Die Post von einst

Ausstellung beim Kronstädter Hauptpostamt

Seit 1906 in Betrieb – das Kronstädter Hauptpostamt. Fotos: der Verfasser

In einem Eckbereich der großen Halle des Kronstädter Hauptpostamts kann in diesen Tagen eine Ausstellung besucht werden, die der Geschichte des rumänischen Postwesens gewidmet ist, wobei der Fokus auf die Post in Siebenbürgen und in Kronstadt / Bra{ov gerichtet wird. Es ist sicherlich von Interesse zu erfahren, welche Bedeutung der Post im 19. Jahrhundert zukam. Seit gut zwei Jahrzehnten ist  das Postwesen bekanntlich in einem Wandel begriffen. Der klassische Briefversand spielt eine immer geringere Rolle, da es viel schneller, billiger und vielleicht auch sicherer ist, über die sozialen Netzwerke, in einer E-Mail oder in einer SMS Mitteilungen zu verfassen und weiterzuleiten. Ansichtskarten und Grüße aus dem Urlaub gehören der Vergangenheit an – viel wirkungsvoller ist es, sich in einem Selfie selber am Meeresstrand oder auf dem Berggipfel in Szene zu setzen. Renten, Kindergeld und andere Geldüberweisungen laufen verstärkt über Kreditkarten und nicht mehr über Postboten.

Die Post verliert auch in Kronstadt an Kunden. Sie versucht durch erweiterte und neue Dienstleistungen (z. B. Begleichung von Strom oder Gasrechnungen, Fax-Versand, Verkauf von kleinen Geschenkartikeln, Schulutensilien und ähnlichen Produkten) im Geschäft zu bleiben. Das weit verbreitete Netzwerk von Postämtern und der eigene Fuhrpark sind Pluspunkte für diesen staatlichen Betrieb der aber durch mangelnde Zuverlässigkeit, Unpünktlichkeit und Personalmangel immer wieder Grund zu öffentlicher Kritik gibt. Der Versuch, das Image der Post mit ihrer bemerkenswerten Geschichte zu verbessern, ist einerseits zu begrüßen, andererseits verpflichtet diese Tradition die Postangestellten von heute, keinen Vergleich mit ihren Vorgängern zu scheuen.

Ob die Ausstellung viele Besucher anziehen kann, ist fraglich. Denn heute ist die Schalterhalle der Kronstädter Hauptpost viel zu groß für die wenigen Kunden, die da zu tun haben. Und wenn sie schon da sind, besteht die Gefahr, dass sie keine Lust haben werden, die Schautafeln zu lesen, weil der Gang zur Post zu oft mit verlorener Zeit oder möglichem Ärger mit den Beamten hinter den Schaltern verbunden wird.
Die Kronstädter Post befindet sich seit 1906 in dem heutigen Gebäude. Es war die Zeit, als auch der Justizpalast und der Finanzpalast entstanden, also repräsentative Gebäude eines Stadtzentrums, für das die Innenstadt mit der Zeit zu eng wurde. In Kronstadt gibt es aber auch die Postwiese/Livada Poștei – eine Bezeichnung, die direkt in Verbindung mit dem Postwesen steht. Von den Schautafeln kann man erfahren, dass da ab 1775 der Weideplatz für die Pferde der Postkutschen lag, zu einer Zeit, in der dieses Gelände noch unbebaut war. Da befand sich ein erstes Postamt, das später abgerissen wurde, um ein Wirtshaus (rum. „La Coroana de Aur“) zu bauen. Die Post war in einem Flügel dieses Gasthauses in der heutigen Klostergasse untergebracht. 1889 werden Post und Telegrafenamt zusammengelegt und unter die Leitung von Eduard Kopanitsch gestellt. Der neue Sitz befand sich (bis 1906) auf der Postwiese im Gebäude der Rentenkasse (heute Rektorat der Kronstädter Transilvania-Uni). Urkundlich belegt sind auch die Namen einiger Personen, die in verschiedenen Ämtern im Dienste der Kronstädter Post standen (Teodor Rusu, Francisc Körner, Francisc Progracz, Josef Schmidt, Emmerich Deak, Francisc Szinte u. a.).

Interessanter sind einige Details, die ein Bild davon vermitteln, wie die Post damals arbeitete und wie sie versuchte, ihren Kunden entgegenzukommen. Einige Beispiele: 1893 wird beim Hotel Elisium im Noua-Viertel ein zusätzlicher Briefkasten aufgestellt; die Öffnungszeiten bei der Post waren 7-12 Uhr und 14-20 Uhr. Später wurde auch ein Nachtdienst (bis 01.00 Uhr) eingeführt. 1888 wurden dank des Kronstädter Vereins für Stadtverschönerung Neujahrs-Grußkarten in Rumänisch, Deutsch und Ungarisch in den Handel gebracht. Sie konnten für 3 Kreuzer bei den Buchhandlungen Zeidner, Ciurcu, Albrecht und Zillich gekauft werden. Die 1891 aus Wien bestellten deutschen Neujahrs-Grußkarten wurden von der Hermannstädter Postzentrale beschlagnahmt und nach Budapest versandt. Bis zum 1. November 1878 wurden die Postgebühren der Entfernung des Versands entsprechend (nach der Anzahl der Poststationen) berechnet. So kostete eine Postsendung von Hermannstadt nach Kronstadt 10 Kreuzer und eine Postsendung von Hermannstadt nach Temeswar 22 Kreuzer. Später wurde alles vereinfacht und eine einheitliche Gebühr eingeführt. Für den Versand außerhalb Österreich-Ungarns mussten zusätzlich 10 Kreuzer bezahlt werden. Um eine schnellere Abfertigung und Zustellung der Postsendungen zu sichern, fuhr ein Postbeamter bis Kleinkopisch. Im Zug sortierte er die Briefe, Zeitungen und Pakete nach den Empfängern, um sie in Kronstadt eine Stunde früher (um 8.30 Uhr) austeilen zu können. Auch damals gab es Beschwerden wegen der Zuteilung der Zeitungen. Die Leser der „Gazeta de Transilvania“ klagten über unregelmäßige Zustellung ihrer Zeitung, über zerrissene oder unvollständige Zeitungspakete. Nicht alle Postboten konnten seinerzeit die in kyrillischer Schrift adressierten Briefadressen entziffern. Deshalb hieß es: „Schreibt lateinisch oder schreibt deutsch („nemțește“)!“
Angegeben wird auch eine interessante Statistik der 1889 in Siebenbürgen und Ungarn im Postverkehr befindlichen Zeitungen: 48 ungarische, 28 deutsche, je fünf rumänische und serbische, vier kroatische, zwei französische und je eine italienische und slowakische.

Illustriert wird die Ausstellung anhand alter Post- und Grußkarten aus dem 19. Jahrhundert, einer Karte der wichtigsten Postverbindungen, Tabellen und historischer Daten zu den damaligen Briefmarken. Hinzu kommt noch eine Tafel einer älteren Ausstellung mit Hinweisen, was die Stellung der Briefmarke am Umschlag (links, rechts, Mitte, oben, unten) symbolisieren konnte oder die Art und Weise, wie diese aufgeklebt wurde (gerade oder schräg).