Dorfsymbol Melone bringt nur relativen Wohlstand

Hemmschwelle: Niedrige Preise und hohe Produktionskosten

2004 wurde Gheorghe Nastor Bürgermeister der damals wiedergegründeten Gemeinde Gottlob.

Anneliese Wambach ist nicht nur für die Melonen aus der Eigenproduktion von acht Hektar Land bekannt – sie ist auch Vorsitzende des Demokratischen Forums der Deutschen im Ort.

Auf der Spartak-Sport-Anlage bietet die Kommune „eine Alternative zum Wirtshaus“, wie Gheorghe Nastor sagt.

Werbung und Absatz zugleich: Das dritte Melonenfest in Gottlob
Fotos: Zoltán Pázmány

Es ist Reklame und Geschäft zugleich, wenn die Produzenten von Wasser- und Zuckermelonen aus Gottlob zu Mariä Himmelfahrt zwei Tage lang ihr Melonenfest feiern. An diesem Tag verkaufen die Bürger aus der Temescher Gemeinde ihre Produkte vor Ort so teuer, wie sonst nie, denn kaum ein Gast geht ohne Melone nach Hause. „`Gottlober Melonen´, das ist eine gute Reklame. Auf den Märkten in der Großstadt Temeswar/Timişoara werden jedoch unter diesem Werbeslogan Melonen aus anderen Gegenden angeboten“, sagt eine Frau, die Mühe hat, ihre Wassermelone zum Wagen zu schleppen.

Preise gering, Produktionskosten hoch

Trickser konnte es in diesem Jahr viele geben, denn „dieses Jahr war zwar keines mit Überproduktion, doch flächendeckend sind die Melonen gut gediehen: In unserer Gegend, in der Region um Großwardein/Oradea, im südrumänischen Oltenien, selbst in Serbien und Ungarn. Deshalb war der Markt schlecht“, sagt Aurel Wambach, der zusammen mit seiner Frau Anneliese seit acht Jahren Melonen anbaut und vertreibt.  Etwa 0,30, manch-mal 0,40 Lei pro Kilogramm erhalten die Gottlober, wenn sie ihre Ware dem Großhändler überlassen. Am Verkaufstisch auf den Marktplätzen bezahlen die Städter dafür meist einen Leu pro Kilogramm, in seltenen Fällen auch etwas mehr.

Wenig Verständnis zeigen Vorbeifahrende für die Melonenverkäufer (wohl auch -produzenten), die ihre Ware am Straßenrand, wenige Kilometer vom Feld, zum gleichen Preis wie auf dem Markt absetzen. „Die Leute lassen die Früchte lieber Stunden lang in der Sonne liegen, als sie zu einem niedrigeren Preis zu verkaufen“, sagt ein Städter. Auf 385 Hektar wurden in diesem Jahr im Raum Gottlob Melonen angepflanzt. Die meisten Bauern brauchen jedoch Nebeneinkommen, um über die Runden zu kommen: Auch die Produktionskosten sind heutzutage höher, denn neue Technik muss angewandt werden. „Auf klassischem Wege sind die Erträge nicht optimal“, sagt Aurel Wambach. Und eines findet der Bürgermeister Gheorghe Nastor besonders traurig: Das sich die Melonenbauern nicht zu einem Verband zusammenschließen. Kurios finden diese Hürde auch die Bauern selbst.

Gottlob als Werbeträger

„Melonen anpflanzen ist heute mit Geld und viel Arbeit verbunden“, setzt er fort. Es reiche nicht mehr, im klassischen Stil Melonenkerne einfach auszusäen und dann zu warten, bis die Früchte zum Verkauf gut sind. Seit Jahren bemerke Wambach – der auf Seminaren sein Wissen über den Melonenanbau vervollständigt – dass Setzlinge aus dem Ausland, Folie in den Nestern und eine tropfenweise Berieselung für Qualitätsprodukte notwendig sind. „Natürlich ist jede neue Technologie wichtig. Sehen Sie, heute braucht man keine Melonen mehr auf dem Markt anzupfropfen, da praktisch alle von guter Qualität sind“, sagt eine Frau auf einem Temeswarer Marktplatz. „Gottlober Melonen“, das ist momentan Werbung genug, um gute Geschäfte zu machen.

Trotzdem sind die Bauern aus der Gemeinde unglücklich: Die niedrigen Preise und die Tatsache, dass „Supermarktketten lieber Melonen aus Griechenland einführen, als welche von hier zu erstehen“, sei Grund genug zu verhaltener Freude, sagt der Bürgermeister der Gemeinde, Gheorghe Nastor.
„Gottlob – so hieß das Dorf auch im Kommunismus?“, fragen nicht selten Ortsfremde. Warum die damaligen Machthaber bei diesem für jenes Regime eher unangebrachten Namern nicht eingegriffen hatten, bleibt wohl für immer ein Rätsel. „Ein „t“, wie „Gotlob“, hatten sie bloß aus der Ortsbezeichnung herausgestrichen – wohl weil Doppelkonsonanten in der rumänischen Orthographie nicht üblich sind“, versuchte einst ein Germanist eine Erklärung. Seine Doktorarbeit getraute er sich zu dem Thema dann doch nicht zu schreiben.

Gemüseanbau hemmt Migrationstendenzen

Meist herrscht emsiges Treiben in der 2500 Einwohner zählenden Gemeinde im Verwaltungskreis Temesch/Timiş. „Die Leute können hier etwas verdienen, deshalb sind nicht so viele wie anderswo im Ausland auf Arbeit“, sagt Bürgermeister Nastor. Fast 400 Kinder im Schul- und Vorschulalter gibt es in der Gemeinde. „Ausweitung und Modernisierung der Schulen“ im Gemeindezentrum und im eingemeindeten Wiseschdia/Vizejdia, stand und steht in den Haushaltsposten der Kommune weit oben. In beiden Ortschaften sind Investoren in der Industrie angesiedelt und manchen Einwohnern ginge es ganz gut, sagt Nastor. „Zu dem Gemüsebauern, dem Banater Schwaben Heinz Wolf in Wiseschdia, kommen die Käufer  nach Hause, um die Produkte abzuholen“.

Melonenzüchter in Gottlob zu sein, ist jedoch kein Job, der eine ganze Familie ernähren kann. Zumindest Lucian Cireap sagt, er müsse viel mehr tun. Mit leistungsstarken Traktoren bearbeitet er großflächig Getreidekulturen, Investitionen von umgerechneten 3000 Euro/Hektar für die Melonenkulturen sind seines Erachtens am Rande des Akzeptablen – vor allem, wenn die geringen Preise der Produkte aus diesem Geschäft zur Sprache kommen. Mittlerweile ist Gottlob mit Doppel „tt“ wieder in die Ortsbezeichnung zurückgekehrt. Auf den ersten Blick ist ein Überbleibsel des Kommunismus dann doch noch da: Der Name des Sportvereins ist „Spartak“ geblieben. „Das hat keine sowjetischen Hintergründe, sondern geht aufs Deutsche zurück, die den Namen dem Verein lange vor dem zweiten Weltkrieg gegeben haben“, erläutert der Ortsvorsteher. Neu geprägt ist das Spartak-Vereinswappen des Fußball-Viertligisten trotzdem: Darauf ist seit Kurzem eine Melone zu sehen.