Die schwarzen Kolosse von Hermannstadt

Bastian Königsmann stellt das Eisenbahnmuseum vor

Bastian Königsmann: „Preußens Gloria in Siebenbürgen. Das Eisenbahnmuseum Sibiu/Hermannstadt und seine (deutschen) Fahrzeuge“; Books on Demand/BoD, Norderstedt 2019, 48 S., zahlreiche Farbabbildungen, Tabellen, ISBN 978-3-7481-4137-2, 12,95 Euro / 62 Lei

Eisenbahnen und Lokomotiven, vor allem alte Dampflokomotiven, bringen normalerweise das Kind im Manne zum Schwärmen. Wohl jeder technikbegeisterte Mensch blüht beim Anblick solcher schwarzen Kolosse auf. Auch in dieser Hinsicht hat Hermannstadt etwas Besonderes zu bieten: das „Eisenbahnmuseum“ an der Strada Dorobanților (Nr. 22). Straße und Museum befinden sich gegenüber dem Hauptbahnhof jenseits der Bahnlinien. 

Endlich gibt es nun ein Büchlein speziell zu diesem besonderen Museum. In dem jüngst erschienenen Band „Preußens Gloria in Siebenbürgen. Das Eisenbahnmuseum Sibiu/Hermannstadt und seine (deutschen) Fahrzeuge“ stellt Bastian Königsmann auf 48 Seiten die Geschichte der Eisenbahn in Rumänien seit dem Start mit der „Banater Montanbahn“ 1856 bzw. dem ersten Personenverkehr 1857, die Entwicklung der Eisenbahn im Raum Hermannstadt und auch alle hier zu sehenden Lokomotiven vor. 
1872 wurde der Bahnhof von Hermannstadt als Endbahnhof der Strecke von Kleinkopisch/Copța Mică nach Hermannstadt in Betrieb genommen. Das Bahnhofsgebäude bestand damals aus dem noch heute vorhandenen Mittelteil. Mit dem Bau der Strecken nach Freck/Avrig (Eröffnung 1892), Turnu Roșu (1897) und schließlich Kronstadt/Brașov (1908) wurden die vorhandenen Anlagen rasch erweitert. So wurden bereits 1892 das Umfeld und vor allem das Bahnhofsgebäude umfangreich ausgebaut. 1910 kam es zum Bau des Bahnbetriebswerks in Hermannstadt.

Bastian Königsmann hat einen Hochglanzband erstellt, der die Herzen von Eisenbahnfreunden und Dampfloknostalgikern höher schlagen lässt. Er stellt das Eisenbahnmuseum und dessen Geschichte vor und gibt einen Überblick über alle ausgestellten Lokomotiven, aufgeteilt nach Normalspur und Schmalspur. Zahlreiche Bilder vermitteln einen authentischen Eindruck der großartigen, von der Pflege her vernachlässigten, auf jeden Fall aber reizvollen Sammlung. In Tabellen listet Königsmann alle Loks nach Nummer, Spurweite, Hersteller, Baujahr und Fabriknummer auf und gibt im Einzelfall zusätzliche Erläuterungen.

Nachdem die Lokomotiven besichtigt und auch bestiegen werden können, wenn nicht Gestrüpp und Baumstämme den Zutritt versperren, ist es besonders begrüßenswert, dass nun „Porträts“ der „alten Damen“ in einem Band versammelt sind. Noch zerstören in Rumänien nicht Wahnvorstellungen von Sicherheitsbestimmungen solcherlei Vergnügen, wie das in Deutschland schon lange der Fall ist.
Über 30 alte Dampflokomotiven sind in Hermannstadt zu bewundern. Die älteste wurde 1885 in Wien gebaut und verband Siebenbürgen mit der Donaumetropole. Etliche wurden in den 1930er und 1940er Jahren in der Bukarester Fabrik Malaxa, aber auch in den berühmten Lokomotivfabriken von Reschitza/Reșița im Banater Bergland hergestellt. Es sind Schienenschneepflüge und Kranfahrzeuge aus DDR-Produktion zu sehen sowie ein Exemplar von 1890 des berühmten französisch-belgischen Herstellers „Société Franco-Belge de Matériel de Chemins de Fer“, die ihren Stammsitz in Frankreich und mehrere Fabriken in Belgien hatte.

Rund 100 Exemplare historischer Lokomotiven soll es in ganz Rumänien geben. Etwa ein Drittel davon ist hier in diesem Depot versammelt und zu besichtigen. Bereits 1934 entstand die Idee eines Eisenbahnmuseums in Rumänien. Es dauerte bis 1969, bis in Bukarest ein erstes solches Museum feierlich eröffnet werden konnte. Doch später kam an diese Stelle eine Metro. Mit dem „Loklager“ im Bahnwerk Grivița waren die Bahnfreunde auch nicht glücklich. So fiel die Entscheidung, ein solches Museum in Hermannstadt einzurichten, wo nach der Stilllegung der ersten Schmalspurbahnabschnitte von Hermannstadt nach Agnetheln/Agnita bereits eine Lokomotive vor der Verschrottung gerettet und als Denkmal aufgestellt worden war.

Aus dem ganzen Land wurden historische Exponate herangeschafft. Diese waren oft in einem bemitleidenswerten Zustand und wurden von den Bahnmitarbeitern in vielen freiwilligen Arbeitsstunden restauriert. Am 23. August 1994 wurde die auf rumänischem Boden einzigartige Sammlung vom Präsidenten der 1880 gegründeten staatlichen Rumänischen Eisenbahngesellschaft CFR (Căile Ferate Române), Dr.-Ing. Nicolae Ignescu, zur 100-Jahr-Feier der Strecke Hermannstadt-Heltau (Sibiu-Cisnădie) feierlich eröffnet. 

Die Sammlung fungiert offiziell als Museum, auch wenn es sich um kein Museum im klassischen Sinne handelt. Sehenswert sind die Kolosse jedoch allemal, und das nicht nur für kleine und große Jungs. Jeder Eisenbahn- und Technikfreund kommt hier auf seine Kosten. Bastian Königsmann gibt mit seinem Band dazu alle nötigen Informationen und zeigt historische wie aktuelle Bilder, alles in Farbe.