„Die Regeln müssen eingehalten werden“

Ovidiu Gan] im Interview mit dem Deutschlandfunk zur EU-Ratspräsidentschaft Rumäniens

Unter dem Titel „Die Regeln müssen eingehalten werden“ ist auf der Homepage des Deutschlandfunks das Interview mit dem Abgeordneten des Demokratischen Forums der Deutschen (DFDR), Ovidiu Ganț, angekündigt, das am 30. Dezember 2018 gesendet wurde. Das Gespräch hatte Benedikt Schulz geführt, Anlass war der Beginn der EU-Ratspräsidentschaft Rumäniens am 1. Januar 2019.
Die Interview-Vorschau des Deutschlandfunks lautet: „Der rumänische Parlamentsabgeordnete Ovidiu Ganț macht sich Sorgen wegen der EU-Ratspräsidentschaft seines Landes ab dem 1. Januar. Die Ratspräsidentschaft habe man auf Basis der Prinzipien und des Vertrags der EU zu managen, sagte Ganț. Und diese Prinzipien müssten auch im Inland gelten. Er kritisierte ‘populistische Rhetorik’ und ‘absurde antieuropäische Thesen’ von rumänischen Politikern. (...)

Brüssel hatte Bukarest im November erhebliche Defizite bei Rechtsstaatlichkeit und Korruptionsbekämpfung bescheinigt. Kurz vor Weihnachten hatte die rumänische Ministerpräsidentin Viorica Dăncilă erbost erklärt: ‘Wir werden kritisiert, ohne es zu verdienen, wir werden bestraft, nur weil wir ein osteuropäisches Land sind'. Ganț sprach von ‘Parolen für das Inland’, die zu Recht in anderen europäischen Hauptstädten schlecht ankämen.
Von der EU und von seiner Regierung forderte Ganț die Einhaltung der vereinbarten Regeln. Sein Land erfüllte bereits 2011 die Kriterien, um dem Schengen-Raum beizutreten. Trotzdem werde dies politisch abgelehnt, kritisierte der Abgeordnete. Dies könne auch er als überzeugter Europäer nicht verstehen – und dies könne man der Bevölkerung in Rumänien nicht erklären. Hier sei die EU gefragt. Im Gegenzug dürfe aber auch Bukarest EU-Vorgaben nicht ignorieren. ‘Gegenseitigkeit muss funktionieren und Regeln müssen eingehalten werden’, sagte Ganț.“

Im Folgenden nun die detaillierten Ausführungen des Abgeordneten auf die Fragen des Journalisten.
Seiner ersten Frage, ob Rumänien für die EU-Ratspräsidentschaft vorbereitet sei, schickt der Deutschlandfunk-Journalist Schulz einerseits die EU-kritischen Aussagen der rumänischen Premierministerin und andererseits die politische Situation im Land voraus, das sich „seit zwei Jahren im Krisenmodus“ befindet mit wechselnden Ministerpräsidenten und Dauerclinch zwischen Regierung und Präsident Johannis. MdP Ganț antwortet auf die Frage, das Land sei – so wie es Jean-Claude Juncker sagte – aus technischer Sicht vorbereitet, denn es gibt Profis, die die notwendigen Vorbereitungen getroffen haben. Sorgen bereiten ihm jedoch die Äußerungen rumänischer Politiker gegen die EU, die die Glaubwürdigkeit einer Ratspräsidentschaft beeinträchtigen. Das Managen der Ratspräsidentschaft auf der Basis der Prinzipien der EU und deren Vertragswerk bedeutet, dass die nach außen vertretene Rechtsstaatlichkeit und Justiz zum Beispiel auch im Land umgesetzt werden. Der DFDR-Abgeordnete wünschte, dass Rumänien mit der Abwicklung des Brexit, das er als „ein einmaliges, trauriges Ereignis“ bezeichnete und wo alle Mitgliedsstaaten gefordert sind, nicht allein gelassen wird. Andere schwierige Fragen seien der Haushalt und die Europa-Wahlen. Es werde also keine leichte Ratspräsidentschaft sein, dennoch hofft er, dass diese sich auf das Verhalten der Regierung im Land positiv auswirken wird. Dass die EU-Kommission ein osteuropäisches Land anders behandelt, sei populistische Rhetorik.

Nachgehakt hat der Journalist, ob hinter der EU-Skepsis und dem Gefühl, als EU-Mitglied zweiter Klasse behandelt zu werden, bis zu einem gewissem Grad nicht doch ein wahrer Kern stecke. Glaubwürdigkeit entstehe nur, wenn jeder Mitgliedsstaat und die EU konsequent aufgrund der Prinzipien und der Verträge agieren und jede Ausnahme und Sonderbehandlung vermeiden, weil diese von populistischen Kräften ausgenutzt werden zum Stimmenfang, antwortete MdP Ganț. Als Beispiel gab er die politisch motivierte Ablehnung des Beitritts Rumäniens zum Schengen-Raum an. Umgekehrt könne es nicht sein, dass es einen Kontrollmechanismus gibt, der dem Land das Einhalten gewisser Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit vorschreibt, und die Regierung in Bukarest diesen völlig ignoriert. Sein Fazit: Eine Gegenseitigkeit muss funktionieren und die Regeln müssen eingehalten werden.

Was er sich von der Ratspräsidentschaft für die Politik im Land in Sachen der schleppenden und von der Regierung zum Teil sabotierten Korruptionsbekämpfung erhoffe, lautete eine weitere Frage. Ovidiu Ganț meinte, es benötige den Konsens aller Beteiligten bei der Umsetzung des Justizsystems, die Korruptionsbekämpfung inbegriffen, und es gehe nicht an, dass die Parlamentsmehrheit diesbezüglich diktiert. Doch gebe es im Land ganz andere Prioritäten, wie zum Beispiel die Fortentwicklung, die verstärkte EU-Anpassung, das Bestreben, der Euro-Zone beizutreten, auch wenn das nicht so bald sein wird. Er sprach die Hoffnung aus, dass die Ratspräsidentschaft auch rumänische Politiker im Land zur Räson bringen werde und diese auf die antieuropäischen Thesen in der Öffentlichkeit verzichten werden. Auf das Nachhaken, ob er es für realistisch halte, dass nach Antritt der EU-Ratspräsidentschaft solche Töne nicht mehr angeschlagen werden, sagte der DFDR-Abgeordnete, er sei „moderat optimistisch“. Er „glaubt, hofft und wünscht“, dass die Ausübung der Ratspräsidentschaft diese positive Auswirkung im Land haben werde, desgleichen aber auch, dass sich die großen europäischen Parteien im Kontext der Europawahlen beraten und eine gemeinsame Linie finden. Obwohl es Meinungsunterschiede geben kann, dürfen die Grundsätze der EU nicht in Frage gestellt werden. Die Töne, die derzeit in Bukarest zu hören sind, seien mit der europäischen Sozialdemokratie nicht vereinbar, sodass eine Einwirkung Europas mittels ihrer Strukturen nicht verkehrt wäre.

Gefragt hat der Deutschlandfunk-Journalist sodann nach der Massenbewegung, die durch ihre Proteste die Lockerung der Korruptionsbekämpfung teilweise erfolgreich verhindert hat, die Regierung ist dennoch aber sattelfest im Amt geblieben. MdP Ganț erläuterte, dass es seither keine Wahlen gegeben hat, er aber hoffe, dass die Erstarkung der Zivilgesellschaft als politische Folge ein anderes Wahlergebnis haben wird. Die Regierungskoalition hat zwei eigene Regierungen gestürzt – sicher etwas Einmaliges – scheint aber hinter der derzeitigen Regierung zu stehen, selbst wenn große Teile der Bevölkerung und auch Politiker, so wie auch er, mit dieser Politik nicht einverstanden sind. Sie werde aber solang bestehen und regieren, solange sie die Mehrheit im Parlament hat, was derzeit der Fall ist.