Die Jungbrunnenformel

Altersforschung: Sieben Faktoren für ein längeres und gesünderes Leben

Je tiefer wir atmen, desto gesünder ist es. | Foto: Matoki Tonn, www.unsplash.com

Mit regelmäßiger Bewegung kann man 14 Jahre Lebenszeit gewinnen. | Foto: Toomas Tartes, www.unsplash.com

Kräuter schmecken nicht nur gut, sie können auch entzündungshemmend wirken. | Foto: Markus Spiske, www.unsplash.com

Viele Menschen hegen den uralten Traum, ewig jung zu bleiben. Biotech-Unternehmen forschen bereits an der Unsterblichkeit des Menschen. Dennoch sterben jährlich global etwa 16 Millionen Menschen vor ihrem 70. Lebensjahr an abwendbaren Zivilisationskrankheiten wie Herzinfarkt, Diabetes, Atemwegserkrankungen, Krebs sowie psychischen Erkrankungen. Der Altersforscher Prof. Dr. Sven Voelpel hat durch seine langjährige Forschungen sieben Faktoren eruiert, die Einfluss auf das biologische Altern haben – und Tipps entwickelt, die uns helfen können, den Vorgang selbst zu beeinflussen und länger gesund zu bleiben. Er hat daraus die sogenannte „Jungbrunnenformel“ entwickelt, die als Buch zum Bestseller geworden ist.

1. Regelmäßige Bewegung 

Der menschliche Körper ist evolutionsbiologisch darauf ausgelegt, aktiv zu sein und längere Strecken zurückzulegen. Diese Fähigkeit rufen wir jedoch nicht mehr genügend ab. Das Leben des modernen Menschen ist bequem geworden. Wir beanspruchen unsere Gelenke und Muskeln nicht mehr so, wie wir es eigentlich sollten. „Sitzen ist das neue Rauchen“, konstatieren mittlerweile einige Mediziner. Zu viel Sitzen schadet den Beinvenen, der Muskulatur und der Haltung. Der Bewegungsmangel begünstigt viele Zivilisationskrankheiten, die eigentlich größtenteils vermeidbar wären.  

Muss man daher zum Leistungssportler werden, um dem Alter ein Schnippchen zu schlagen? Nein! Beim Leistungssport kommt es oft zu einseitigen Belastungen. Am gesündesten ist es, Bewegung in den Alltag zu integrieren. Dazu gehört beispielsweise, möglichst viele Wege zu Fuß zu gehen oder anstatt des Aufzugs auch mal die Treppe zu nehmen. Ebenso kann man seine Muskeln durch Eigenkraftübungen stärken und aufbauen, ohne dabei in ein Fitnessstudio zu gehen. Mit regelmäßiger Bewegung kann man locker 14 Jahre an Lebenszeit gewinnen.

2. Richtige Ernährung 

Alterungs-Beschleuniger sind sehr oft Entzündungsherde. Der menschliche Körper schüttet mit dem Alter immer mehr Proteine aus, die Entzündungen begünstigen können. Sie entstehen beispielsweise bei einem zu hohen Glukosespiegel im Blut. Der Zusammenhang zwischen Blutzuckerspiegel, Gesundheit und Lebenserwartung ist sehr klar. Entzündungen können sich im ganzen Körper entwickeln. Im Gehirn können sie zu Demenz und in den Gelenken zu Arthrose führen. Mit der richtigen Ernährung kann man vielen Entzündungen vorbeugen, ohne auf Medikamente zurückgreifen zu müssen. Mit einer basischen und hauptsächlich pflanzlichen Ernährung ist man auf dem richtigen Weg. Aus rein wissenschaftlicher Perspektive ist eine vegane Ernährung die gesündeste, da Fleisch und auch Milchprodukte Entzündungen im Körper verursachen können. Sollte man daher Veganer werden? Wie bei vielen Dingen im Leben kommt es auf das Maß an. Bei der Ernährung sollte man auf möglichst frische und saisonale Zutaten aus der Region achten und auf industriell verarbeitete Produkte weitgehend verzichten. Beim Essen auf das eigene Hungergefühl achten. Langsames Essen und ausgiebiges Kauen helfen, die Sättigung besser wahrzunehmen. Wer sein Essen quasi hinunterschlingt, isst in der Regel mehr, da das Sättigungsgefühl erst später einsetzt. Bei der Nahrungsaufnahme ist es für die Verdauung hilfreich, wenn man Lebensmittelkombinationen beachtet. Zeitpunkt und Reihenfolge der Nahrungsmittel spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. Um unsere Geschmacksknospen zu entlasten und wiederzuentdecken, sollte der Zucker- und Salzkonsum deutlich reduziert werden. Man kann beim Würzen der Speisen mehr auf Kräuter setzen. Basilikum, Rosmarin oder Petersilie stecken voller Aromen, wichtigen Nährstoffen und wirken zudem antiseptisch. Sie sind natürliche Entzündungshemmer. 

Darüber hinaus zeigen Studien, dass eine gewisse Kalorienreduktion und auch die Zeitfenster, wann man isst, eine lebensverlängernde Wirkung haben. Das sogenannte intermittierende Fasten ist in den letzten Jahren zum Trend geworden. Hierbei gibt es mehrere Varianten. Beim 16:8-Fasten verzichtet man 16 Stunden lang auf Nahrung und legt seine Mahlzeiten in das verbleibende 8-Stunden-Fenster. Beim 5:2 Rhythmus fastet man an zwei Wochentagen und isst während der restlichen fünf Tage normal. Essenspausen entlasten unser Verdauungssystem und den Körper. Mit Fasten lassen sich darüber hinaus viele weitere gesundheitliche Vorteile erreichen, langfristig auch eine gesunde Gewichtsabnahme. Unser Körper ist von jeher da-rauf ausgelegt, auch zeitweise ohne Nahrung auszukommen. Durch den Kalorienüberfluss, an den wir uns in den Industriegesellschaften gewöhnt haben, ist dies in Vergessenheit geraten. Während des Fastens befindet sich der Körper in einem Kurzurlaub: Der Schlaf verbessert sich und man braucht dann auch weniger für die Regeneration. Ausreichendes und regelmäßiges Trinken ist ebenso essentiell für ein gesundes und längeres Leben. Bevorzugter Durstlöscher sollte dabei immer Wasser sein. Alkohol oder auch Koffein sollten in Maßen konsumiert werden. Übermäßiger Alkohol- und Zigarettenkonsum kann bis zu 18 Jahre Lebenszeit kosten. Wenn man sich grundsätzlich gesund und ausgewogen ernährt, spricht überhaupt nichts dagegen, sich hin und wieder auch einmal eine kleine Sünde aus dem Kühlschrank zu erlauben. 

3. Erholsamer Schlaf 

Gesunder Schlaf richtet sich nach den individuellen Ansprüchen – die sich zwar in genetisch festgelegten Bahnen bewegen, aber durchaus auf äußere Einflüsse ansprechen. Respektiert man Parameter wie Chronotyp, fettarme Ernährung, Stressreduktion etc., kann man aktiv zu einer besseren Schlafqualität beitragen. Und wer ausgeschlafen ist, ist auch gesünder, fitter und jünger. Wer dauerhaft weniger als sieben Stunden schläft, reduziert beispielsweise seine Immunabwehr gegen eine Krebserkrankung um 70 Prozent. Setzt man sich selbst regelmäßige Zubettgehzeiten, kann sich der Körper auch besser darauf einstellen.

4. Tiefe Atmung 

Durchschnittlich macht ein Mensch über 20.000 Atemzüge pro Tag. Sie versorgen den Körper mit lebensnotwendigem Sauerstoff und sind für unser seelisches Gleichgewicht von Bedeutung. Wie wir atmen, sagt oft auch viel darüber aus, wie wir uns fühlen. Was ist jedoch eine gesunde Atmung? Ein gesunder Mensch atmet 10 bis 15 Mal pro Minute. Wenn jemand krank ist, atmet er deutlich mehr. Eine gesunde Atmung setzt sich aus zwei Teilen zusammen: zum einen die ununterbrochen und völlig autonom ablaufende vegetative Körperfunktion, für die das Atemsystem zuständig ist, und zum anderen das willentlich beeinflussbare Luftholen, das weitreichende Auswirkungen auf Gesundheit und Wohlbefinden hat. Dementsprechend gibt es zwei Ebenen, auf denen man aktiv werden sollte. Legt man die Grundlage für eine bestmögliche Sauerstoffversorgung, stärkt das die Gesundheit und verlangsamt den Alterungsprozess. Besonders wichtig ist es, tief in den Bauch zu atmen. Nutzt man die Effekte einer achtsamen Atmung, wird das Luftholen zur Kur für Körper und Geist.

5. Körper und Geist entspannen

Entspannung ist ein physiologisches Grundbedürfnis, das sich maßgeblich auf den Gesundheitszustand von Körper und Geist auswirkt, in unserer Leistungsgesellschaft aber oft zu kurz kommt. Gesteht man sich und seinem Körper genügend Regenerationszeiten zu und gestaltet diese aktiv entsprechend der eigenen Bedürfnisse und Vorlieben, findet man nicht nur zu mehr Ausgeglichenheit, Zufriedenheit und Lebensqualität, sondern beugt auch Krankheiten vor und verlangsamt den Alterungsprozess. 

6. Soziale Kontakte

Soziale Kontakte sind ein tief verwurzeltes und evolutionär entwickeltes Bedürfnis und für unsere körperliche und psychische Gesundheit von besonderer Bedeutung. Eine intensive Kontaktpflege ist unerlässlich für ein aktives, glückliches, erfülltes und gesundes Leben. Und zwar nicht nur für uns selbst, sondern auch für andere – denn soziale Kontakte bilden die Grundlage, die eine Gesellschaft zusammenhält. Alleinsein kann uns krank machen. Es gibt reichliche Beispiele dafür. Wer sich allein fühlt, erholt sich im Schlaf schlechter als Menschen, die sich als Teil einer Gemeinschaft empfinden. Leiden Menschen unter sozialer Isolation, werden Gene aktiviert, die Entzündungsprozesse auslösen, während Gene blockiert werden, die für die Abwehr von Krankheitserregern verantwortlich sind. Menschen sind anfälliger für Krankheiten, wenn ihnen ein soziales Netzwerk fehlt. 

7. Innere Einstellung

Die eigene Gesundheit hängt im Wesentlichen auch von der inneren Einstellung zum Leben ab. Besondere Achtsamkeit kann uns dabei helfen, unseren Körper und seine individuellen Bedürfnisse besser wahrzunehmen. Eine gesunde Einstellung zum Leben ist eng mit einer achtsamen Lebensweise verknüpft. Beides ist Voraussetzung für ein langes und gesundes Leben. Die innere Einstellung bereitet den Boden für die anderen sechs Faktoren und ist maßgeblich dafür verantwortlich, ob wir etwas tun, was wir tun, wie viel wir tun und mit welchem Erfolg wir es tun. Wer stets negative Gedanken und eine negative Einstellung hat, kann auf lange Sicht nicht glücklich werden und daher auch nicht gesund bleiben. Wissenschaftler haben nachgewiesen, dass es glücklich macht, sich regelmäßig vor Augen zu führen, wie glücklich man ist. Diesen Effekt der positiven Verstärkung kann man auch nutzen, den eigenen Geist quasi darauf zu programmieren, gesund zu sein. Ist man dankbar und glücklich dafür, gesund zu sein, erhöht sich auch die Wahrscheinlichkeit für einen guten Gesundheitszustand. Dankbarkeit für die Dinge, die man im Leben hat, löst ein Glücksgefühl aus, welches wiederum Stress abbaut. Mit weniger Stress lebt es sich daher auch entspannter und gesünder.