Die Lage verschlechtert sich

Einige Überlegungen, so lange Nach-Denken noch erlaubt ist.…

Der rumänische Gesundheitsminister, Vlad Voiculescu, wurde von Premierminister Florin Cîțu aus seinem Amt entlassen. Nach einer kurzen Amtszeit, während der er Ziel der unfairsten und unzivilisiertesten Attacken der Opposition und der Koalitionspartner seiner PLUS ausgesetzt war.

Ein Angriffspunkt war der Tatsache, dass die Medien der Opposition (der „Sozialdemokraten“, die nichts mit Sozialdemokratie zu tun haben, heute eher Weggefährten der russischen Politik sind) das Studium von Voiculescu in Frage stellten. Ein Studium, das der junge Mann an einer der besten Wirtschaftsuniversitäten Europas abgeschlossen hat, an der Wirtschaftsuniversität Wien – von so etwas können seine Verleumder nicht mal träumen.

Es ging weiter mit den Entscheidungen des Minister betreffs der Umorganisierung des Gesundheitswesens (Wettbewerbe für die Besetzung der Managerposten der Krankenversicherungskassen = Kappen der Pfründe für die Parteivasallen). Es folgten die unglücklichen Ereignisse mit dem Umzug der Patienten aus dem Foi{or-Krankenhaus und der Tod der Covid-Kranken wegen eines Defekts der Beatmungsgeräte. Man könnte fast den Eindruck gewinnen, dass man in einem Land lebt, in dem Elektrizität gestern eingeführt wurde…

Schlimm. Eine Katastrophe! Aber es stellt sich die Frage, ob dieser junge Mann, der nicht den Seilschaften der Arztmillionäre des Gesundheitswesens angehört, auch wirklich die Schuld für diese unglücklichen Ereignisse trägt. Denn die Medien, die am aggressivsten gegen Voiculescu (und die USR-PLUS-Minister) agieren, erwähnen nie, dass das Gesundheitswesen in den letzten 30 Jahren eben von der heutigen Opposition, gemeinsam/abwechselnd mit den Liberalen, verwaltet wurde und in so diesen Zustand gelangt ist. Aber sie haben den Sündenbock. Vlad Voiculescu, der Minister.

Über die Jahre der Roman-Iliescu-Năstase-Tăriceanu-Ponta-Grindeanu-Tudose-Dragnea-Dăncilă-usw.-Regierungen wurde das kriminelle System ausgebaut (sicher: mit massiver Unterstützung eines guten Teiles der Ärzteschaft), in dem die großen Summen der Krankenkassa (durchschnittlich um rund zehn Milliarden Euro jährlich) ausgegeben werden, während die einfachsten Dienstleistungen in den privaten Kabinetten der Ärzte privat bezahlt werden, um als Patient im gesundheitlichen Ernstfall wieder im staatlichen Krankenhaus zu landen (mit viel „Kleingeld“ zum Schmieren in der Tasche), in dem man von Käfern heimgesucht wird, sich selbst privat die Arzneien kaufen muss, oder, noch schlimmer und immer öfter, einem Brand zum Opfer fallen kann. Niemand hat dafür bis jetzt verantwortet, von Suceava bis nach Bukarest und von Bukarest bis nach Neamț.

Aber der junge Minister wird zur Verantwortung gezogen und seine Parteikollegen werden des Neomarxismus beschuldigt. Von wem? Von einem Parteichef der PSD, der, Presseberichten zufolge, in seinem Leben noch nie einer geregelten Arbeit nachging, bevor er in die Politik eingetreten ist. Der aus der Umgebung eines umstrittenen und langjährigen PSD-Parteibonzen des Kreises Vrancea kommt. Übrigens: Ein Landkreis, in dem sich das Mausoleum von Mărășești befindet, das den gefallenen rumänischen Soldaten des Ersten Weltkrieges gewidmet ist, wo aber der Patriotismus des ehemaligen Kreisratsvorsitzenden nicht ausgereicht hat, um das Umfeld des Mausoleums sauber zu halten... 

Vermutlich hat der amtierende Parteichef bislang nicht allzu viel von schulischer Bildung gehört. Ist er doch vorgeblich Chef einer Partei, die direkt aus der Lehre von Marx hervorgeht, die Manieren der Bolschewiki aber sehr rasch übernommen hat…

Der geschasste Minister hat sich auch gegen die an die Fernsehsender und Medien bezahlten Werbesummen geäußert und sich so quasi die gesamte rumänische Presselandschaft zum Feind gemacht.

Und zum Feinde hat er sich auch die Vertreter der militarisierten Institutionen gemacht, indem er die Liste mit den tausenden außer der Reihe geimpften Familienangehörigen bekannt machte. Die Bedeutung dieser Geste wurde gar nicht von der rumänischen Presse erfasst, denn sie zeigt uns, dass sich in der Selbstwahrnehmung aller, die diesen Strukturen angehören, nichts verändert hat, sie glauben sich noch immer über allen anderen befindlich und unangreifbar, denn man brauche sie.

Ein vernünftiger Umgang mit Geld scheint den rumänischen Politikern nichts zu taugen, sie müssen einfach, nach alten (Un)Regeln, über Gelder verfügen, ohne dafür Rechenschaft zu geben.

Den Minister stempeln sie im Handumdrehen zum Sündenbock, aber dieselben Medien und Politiker sehen nicht eine Frau Senatorin Șoșoacă, wie sie jede Benehmens-Regel, ganz abgesehen von politischen Regeln, zertrampelt, wie sie zu sozialem Ungehorsam aufruft und es praktiziert, wie sie und viele andere „politische und künstlerische Persönlichkeiten“ gegen die Corona-Schutzmaßnahmen agieren, wie Fernsehsender und, unglaublich, auch Ärzte uns überzeugen wollen, uns mit einem Arzneimittel aus der Tiermedizin gegen das Virus zu behandeln, wie sich die Dame offen gegenüber Russland entschuldigt, weil eine Handvoll Nachkommen der von den Sowjets im April 1941 bei Fâtnâna Albă ermordeten Bukowiner Rumänen, die auf der Flucht vor der sowjetischen Diktatur ins Land kommen wollten, vor der Botschaft Russlands gedenken und an jenes Massaker erinnern. Man „vergisst“, dass russische Truppen nahe zur ukrainischen Grenze verlagert wurden...

Der Minister wird ausgetauscht. In der letzten Zeit haben sich auch liberale Kreise unzufrieden gezeigt über die Kooperation mit USR-PLUS im Rahmen der Koalition. Medienberichten zufolge soll Dacian Ciolo{, der Vorsitzende der PLUS-Partei, plötzlich ein Nachkomme von Angehörigen der rumänischen Securitate sein – was auf keine Weise bewiesen wurde. Wer lanciert diese Behauptung? Leute, die höchstwahrscheinlich aus dem Umfeld der ehemaligen und neueren Geheimdienste kommen, einer sogar mit einem brisant nationalistischen Ton, der (gegenwärtigen und ehemaligen) Fernsehmoderatoren keineswegs zusteht.

Ja, die Medien...

Zum Staunen, dass sich Präsident Johannis so irreführen lassen und mit Leuten umgeben hat, die selbst von Weitem betrachtet nicht glaubwürdig sind. Denn er ist mit einem sehr starken Kapital an Glaubwürdigkeit gewählt worden und muss dieses Kapital bewahren. Ansonsten richtet er nicht nur für sich selbst großen Schaden an.

Was wir nur ahnen oder aus Presseberichten herauslesen können, ist, dass Voiculescu extrem stark die Interessen der Mafia aus dem Gesundheitswesen bedroht hat, diese sich in Gefahr wähnte und PSD und PNL zum gemeinsamen Vorgehen anstiftete oder zwang, dem Minister den Gnadenstoß zu geben. Und die Vollstrecker dieser Politik begleiten diesen fernsehwirksam mit dem Spektakel von zwei ehrenwerten Damen, die der geschassten Staatssekretärin Andreea Moldovan im Gesundheitsministerium bei ihrem Weggang aus dem Ministerium ein widerliches Spiel bieten: Geschrei, Gezänk, vulgäre Aussagen gegen eine Person, die mit ihrem Krankenhaus in Kronstadt einen absolut positiven Rekord aufgestellt hat. Sie zeichnen aber ein Bild, wie Rumänien in Zukunft regiert werden könnte, wenn die Opposition an die Macht kommen würde. 

Die transparteiischen Interessen sind sicher größer als das am Wohlbefinden und Gesundheitszustand des Bürgers Rumäniens. All dies geschieht während der Impfkampagne und vor den orthodoxen Ostern. Eine kritische Zeit, indessen diejenigen, die für die Gesundheit der Nation sorgen müssen, nicht unbedingt die Zusammenarbeit freundlich gesinnter Institutionen gesichert haben.

Ein Minister ist gescheitert. Man kann nur hoffen: nicht endgültig, denn obwohl man viel Optimismus haben muss, zu glauben, diese rumänische politische Festung (das Gesundheitswesen ist nur ein Teil davon) erobern zu können, gebaut aus Geldgier-Diebstahl-Korruptions- und Mental-Reminiszenzen der kommunistischen Zeit, östlich-religiösem Fanatismus und Einfluss von totalitären Mächten. Das Antieuropäertum dieser Kräfte ist so groß, und die wahrnehmbare Feindschaft gegenüber demokratischen europäischen Regeln und Institutionen so enorm, dass Rumänien wieder kurz vor einem Seitenwechsel stehen würde, wären wir nicht (noch) Vollmitglieder der NATO und der Europäischen Union.

Die Koffer von Liviu Dragnea stehen immer bereit. Diese lagern aber nicht in Berlin, sondern östlich des Pruths. Curat murdar heißt es beim unsterblichen Caragiale in seinem „Verlorenen Brief“, was im Deutschen mit „säuberlich dreckig“ nur unvollständig übersetzt ist, doch besser hätte ein Mensch der Gegenwart die Situation nicht darstellen können.