Drei Jahrzehnte Wirtschaftsförderung im Nordwesten Rumäniens

Sathmarer Stiftung für Internationale Zusammenarbeit feiert Jubiläum

Ioan Fabian (l) und Frau Andrea Merker (m) von der Handwerkskammer mit Josef Hölzli (r), Geschäftsführer der Sathmarer Stiftung, während einer Präsentation eines EU-Projektes | Fotos: der Verfasser

Der Sitz der Sathmarer Stiftung in der Strada Fragilor

In diesen Tagen feiert die Sathmarer Stiftung für Internationale Zusammenarbeit ihr 30-jähriges Bestehen. Feierlichkeiten wird es aufgrund der pandemischen Lage jedoch nicht geben. Die Stiftung gehört seit dem 14. Oktober 1991, als sie die Genehmigung als juristische Person erhielt, zu den fünf von den Regionalforen ins Leben gerufenen Wirtschaftsstiftungen, die nach der Wende von 1989 in Rumänien ihre Fördertätigkeiten starteten. Die Sathmarer Stiftung führte aber bereits fast ein Jahr vor der offiziellen Genehmigung als Stiftung unter dem Dach der Banatia-Stiftung verschiedene Projekte durch.

Die Hauptinitiatoren für die Gründung der Stiftung im Nordwesten Rumäniens waren zwei Sathmarer Schwaben: Helmut Berner, der damalige Vorsitzende der Landsmannschaft der Sathmarer Schwaben in der Bundesrepublik Deutschland, sowie Wendelin Fuhrmann als Gründungsmitglied des Demokratischen Forums in Nordsiebenbürgen. Die Stiftung wurde nach einem deutschen Konzept organisiert. Das Prinzip lautete von Beginn an „Hilfe zur Selbsthilfe“. Mit Unterstützung von Experten, vor allem aus Deutschland, konnte gerade in der Anfangszeit Handwerkern und Landwirten effiziente Hilfe gewährleistet werden. 

Die Förderung umfasste zum einen die Anschaffung von Maschinen und Geräten, zum anderen Bildungsangebote durch beispielsweise Seminare und Workshops. Bis zum Jahr 1996 konnten so bereits etwa 200 private Landwirtschaftsbetriebe und Handwerksunternehmen gefördert werden, die wiederum um die 700 neue Arbeitsplätze in der Region schafften. Die Sathmarer Stiftung betreut seit ihrer Gründung zahlreiche Ortschaften in den Kreisen Sathmar, Bihor, Maramuresch sowie Sălaj, die auch von Deutschen bewohnt werden. 

Die Stiftung finanzierte sich durch Mittel des Bundesministeriums des Innern anfangs über die Mittlerorganisationen GWZ (Gesellschaft für internationale wirtschaftliche Zusammenarbeit Baden-Württemberg mbh), später über Baden-Württemberg International sowie durch sog. Revolvingfonds, die sich aus den Rückflussgeldern der geförderten Projekte zusammensetzen. In der Anfangszeit finanzierte auch der Caritasverband Freiburg vor allem Projekte im landwirtschaftlichen Bereich. Diese Unterstützung übernahm danach auch die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG). Die Förderungen umfassten Kredite und Beratung. 

„In den 30 Jahren haben wir ca. 1700 Kredite vergeben und damit etwa 800 Unternehmen und Betriebe unterstützt“, zieht Josef Hölzli, Geschäftsführer der Sathmarer Stiftung, Bilanz. Er selbst ist seit 1991 für die Stiftung als Geschäftsführer tätig, erst seit 1997 jedoch in Vollzeit. Bis zu diesem Zeitpunkt arbeitete er hauptberuflich als technischer Leiter beim Unternehmen Saturn in Sathmar. In der Anfangszeit umfasste das Team neben Josef Hölzli auch Margareta Szolomaier (Buchhaltung) und Dr. Julius Hager (Angestellter). In der Anfangsphase war neben der finanziellen Förderung vor allem die Beratung von besonderer Bedeutung. Kurse und Seminare waren besonders gefragt. Viele Betriebsgründer hatten bis zur Wende nur in staatseigenen Betrieben gearbeitet und mussten sich nun an die marktwirtschaftlichen Gegebenheiten anpassen. Das Know-how zur Gründung und Führung eines eigenen Unternehmens war daher zu dieser Zeit besonders gefragt. 

Über die drei Jahrzehnte haben sich auch die Förderungsschwerpunkte verschoben. Waren es Anfang der 1990er in erster Linie Landwirtschaftsbetriebe, Mühlen, Bäckereien und Molkereien, die gefördert wurden, so sind es in den letzten Jahren vor allem Betriebe aus dem Dienstleistungssektor, die Unterstützung suchen. 

Auch die Mentalität und die Vorstellungen der Unternehmensgründer haben sich maßgeblich verändert. „Heute wissen Existenzgründer genau, was sie wollen und wie sie das umsetzen müssen“, konstatiert Josef Hölzli. Und: „Sie suchen hauptsächlich Finanzierung, dass hat sich zur Anfangszeit verändert.“

Die Stiftung kann durchaus stolz darauf sein, die ein oder andere unternehmerische Erfolgsgeschichte vom Start mitgestaltet zu haben. Zu den erfolgreichsten Beispielen, welche von den Förderungen profitierten, gehören u. a. die Steiger SRL, das Unternehmen Poszet SRL, der Schuhhersteller Mark Manufaktur sowie zahlreiche landwirtschaftliche Vereinigungen. Auch die Gründung der Schwaben-Molkerei war anfangs von Erfolg gekrönt gewesen. Dem Betrieb wurde jedoch der EU-Beitritt Rumäniens 2007 zum betriebswirtschaftlichen Verhängnis. Durch die zunehmende Konkurrenz innerhalb der Europäischen Union und den damit einhergehenden Dumpingpreisen ging das Unternehmen insolvent.

Neben der wirtschaftlichen Unterstützung, war die kulturelle und soziale Förderung ebenso ein wichtiger Aktionsradius. Die Stiftung stand mit der Gewährleistung von Logistik und Infrastruktur im Dienst des Demokratischen Forums, z. B. beim Ausbau der Jugendzentren in Sathmar und Großkarol. Durch die Instandhaltung der Schulbusse des Forums gehört auch die Beförderung von Schülerinnen und Schülern zu den deutschen Schulen in Sathmar und Großkarol zum Tätigkeitsbereich der Stiftung. Seit 2013 fördert die Stiftung zudem Altenheime im Kreis Sathmar, in denen pflegebedürftige Senioren der deutschen Minderheit leben.

Die Sathmarer Stiftung hat sich über die Jahrzehnte auch als innovativer Gestalter hervorgetan: So initiierte die Wirtschaftsstiftung 2008 die Gründung einer Handwerkskammer in Sathmar. „Sich in einem Verband zusammenzuschließen, um die eigenen Interessen besser durchzusetzen, war für viele Betriebe zunächst fremd“, sagt Josef Hölzli. Der Konkurrenzgedanke war noch tief verankert. Mittlerweile hat sich die Handwerkskammer in der Region zu einer festen und renommierten Institution mit weit über 100 Mitgliedern entwickelt, die in diverse Projekte eingebunden ist. „Gemeinsam sind wir stärker“ lautet das Motto der Kammer, die den Erfolg des deutschen Modells auch in Rumänien etablieren will.