Die Geschichte des Kuckucksjungen

Adoptivkinder sollten frühzeitig die Wahrheit erfahren / Adoptionsverfahren heute viel wirksamer

Der Hintergedanke der Weihnachtskampagne des öffentlich-rechtlichen Fernsehsenders TVR war die Förderung der Adoptionen in unserem Land.

Für kinderlose Paare geht ein Traum in Erfüllung, wenn sie es schaffen, ein Kind zu adoptieren. Insgesamt 29 elternlose Kinder fanden im vergangenen Jahr im Kreis Temesch eine neue Familie. Die Zahl blieb im Laufe der Jahre etwa konstant. So wurden im Jahr 2012 ebenfalls 29 Adoptionen durchgeführt, während ein Jahr zuvor diese Zahl 39 betrug. Die Fluktuation sei weitgehend von der Wirtschaftslage und den Gesetzesänderungen bedingt, heißt es vom Temescher Kinderschutzamt.
Die Wohltätigkeitskampagne „Ia-mă acasă de Crăciun“ (deutsch: Hol mich zu Weihnachten zu dir nach Hause), die von dem öffentlich-rechtlichen Sender TVR initiiert wurde, sorgte in diesem Jahr für heiße Debatten. Scharf kritisiert wurde sie unter anderem von Sängerin Nadine, die selbst von ihren leiblichen Eltern verlassen wurde. Sie empfand die Kampagne als Spott dem elternlosen Kind gegenüber, das nicht verstehen könne, wieso es nach den Feiertagen wieder ins Kinderheim zurückgebracht wird. Hintergrund der Kampagne war, die Bürger Rumäniens zu ermutigen, ein Kind zu adoptieren. Ein erster Schritt in diese Richtung sei, den Kontakt zu einem Kind aus einem Heim aufzunehmen. Auch wenn dies zunächst nur an Weihnachten geschieht.

Die Adoption eines Kindes in Rumänien fordert von den Adoptiveltern einige Voraussetzungen. Sie müssen volljährig und mindestens 18 Jahre älter als das Adoptivkind sein. Darüber hinaus muss die Person oder Familie beweisen, dass sie die notwendigen finanziellen Mittel besitzt, als auch genügend Wohnraum, um das Kind großzuziehen. Bedingung ist auch, dass die Person mindestens zwölf Monate vor Einleitung des Adoptionsverfahrens auf dem Gebiet Rumäniens gewohnt hat. „Die meisten Kinder, die adoptiert werden, sind keine Waisen. Die leiblichen Eltern oder der  Elternteil hat jedoch das Sorgerecht verloren“, erklärt Smaranda Marcu, Pressesprecherin des Kinderschutzamtes Temesch. Die Chancen, ein Kind zu adoptieren, seien für eine Familie oder für eine Person dieselben.
Insgesamt 120 Tage nach Einreichung des Adoptionsantrages dauert es, um die Adoptiveltern zu überprüfen. Ein Sozialarbeiter und ein Psychologe kommen zum Einsatz, dabei muss die Familie auch einen Kurs absolvieren. Der nächste Schritt ist die Anpassungszeit Eltern-Kind. Für jedes Kind werden von der Rumänischen Adoptionsbehörde zehn Adoptivfamilien bestimmt, wobei schließlich die passendste gewählt wird. Eine praktische Anpassungszeit folgt, in der die Familie das Kind besuchen kann, um zu sehen, ob sie zueinander passen. Die Adoption wird per Gerichtsbeschluss entschieden, wobei ungefähr zwei Jahre nach der Entscheidung die Adoptivfamilie in jedem Quartal von einem Entsandten des Kinderschutzamtes aufgesucht wird.

„Das Adoptionsverfahren verbesserte sich in den vergangenen 20 Jahren. Dem Recht eines Kindes auf eine Familie wird heute viel mehr Bedeutung beigemessen“, sagt Pressesprecherin Smaranda Marcu. Seit April 2012 können auch Ausländer Kinder aus Rumänien adoptieren. Diese müssen entweder mit dem Kind verwandt, mit einem Bürger Rumäniens verheiratet oder mit einem leiblichen Elternteil des potenziellen Adoptivkindes verheiratet sein. Eine dieser drei Voraussetzungen sei außer den bereits genannten Bedingungen, die eine Familie/Person für eine Adoption qualifizieren, nötig.
„Die Adoption eines Kindes setzt dieselben Risiken voraus wie das Großziehen der eigenen Kinder. Es ist wichtig, dass das adoptierte Kind seine eigene Geschichte kennt. Dabei muss es so früh wie möglich mit der Wahrheit konfrontiert werden“, verrät Smaranda Marcu vom Temescher Kinderschutzamt. Wenn man früher den Kindern verheimlichte, dass sie adoptiert wurden, so gewinnt heute gerade die Wahrheit an Bedeutung. Geschichten, wie jene des Kuckucksjungen, das in ein fremdes Nest gelegt wird, werden mit Erfolg eingesetzt, um den Kindern ihre eigene Lebensgeschichte nahe zu bringen. „Die Verheimlichung der Adoption kann dazu führen, dass das Kind sein Vertrauen in die eigene Familie verliert und Verhaltensstörungen aufweist“, erklärt Smaranda Marcu. Sollten die volljährigen Adoptivkinder die Namen der leiblichen Eltern kennen und diese suchen wollen, so müssten sie sich an die Rumänische Adoptionsbehörde wenden. Wenn sie keine Informationen bezüglich der leiblichen Familie besitzen, so können sie diese nur per Gerichtsverfahren ausfindig machen. Von der Adoptionsbehörde können sie jedoch weitere Informationen bezüglich der eigenen Lebensgeschichte herausbekommen, allerdings bleibt ihnen die Identität der leiblichen Eltern verwehrt.