Ein Arader wurde Romsilva-Chef

Teodor Țigan will „Ordnung schaffen und finanziell sanieren“, lanciert aber auch fragwürdige Behauptungen

Auf Facebook wurde einige Tage nach der Ernennung des Araders Teodor Țigan zum Chef des mächtigen Nationalen Regiebetriebs der Wälder, der staatlichen Forstverwaltung Romsilva SA, ein Gespräch mit ihm veröffentlicht, das extreme Reaktionen hervorrief (von „ein Räuber, den die Mafia der Wälder eingesetzt hat“ bis „einer der wenigen ranghohen Offiziellen, der die Dinge beim Namen nennt“).

Er kommt aus einem Verwaltungskreis, Arad, mit ganz großen Problemen bezüglich der Schottergruben im Marosch-Bett (eigentlich ein Problem der Behörden für Umweltschutz), der exzessiven Anlage von Fischteichen in Schottergruben, aber auch der Probleme mit den Wäldern des Westhangs des Siebenbürgischen Erzgebirges und des davorliegenden Hügellands (im Raum Schöndorf/Frumușeni beispielsweise vertrocknen die Wälder). Das größte Umweltproblem des Raums Arad aber ist, dass das gute Trinkwasser aus der Tiefe so extrem ausgebeutet wird, dass es bereits Prognosen gibt, die warnen, dass Arad in 30 Jahren ohne Trinkwasser bleiben könnte, weil das Grundwasser „verschwinden“ wird. Was wieder auch mit dem Fällen der Wälder zu tun hat…

Der neue Romsilva-Chef wollte auf die Reporterfrage, inwiefern sich die Politiker in sein Ernennungsverfahren bei Romsilva einzumischen versucht haben und inwiefern seine Ernennung „eine umstrittene“ war, nicht eingehen (allerdings sagte er später im Gespräch: „Es wurde gegen mich eine politische Blockade versucht. Wahrscheinlich gefiel manchen Politikern mein Familienname „Țigan“ nicht…“) und antwortete ausweichend: „Zur Ernennung sollte ich eigentlich gar nicht zu beglückwünschen sein! Ich habe mir eine schwere, eine sehr schwere Arbeit aufgehalst.“ Ob das mit den sich häufenden Meldungen über illegalen Holzeinschlag in Rumänien zu tun habe? „Eher mit der Tatsache, dass der Holzmarkt eingebrochen ist. Der Wirtschaftskonflikt USA-China hat die rumänischen Holzausfuhren – Rohholz wie Halbfertigprodukte gleichermaßen – zum Hauptabnehmer China spürbar ausgebremst.“

Schockierend die Meinung des neuen Romsilva-Chefs zu den NGOs, die sich Naturschutz und den Schutz der Karpatenwälder auf die Fahne geschrieben haben und die laufend konkrete Daten, Fotos, Filme und Satellitenaufnahmen über illegalen Holzeinschlag – getätigt direkt auch durch Romsilva, nahezu alles aber mit Genehmigung von Romsilva – der Öffentlichkeit melden und auch in Brüssel wie ein Stachel im Fleisch von Romsilva aktiv sind: „Ich möchte präzisieren, was vielen im Bereich bekannt ist, was aber niemand laut sagen will: 90 Prozent dieser Organisationen sind anti-rumänisch!“  Auf die Nachfrage des Journalisten, was er darunter verstehe, kam die Antwort: „Will sagen, die werden mit Geldern von draußen bezahlt, um die Entwicklung der rumänischen Wirtschaft abzubremsen! Warum sollen wir die Wälder Rumäniens ausbeuten? Warum sollen wir das Holz nicht in den Wäldern verfaulen lassen? Rumänien hat qualitativ hochwertige Wälder, die bis zu einem Produktionszyklus von 120-140 Jahren gedeihen konnten. Mit exzellentem Holz, das eine enorme Konkurrenz auslöst, für Österreich, Deutschland, Frankreich… Die haben Millionen Kubikmeter Holz aus Wind- und Schneebrüchen usw. wegen ihren exzessiven Monokulturen. Und sie können mit solchen Mengen nichts anzufangen. Weshalb dieses Holz extrem billig ist. Deshalb bezahlen sie Organisationen, die Rumänien Antireklame machen, wie: Rumänisches Holz stammt ausschließlich aus illegalem Holzeinschlag. Was nicht stimmt: In Rumänien wird Holz gesetzeskonform geerntet, nach Vorgaben der Forsteinrichtungen. Deshalb verfügen wir über so wertvolles Holz und so wertvolle Wälder, auch vom Standpunkt der Artenvielfalt.“

Nicht zuletzt, so der neue Chef von Romsilva, sei es eine „Tatsache, dass wir mit dem Holz von schlechter Qualität der ‘Finanzierer’, das von Wind- und Schneebrüchen stammt, auch noch diverse Krankheiten und Holzschädlinge importieren.“ Die kämen vom vielen importierten Nadel-Fallholz, behauptet Teodor Țigan, ohne auch nur ein Beispiel zu nennen. Solche und ähnliche Behauptungen brachten zahlreiche Facebook-Nutzer in Rage: „Sollen wir den Mann jetzt so verstehen, dass sämtliche Fernsehuntersuchungen engagierter Journalisten des Kreises ‘România, te iubesc’ (Rumänien, ich liebe dich), um nur ein Beispiel zu nennen, oder ‘Marea Defrișare’ (Der große Kahlschlag) oder ‘Dezastrul din păduri’ (Das Desaster in den Wäldern) einfach nur Fälschungen sind?“, fragt eine Facebook-Userin. „Dass alle Strafakten, die von der Nationalen Antikorruptionsstaatsanwaltschaft DNA angelegt wurden, Inszenierungen sind? Dass die Behörden gewissenhaft ihren Job verrichten (wie überall in Rumänien, nicht wahr!)? Dass nur die NGOs und die Ausländer schuld sind am Desaster in unseren Bergen? Schauen wir uns lieber alles mit eigenen Augen an, und glauben wir nur, was wir sehen!“
Teodor Țigan, der neue Romsilva-Chef, geht noch weiter: „Ich sage Ihnen noch etwas: Viele der Filme und Fotos sind gar nicht aus Rumänien! In Harghita und Covasna beispielsweise sind Baumstümpfe gefilmt worden, wo der Wald vor 20 Jahren gefällt wurde, nach einem Windbruch. Dort sieht man auf dem Film keine frischen Baumstümpfe.“ Was natürlich noch lange kein Beweis dafür ist, dass die NGOs die Öffentlichkeit irreführen, indem sie Waldfrevel aus anderen Ländern als rumänischen ausgeben…

Auf die Frage, ob mit seinem dienstlichen Umzug nach Bukarest der politische Druck in Arad verblieben sei, seufzte Țigan: „Gut wär´s, wenn man uns einfach mal arbeiten lassen würde, um unseren Job als Profis zu tun!“ Wer sie denn nicht in Ruhe arbeiten ließe? „Andere, die mit unserem Bereich nichts zu tun haben!“ Welches denn die Interessen sind, die man per Einflussnahme durchsetzen wolle? „Personen zu befördern, die sehr oft niemand zur Ehre gereichen. Gut vorbereitete Leute sollen in Ruhe gelassen werden, um ehrlich und gewissenhaft arbeiten zu können. Es wäre ausgezeichnet, wenn die Einmischungen des Politikfaktors auf der Ebene der Staatssekretäre aufhören würden.“
Auf die finanzielle Lage angesprochen, in der sich Romsilva befindet, sagte Generaldirektor Teodor Țigan: „Nur ein Narr kann diesen Posten annehmen! Der Holzmarkt ist down, wir haben kein Geld, um die Löhne auszuzahlen, ich habe großen Bedarf an kompetentem Personal. Ich möchte, dass wir unseren Nachkommen die Wälder auf jenem Qualitätsniveau überlassen, auf dem wir sie von unseren Vorfahren übernommen haben. Wir verfügen über eine gute Forstbewirtschaftung, im Vergleich zu ganz Europa, aber der Regiebetrieb der Forste läuft in diesem Augenblick schlecht. Wirtschaftlich ist unsere Lage mehr als schlecht. Von 41 Forstdirektionen sind nur sieben über der roten Null, drei von diesen sieben liegen bei der schwarzen Null. Wir mühen uns jetzt ab, die Lage zu verbessern.“

Die Fülle der Facebook-Kommentare zu diesem Gespräch, das Aufschlussreiches bringt zur Denkweise des neuen Chefs über die Staatswälder Rumäniens, ist überbordend. Hier nur einiges daraus: „Gemäß der Studie, die von den Liberalen bestellt wurde, als sie 2019 die Regierungsgeschäfte übernahmen, sind zwischen einem Drittel und der Hälfte des insgesamt in Rumänien geschlagenen Holzes illegal geerntet. Romsilva ist der Wolf, der die Schäflein zu hüten hat. Die werden es nie schaffen, den illegalen Holzeinschlag zu stoppen. Und was `kostet` denn noch ein Waldhüterposten? Oder wie viel Schmiergeld ist für einen Posten in einem Forstamtsbezirk locker zu machen?“ (D.A.)
„Der Regiebetrieb der Wälder RNP Romsilva ist der größte Schädling der rumänischen Forste. Mehr noch, er trägt auch zur Zerstörung der Natur- und Nationalparks bei, durch schlechtestmögliche Verwaltung.“ (D.Ț.) „Der Befragte ist auch einer von denen, die über die Hintertür den Posten ergattert haben, denn er hatte keinen Mut, sich zu einem Besetzungswettbewerb zu stellen.“ (G.E.I.) „Das Gespräch ist dezent. Was wollt ihr von dem Mann, der gerade erst auf dem Posten gelandet ist? Schließlich versucht er nicht, die finanzielle Lage zu beschönigen, in welcher er den Regiebetrieb der Forste vorfand. Sicher wurden in der Vergangenheit falsche Maßnahmen getroffen, bei uns, wie auch anderswo. Auf dem Markt gibt es Hunderte Millionen Kubikmeter Holz, billiges Holz, und da wacht Rumänien plötzlich als der Besitzer der wertvollsten Hölzer auf! Wenn das kein Grund zum Neid ist!?“