, Temeswar oder Klausenburg – nur gibt es dort in letzter Zeit auch das sekundäre Problem, dass die Wirtschaft die Deutschsprachigen abwirbt.

Hatten Sie damals deutschsprechende Lehrkräfte?

Eigentlich hatten wir nur die zwei Vorschullehrerinnen. Deswegen haben unsere ersten Lehrkräfte im Jahr 2012 beim Goethe Institut an Deutschkursen teilgenommen, um an der zukünftigen fünften Klasse wenigstens einige Fächer in deutscher Sprache unterrichten zu können. 2014 waren zehn unserer Lehrkräfte auf einem Intensiv-Deutschkurs in Wien.

Auch mit dem Schillerhaus hatten wir eine Zusammenarbeit: Eine Dame hat unseren Lehrkäften Grundkenntnisse beigebracht, damit sie wenigstens die Hauptbegriffe ihrer Fächer auf Deutsch aussprechen können. Wir haben weiter gemacht und ich bin sehr stolz darauf, dass derzeit bereits einer unserer ehemaligen Mittelschüler promoviert hat.

Ihre Schule kann also Vor- und Mittelschulklassen anbieten?
Derzeit haben wir in der Grundschule drei Klassen besetzt: die Vorschule, die erste und die vierte Klasse. Es gibt leider keine zweite und dritte Klasse. Grund dafür sind die fehlenden Lehrkräfte. Es war sehr schwer, Fachkräfte anzuwerben, vielleicht auch weil unsere Deutschabteilung neu war.

Wir hatten mehrere deutschsprachige Lehrkräfte, die auch an Privatschulen unterrichtet haben, die aber nicht die vom Schulinspektorat vorgeschriebenen Ausbildungsmodule für Vorschullehrer hatten. So hat zum Beispiel im Jahr 2017 eine Klasse dreimal die Lehrkaft gewechselt. Das war für uns inakzeptabel. Deswegen haben wir auch für die nächsten zwei Jahre die Einschreibungen an der Deutschabteilung abgebrochen. Bei der Mittelschule haben wir alle Klassen belegt.

Was uns derzeit freut, ist, dass immer mehr Eltern unsere Schule bevorzugen. Einerseits ist bei uns die Konkurrenz nicht so groß wie beim Goethe-Kolleg etwa, andererseits haben wir immer mehr positive Empfehlungen, was die Deutsch-Abteilung angeht. Zusätzlich haben wir den großen Vorteil, dass wir kein Lyzeum (9. bis 12. Schulstufe) haben. Somit gibt es nicht so viel Einfluss der großen Schüler auf die kleineren. Die Vorschule ist vormittags, die Mittelschule nachmittags.

Glauben Sie, dass es eine Konkurrenz zwischen den Deutschschulen gibt?

Meiner Meinung nach gibt es eher eine Zusammenarbeit. Wir sind alle Teil derselben Ausschüsse. Es gibt eine große Nachfrage für Deutschunterricht und alle Deutsch-Klassen aller Schulen sind überbelegt.

Sie haben hier zwei Gebäudeteile. Was beherbergt jedes von ihnen?

Das neue Gebäude wurde in der Zeitspanne 2015 bis 2017 gebaut, also eigentlich ganz schnell. Es waren aber schwere Jahre. Meine Frau hat mich nicht nur einmal gefragt, ob ich eigentlich im Bauwesen oder im Schulwesen arbeite, denn ich war ständig dreckig.

Ursprünglich war das Gebäude als Kindergarten geplant. Deswegen auch die eigenartige Form: Es gibt zwei Bauteile, wobei der Kindergarten von den anderen Klassen komplett abgeschirmt sein sollte.

Warum gibt es aber dann keinen Kindergarten?

Im Jahr 2014 wurde die sogenannte Nullklasse eingeführt. Somit hätten wir wieder keinen Platz mehr für alle Jahrgänge gehabt, und wir mussten das Kindergarten-Projekt fallenlassen. Derzeit beherbergt das Gebäude zwei Schulklassen und das Informatiklabor.

Was machen die Schüler ihrer Deutschabteilung nach der achten Klasse?

Nun, dieses Jahr haben unsere ersten Achtklässer absolviert. Von den 16 Schülern sind jetzt drei am Goethe-Kolleg, einige an der Deutschabteilung des Caragiale-Lyzeums und die restlichen sind in rumänischen Schulen. Das ist aber nicht so außergewöhnlich. Auch von den anderen deutschen Schulen wechseln Achtklässer an rumänische Schulen. Normalerweise sind sie in Klassen mit Deutsch als Fremdsprache und werden unter „fortgeschrittene Kentnisse“ eingestuft, da sie bei uns „Deutsch als Muttersprache“ hatten.

Wie sieht die Situation der Lehrkräfte an der Mittelschule aus?

Außer der Deutschlehrerin haben wir noch den Biologielehrer, der Deutsch spricht. Wir hatten auch deutschsprachige Lehrkräfte für Geschichte und Geographie. Jedes Jahr haben wir versucht, wenigstens ein Fach in deutscher Sprache zu unterrichten.

Ich unterrichte beispielsweise auch evangelische Religion in deutscher Sprache. Einerseits muss ich in diesem Fach nicht sehr technisch werden und andererseits kann ich mir mit der „intelligenten Tafel helfen“, auf der ich bestimmte Begriffe oder Textauszüge vorzeige, damit die Schüler sie auch selbst nachverfolgen können. Natürlich kann ich nur ansatzweise Deutsch unterrichten, denn es ist auch für mich eine Fremdsprache.

Haben Sie auch Lehrkräfte aus Deutschland?

Infolge zweier Erasmus-Programme hatten wir die Möglichkeit, deutsche Studierende oder Praktikanten in der Schule zu begrüßen. Diese dürfen zwar nicht direkt anstelle unserer Lehrkräfte unterrichten, können aber an den Stunden teilnehmen und mit unseren Kindern deutsch sprechen. Diese Praktikanten sind bis zum Beginn der Pandemie mehrere Jahre hintereinander für vier bis sechs Wochen gekommen und haben sowohl bei uns in der Schule als auch beim deutschen Kindergarten Nr. 50 ihr Praktikum absolviert.

Was können Sie potenziellen Lehrkräften bieten?

Erstens die Möglichkeit, sich weiter zu entwickeln. Eine Person, die sich weiter entwickeln möchte, sieht das Erlernen der deutschen Sprache, insbesondere wenn sie von der Schule bezahlt ist, als einen Vorteil. Es sollte keine Qual sein, auf Deutsch etwas vortragen zu können. Wahre Pädagogen können sich sicherlich diese Mühe geben. Unser Fokus liegt auf jungen Leuten. Wir dachten an jemanden aus Kronstadt, aus Hermannstadt oder aus Klausenburg, der nach Bukarest kommen möchte, vielleicht für ein Studium. Eine solche Person sollte dann auch bei uns unterrichten.

Wie werben Sie für Ihre Schule?

Natürlich möchten wir anderen Schulen die Lehrkräfte nicht abwerben, sondern ihnen eine zusätzliche Einkommensquelle in einem angenehmen Arbeitsumfeld bieten. Mein Ziel ist es, gute Partnerschaften aufzubauen. Oftmals sind es gerade unsere Lehrkräfte, die andere dazu inspirieren, bei uns zu unterrichten – und das ist ein sehr gutes Zeichen für die Atmosphäre, die in unserer Schule herrscht.

Andererseits wäre es gut, wenn das Ministerium die Karrieren im Schulwesen fördern würde. Dann würde es mir leichter fallen, im Herbst unterschiedliche Germanistik-Fakultäten des Landes anzusprechen und potentielle Lehrkräfte zu finden. Diesbezüglich können wir gemeinsam mit dem ersten Bezirk einen Teil der Unterkunftskosten decken für Lehrkräfte aus anderen Ortschaften.

Wie sieht die ideale Lehrkraft für die Deutschabteilung aus?

Idealerweise sollte diese Person nicht nur ein sehr gutes Deutsch sprechen, sondern ein echter Pädagoge sein und insbesondere die Bereitschaft zeigen, die Kultur und die Traditionen dieser Minderheit zu vermitteln.  

Andererseits ist es nicht immer so, dass die Person mit den besten Sprachkenntnissen auch die beste Lehrkaft ist. Ein guter Lehrer soll den Schülern die Kultur schmackhaft machen, damit die Kinder die deutsche Sprache auch lieben lernen. Toll wäre es, eine Person zu haben, die Deutsch spricht, aber auch ein anderes Fach unterrichten kann.

Wird an Ihrer Schule Deutsch auch als Fremdsprache unterrichtet?

Natürlich, aber nicht als erste Fremdsprache. Aufgrund der Tradition unserer Schule ist die erste Fremdsprache Französisch. Auch in der Deutschabteilung. Diese Kombination ist äußerst interessant. Beides sind schwere Sprachen. Andererseits lernen die Kinder automatisch Englisch. Und somit haben unsere Schüler weitläufige Möglichkeiten im reichen europäischen Sprachraum.

Hatten sie Unterstützung seitens der deutschen Behörden?

Es gab Gespräche mit der Botschaft, um die Deutschkurse der Lehrkäfte zu finanzieren. Es wäre gut, einerseits die Kosten zu decken und andererseits an einem speziell für Lehrkräfte organisierten Kurs teilnehmen. Ebenso könnte uns auch die Saxonia Stiftung mit deren Förderung näher stehen. Ich war einer der Nutznießer dieser Förderungen, weil ich auch deutsch unterrichte, nur könnte die Förderung vielleicht auch für das Erlernen der deutschen Sprache genutzt werden. Meiner Meinung nach sollte das Goethe-Institut oder die Saxonia Stiftung eigentlich ein großes Interesse zeigen für Lehrkäfte, die Deutsch lernen möchten. Es ist ein Vorteil für die gesamte deutsche Gemeinde.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Wie gesagt, wir müssten jedes Jahr eine deutschsprachige Lehrkraft für eines der Schulfächer haben. Falls wir niemand Deutschsprachigen finden, werden unsere Fachlehrkräfte übernehmen, auch wenn es auf Rumänisch ist. Für Geschichte hoffe ich, nächstes Jahr jemanden zu haben, bei Mathe und Physik wird es aber sehr schwer sein.

Gleichzeitig möchten wir unsere Lehrkräfte auf Schulungen in den deutschsprachigen Raum senden, damit sie auch ein anderes Schulsystem kennenlernen. Gleichzeitig können sie ihre Deutschkenntnisse erweitern und festigen.

Vielleicht schaffen wir es wieder, eine Partnerschaft mit einer deutschen Schule aufzubauen. Vier Jahre lang hatten wir, vor der Pandemie, eine Partnerschaft mit der Adolf-Reichwein-Schule in Limburg. Es war ein sehr guter und erfolgreicher Austausch. Derzeit geht er zweisprachig, deutsch-englisch, weiter.