Die Wärmequelle unseres Herzens

Wort zum Sonntag

Wir Menschen werden immer wieder vor die Frage gestellt, wofür wir uns entscheiden wollen und worauf wir den Schwerpunkt unseres kurzen irdischen Lebens legen: Auf Gott oder auf die Welt, die von Gott nichts wissen will? Blicken wir auf andre Menschen, die sich schon vor uns entscheiden mussten. Napoleon hielt einmal Revision über sein Leben und bekannte: „Ich habe in fünfzig Feldschlachten gefochten und fast alle gewonnen. Ich habe ein Gesetzbuch (Code Napoleon) entworfen und eingeführt, das meinen Namen bis in die späteste Nachwelt forttragen wird. Aus dem Nichts schwang ich mich zum mächtigsten Monarchen der Welt empor, Europa lag mir zu Füßen. Mein Ehrgeiz war groß, doch kühler Natur. Die Zeitumstände und die Volksanschauungen haben ihn großgezogen.“ Als Frucht dieser Zeitumstände und der damaligen Volksanschauungen haben sie ihn schließlich zu Fall gebracht.

Worin bestand die falsche Wahl seines Schwerpunktes? Die Erde kann von zwei Seiten Wärme bekommen, von der Sonne und aus ihrem eigenen Innern: Die Sonnenwärme bringt Gedeihen, die eigene Wärme der Erde, wie sie aus Vulkanen hervorbricht, bringt Verderben. So ähnlich ist es auch bei uns Menschen. Die zum Gedeihen bringende Sonnenwärme ist die Liebe Gottes. Die Erdwärme, die aus Vulkanen hervorbricht, ist die Liebe zu den Dingen, der Egoismus. Wenn wir nur aus dieser Erdwärme der Eigenliebe unser Gedeihen und eine bessere Zukunft erwarten, dann bringt diese Zukunft nur gewaltige Vulkanausbrüche hervor. Das erleben wir doch jetzt in der Ukraine. Was ist von Menschen, die Macht besitzen, zu erwarten, wenn sie ihr Herz nur von der Erdwärme anheizen lassen?

Der deutsche Geschichtsphilosoph Oswald Spengler (1880-1936) schrieb ein viel gelesenes Buch mit dem Titel „Jahre der Entscheidung“. Darin behauptet er: „Der Mensch ist ein Raubtier. All die Tugendbolde und Sozialethiker, die darüber sein wollen, sind nur Raubtiere mit ausgebrochenen Zähnen.“ Das ist keine neue Feststellung. Damit unterstreicht er nur das heidnische altrömische Wort: „Homo homini lupus: Der Mensch ist des anderen Menschen Wolf!“ Stimmt das? Nur dann, wenn der Mensch sein Herz nur von der Erdwärme der Eigenliebe allein erwärmen lässt. Der Egoismus besteht gerade darin, sein eigenes Glück auf das Unglück der anderen zu bauen. Recht hat der Volkserzieher Sailer: „Die Eigenliebe ist so selbstsüchtig, dass sie sich in allem sucht. Sie ist so sinnreich, dass sie sich in allem findet. Sie ist so tückisch, dass sie sich in allem versteckt!“ Man braucht nur die Motivationen der Aggressoren anzuhören.

Ein Sprichwort lautet: „Liebe macht blind!“ Das geschieht vollkommen, wenn man in sich selbst verliebt ist. Es ist aber ungleich besser, wenn unser Herz von der Sonnenliebe Gottes erwärmt wird. Der Denker Jörgensen gibt in seinem Buch „Lebenslüge“ folgendes zu bedenken: „Der Zweck des Lebens ist dieser, die Seele vor die Wahl zu stellen, zwischen jenen beiden Wegen: Dem Weg zum Ich und der Welt und dem Weg zu Christus und Gott! Die Wahl, die getroffen wird, ist eine Wahl für die Ewigkeit. Wer Gott gewählt hat, findet Gott und wird nach dem Tod ewig den Ewigen schauen und besitzen. Wer sich selbst wählt, wird in alle Ewigkeit der Einsamkeit und Leere seiner Seele überlassen sein. Darin liegt nichts Ungerechtes. Gott gibt jedem das, was er gewollt, begehrt und gewählt hat.“

Lassen wir unser Herz mit der Sonnenwärme der Liebe Gottes erwärmen. Wie die Sonne mit ihrer Wärme aus dem eisigen Boden Blumen und andere Pflanzen hervorsprießen lässt, so bringt die Wärme der Liebe Gottes all die Samenkörner der guten Eigenschaften, die in unserem Herzen darauf warten‚ endlich zum Sprießen und Blühen. Alle Menschen, die wir als Wohltäter, Heilige und Vorbilder verehren, haben ihr Herz nicht durch die Hitze der sinnlichen Leidenschaften, sondern durch die Wärme und Glut der Gottesliebe erwärmt und zugleich geistige Früchte gebracht, die wir bestaunen müssen. Auch wenn wir keine Heldenkräfte in uns spüren, wir werden gestärkt. Die Gottesliebe wird in uns zu einer schützenden Burg. Sie schützt uns vor der Macht der Selbstliebe. Sie ist für uns zugleich der sicherste Wegführer. Wer Gott liebt, kann durch die verführerische Selbstliebe nicht auf Irrwege geraten. Deshalb ist für uns die Gottesliebe „die Wärmequelle unseres Herzens“.