„Die Bildung ist essenziell für den Aufbau und die Festigung einer Nation“

So das Fazit der Diskussion „Neue Perspektiven zur Entwicklung der bilateralen rumänisch-deutschen Kooperation“

Das „Forum Haferland“ fand am 1. August statt.
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Im Rahmen der Kulturwoche Haferland, die unter der Schirmherrschaft des Staatspräsidenten Klaus Johannis stand, tagte das Rumänisch-Deutsche Forum für bilaterale Zusammenarbeit am 1. August in Deutsch-Kreuz. Die Teilnehmer der Podiumsdiskussion „Neue Perspektiven zur Entwicklung der bilateralen rumänisch-deutschen Kooperation“ berieten, zusammen mit Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens aus Rumänien und Deutschland, über die Entwicklung der Bildung im Hinblick auf die Herausforderungen der rumänischen Gesellschaft im 21. Jahrhundert. Sie gingen dabei auf die demographischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sowie die Studien- und Berufschancen der jungen Generation in Rumänien ein.

Staatspräsident Klaus Johannis betonte die Notwendigkeit, die Bildungsprogramme wesentlich zu verbessern, um den jungen Leuten Berufschancen für wertvolle und gut bezahlte Arbeitsplätze, die hohe Fertigkeiten und Kreativität voraussetzen, zu eröffnen. So könnten die jungen Bürger an einer höheren Lebensqualität teilhaben. Dafür bräuchte man Menschen, die für das 21. Jahrhundert vorbereitet seien, also eine zukunftsfähige Erziehung, die selbstverständlich auf Kultur und auf ein mit der Tradition verbundenes Bildungserbe begründet sei. Das Staatsoberhaupt betonte: „Die Wirtschaft ist von vitaler Bedeutung und es ist auch sehr wichtig, dass wir ein leistungsfähiges Gesundheitssystems haben. Aber unter allen ist es die Bildung, die essenziell für den Aufbau und die Festigung der Zukunft einer Nation ist.“

Der Rektor der West-Universität in Temeswar, Marilen-Gabriel Pirtea, plädierte dafür, die Abwanderung der Fachkräfte in den künftigen Generationen zu beenden. „Die Unternehmen in Siebenbürgen und im Banat benötigen zurzeit hochspezialisierte Arbeitskräfte, aber nicht nur in diesen historischen Regionen Rumäniens nimmt die Nachfrage nach Fachkräften ständig zu.“ Forscher seien im Bereich der Entwicklung, Forschung und Innovation zurzeit vor allem in Deutschland und Großbritannien tätig. Wünschenswert sei eine Verlagerung der Spitzenforschung in städtische Zentren nach Rumänien, die genügend rumänische Forscher und Investoren anziehen würden. Dieses Ziel sollte das Rumänisch-Deutsche Forum für bilaterale Zusammenarbeit in seiner Lobbyarbeit aufgreifen, betonte Pirtea.
Der Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, Bernd Fabritius, sagte ergänzend, dass Lobbyarbeit nötig sei, um gegenseitiges Interesse zu wecken: In Deutschland für Rumänien, aber auch in Rumänien für Deutschland.

Der Vorsitzende des Rumänisch-Deutschen Forums, Andrei Ple{u, ehemaliger Kultur- und Außenminister Rumäniens, wies auf die weltweite Tendenz der Bildung hin, einen ideologischen Unterton zu haben: „Wir haben jahrzehntelang mit der Idee gelebt, dass wir im Gymnasium neue Menschen gemäß den Anweisungen von Partei und Staat schaffen müssen. Jetzt erfahren wir aus dem Westen, dass die Menschen im Einklang mit den vielen Prinzipien der politischen Korrektheit sein müssen, die ebenfalls eine ideologische Radikalität herbeiführt. Die Digitalisierung als Problem, die Ideologisierung als Problem sind also Begriffe, mit denen wir uns essenziell beschäftigen sollten.“

Emil Hurezeanu erklärte:„Das Rumänisch-Deutsche Forum für bilaterale Zusammenarbeit sollte die Aufgabe wahrnehmen, ein reflektierender Organismus zu sein, aber einer der wohlwollenden und konstruktiven Begleitung der politischen Beziehungen. Der politische Bereich sollte nicht unbedingt kritisch, sondern eher konstruktiv assistiert werden“, so der ehemalige Botschafter Rumäniens in Deutschland (2015-2021), derzeitiger Botschafter in Österreich. Er regte an, dass das Rumänisch-Deutsche Forum ein oder zwei Mal im Jahr gemeinsam mit dem Deutsch-Rumänischen Forum, den Bundestagsabgeordneten, Universitätsrektoren tagen möge.

Für Caroline Fernolend, Vorsitzende der Mihai-Eminescu-Stiftung, sind beide Ebenen wichtig: die Makro-Ebene durch die Arbeit des Rumänisch-Deutschen Forums sowie die Mikro-Ebene durch die bürgerliche Erziehungsarbeit, die die Stiftungen in Projekten und informellen Tätigkeiten zur Förderung der formellen Bildungsarbeit leisten.

Als Fazit der Tagung hielt Michael Schmidt, Geschäftsführer des Rumänisch-Deutschen Forums, fest: Es sei nötig, die Abwanderung der Fachkräfte aus Rumänien zu stoppen, was man durch vielseitige, im Forum besprochene Maßnahmen erreichten könne.

Das Rumänisch-Deutsche Forum für bilaterale Zusammenarbeit (Forumul de Cooperare Bilaterală Româno-Germană) wurde am 4. Februar 2016 auf Initiative mehrerer Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens in Rumänien gegründet. Ziel des gemeinnützigen Vereins ist es, eine solide Plattform für die Vertiefung der rumänisch-deutschen Beziehungen auf kultureller, sozialer, wirtschaftlicher und wissenschaftlicher Ebene zu entwickeln. Die Tätigkeit des Forums wird vom geschäftsführenden Vorstand koordiniert, dem Andrei Pleşu als Vorsitzender und Michael Schmidt als Geschäftsführer angehören.