Die langen Ferien sind zu lang

Was machen wir mit den Kindern im Sommer?

Symbolfoto: pixabay.com

Als Kind habe ich mich immer auf die Sommerferien gefreut, auf das stundenlange Spielen im Kornfeld neben dem Wohnblock, mit den anderen Kindern aus der Nachbarschaft, auf die Besuche bei den Großeltern und bei Verwandten. Auf die Ausflüge und Ferienlager, auf das Meer, die Berge, später auch auf das Ausland.
Die Reisen, Ausflüge, Ferienlager und Besuche gehören für viele Kinder auch heutzutage zum Sommer dazu. Doch womit ersetzt man das Kornfeld und den Spielplatz vor dem Wohnblock (die entweder geschrumpft, oder zubetoniert wurden), wo man von morgens bis nachmittags spielte, wenn die Eltern von der Arbeit kamen? Welche Beschäftigungen bieten Eltern, die täglich in die Arbeit gehen müssen, ihren Kindern?

Die längsten Ferien

Ein Blick in die Bildungsdatenbank Eurydice zeigt: Rumänien ist europaweit eines der Länder, in denen die Sommerferien am längsten dauern. Rund drei Monate haben die Kleinen, zwischen dem 10. Juni und dem 14. September, keinen Kindergarten, beziehungsweise schulfrei. Bei privaten Anstalten sind die Ferien rund vier Wochen kürzer, weil sie vom 1. Juli bis zum 1. September dauern. Über den langen Sommer können sich auch die Balten und andere Südeuropäer freuen, in Bulgarien haben die Jüngsten sogar bis zu 16 Wochen Ferien. Da müssen die Eltern schon kreativ werden, um ihre Sprösslinge ein Vierteljahr lang zu beschäftigen. Nach einem Urlaub, der gewöhnlich ein bis zwei Wochen dauert, gehen die Eltern wieder arbeiten, und die Kinder müssen betreut werden.

Nicht immer hat man die Großeltern oder Verwandten in der Nähe, oder man kann nur bedingt auf deren Hilfe bauen. Vor dem Wohnblock oder in den benachbarten Parks werden vor allem kleinere Kinder seit Jahren nicht mehr unbeaufsichtigt gelassen (wegen dichtem Verkehr, der oftmals schlechten Begrenzung der Spielplätze, Mobbing, usw.), geschweige denn, dass sie den ganzen Tag draußen verbringen. So kommen Kindermädchen – wer sie sich leisten kann oder eines findet, dem man das Kind unbesorgt anvertrauen kann – im Sommer zu vollem Einsatz. Sommerschulen ringen intensiv um Kandidaten, die Angebote an Kursen sind äußerst vielfältig und bunt und können oft den gesamten Sommer abdecken. Allerdings muss man da tief in die Tasche greifen – die Preise beginnen bei 250 Lei für ein kurzes Programm und können bis zu 650 Lei pro Woche, Verpflegung inklusive, erreichen. „Meine Rettung sind die Ferienlager“, sagte einst die schwangere Mutter eines 6-jährigen Jungen. Ferienlager dauern in der Regel fünf bis sieben Tage und kosten mindestens rund 1000 Lei. 

Kleine Gemeinschaften 

Aus der Notwendigkeit heraus sind kleine Gemeinschaften entstanden, in denen Mütter abwechselnd die eigenen und Kinder der Freundinnen/Bekannten hüten. „Heute kümmere ich mich um deine Kinder und du hast einige freie Stunden, morgen lass ich meine Kinder bei dir und kann Sachen erledigen“, erklärt Eliza. Sie hat vor Ferienbeginn in einer geschlossenen Gruppe für Eltern aus Kronstadt/Brașov auf Facebook gefragt, ob jemand an so einem Konzept interessiert sei. In wenigen Minuten erhielt sie mehrere Dutzend positive Antworten. In einer Gemeinschaft zu leben, wie das in alten Zeiten der Fall war, erweist sich als hilfreich. 

Die langen Ferien mögen wohl für Kinder herrlich sein, doch ist so mancher Grundschullehrer keineswegs genauso begeistert: „Im Herbst, wenn die Kinder wieder in die Schule kommen, haben sie alles vergessen, was sie im Vorjahr gelernt haben, und man muss von Neuem beginnen“, äußert eine Grundschullehrerin ihre Meinung.
In vielen Ländern Europas, den Vereinigten Staaten oder beispielsweise in Japan sind die Sommerferien in der Regel vier bis acht Wochen lang, nur im Schweizer Kanton Aargau währen sie drei Wochen. Der Unterricht dauert allerdings vielerorts, ähnlich wie in Rumänien, etwa 170 Tage, wobei aber die Ferien während des Schuljahres in regelmäßige Intervalle aufgeteilt sind, sodass ein Ausgleich zwischen Unterrichts- und Freizeit entsteht. In Schweden beispielsweise, wo die Sommerferien zehn Wochen dauern, gibt es im Laufe des Schuljahres einen guten Rhythmus, der nach mehr oder minder zwei Monaten Unterricht zwei Wochen Ferien vorsieht. Auch in Deutschland und der Schweiz, wo es, je nach Ländern oder Kantonen, starke regionale Unterschiede gibt, ist der Unterricht meist so aufgebaut, dass die Schüler nicht überfordert werden und nach wenigen Monaten Schule kurze Ferien haben. In Rumänien erhalten die Kinder nach 15 Wochen Unterricht drei Wochen Winterferien, dann wieder drei Wochen Schule, gefolgt von einer Woche Ferien. Nach weiteren neun Schulwochen folgen zwei Wochen Frühlingsferien, fünf Wochen Schule und die 13 Wochen Sommerferien. Kindergarten und Grundschule haben noch eine Woche frei im Herbst. Während des gesamten Schuljahres gibt es noch zahlreiche freie Tage wie Neujahr, Karfreitag, Maria Himmelfahrt oder den Tag des Heiligen Andreas, aber auch den Tag der Vereinigung der rumänischen Fürstentümer, den Tag der Arbeit, den Kindertag oder den Nationalfeiertag Rumäniens. Genau wie die Ferien im Februar, die nach nur drei Schulwochen einsetzen, wirken auch manche freien Tage manchmal wie ein Schluckauf im Unterrichtsjahr, hatte man sich doch gerade erst an das Schulprogramm gewöhnt, und nun folgt wieder eine kurze Pause.

Kürzere Sommerferien, dafür aber längere Auszeiten, gleichmäßig verteilt, innerhalb des Schuljahres wären auch im rumänischen Schulsystem mehr als willkommen. Dann könnten sich alle sowohl auf die Ferien, wie auch auf die Schule freuen.