Ein Blick in die Zukunft

Wenn Maschinen uns ersetzen

Die Technologie bewegt sich in rasendem Tempo. Für uns bedeutet das, die Automatisierung wird für Massenarbeitslosigkeit sorgen. Das Ende der Arbeit. Freiheit oder Katastrophe?
Der Starphysiker und Autor Michio Kaku befragte in seinem Buch „Die Physik der Zukunft“ 300 Forscher nach Prognosen für die Zukunft. Um Spekulation vorzubeugen war Voraussetzung, dass es bereits einen Prototyp geben muss. Für die Arbeitswelt sagt er damit einen grundlegenden Wandel voraus. Arbeiter mit repetitiven Tätigkeiten werden leicht durch Roboter ersetzt. Auch viele Bürojobs können bald von Künstlicher Intelligenz erledigt werden. Selbst Akademiker sind vor dieser Entwicklung nicht sicher, denn „Robodoc“ gibt bessere Diagnosen als es jeder Arzt aus Fleisch und Blut je könnte. Computer und Internet werden so omnipräsent wie die Elektrizität heute.

Auch der Soziologe und Ökonom Jeremy Rifkin, der als einer der einflussreichsten Intellektuellen unserer Zeit gilt, sieht eine grundlegende Veränderung durch das Internet, durch das Gegenstände vernetzt und damit schlau gemacht werden. Autos fahren dann von selbst und der Kühlschrank bestellt Milch nach. Blogs und eBooks verantworten den Niedergang der Printmedien, Massive Open Online Courses (MOOCs) lösen klassische Universitäten ab und erneuerbare Energien verdrängen fossile Brennstoffe. Was bisher nur in Fabriken erzeugt werden konnte, kann künftig per 3D-Drucker zu Hause hergestellt werden. In China werden sogar schon ganze Häuser gedruckt.  Das bringt ganze Branchen um ihre Tätigkeit. Im Kapitalismus würde das für einige Menschen den Ruin bedeuten. Rifkin sagt diesem aber, in seinem im vergangenen August erschienenem Buch „Die Null-Grenzkosten-Gesellschaft. Das Internet der Dinge, kollaboratives Gemeingut und der Rückzug des Kapitalismus”, den Tod voraus. Die Begründung dafür liegt darin, dass die Geschäftsgrundlage durch Grenzkosten, die gen Null gehen, wegfällt. Der technologische Fortschritt soll diese niedrigen Grenzkosten möglich machen. Und zum anderen die „Sharing Economy“.

Der Trend des Teilens ist bereits jetzt deutlich an Plattformen erkennbar, wie „Couchsurfing“, auf denen Mitglieder anderen Mitgliedern einen Schlafplatz zur Verfügung stellen, „Foodsharing“, Mitfahrgelegenheit, „Stadtrad“ oder an den sogenannten „Umsonstläden“, welche auf Tausch basieren: Teilen und Tauschen ist in. Der Konsument wird zum Produzent. Dies nennt Rifkin den „Prosumenten.“ „Die Prosumenten arbeiten zunehmend zusammen, teilen Güter und Dienstleistungen in global vernetzten Commons bei nahezu keinen Grenzkosten und sprengen damit die Mechanismen des kapitalistischen Marktes. In dem sich entfaltenden wirtschaftlichen Zusammenstoß zwischen den Anhängern der Kollaboration und Kapitalisten manifestiert sich ein kultureller Konflikt, der vermutlich in den kommenden Jahren das Wesen der menschlichen Entwicklung neu definiert.“ Sollte Rifkin bei seiner wirtschaftlichen Prognose recht behalten und wir benötigen kaum noch Geld, sollte die durch Automatisierung hergestellte Massenarbeitslosigkeit keine Massenarmut auslösen.

In einem kapitalistischen System jedoch wäre das eine Katastrophe, vor der auch der amerikanische ehemalige Vizepräsident Al Gore in seinem Buch „Die Zukunft“ warnt. Die „oberen“ paar Promille der Menschheit würden dabei einen absurden Reichtum anhäufen, während der Rest von weniger als zwei Dollar täglich leben müsste. Er schreibt, der Kapitalismus sei dringend reformbedürftig. Denn der Kapitalismus in seiner ursprünglichen Form war schließlich auch nicht auf Ausbeutung angelegt. Henry Ford bezahlte seine Angestellten sehr gut. Sie sollten schließlich auch in der Lage sein, seine Produkte zu kaufen. Die Gier so mancher verleitet sie jedoch dazu, diese Logik zu vergessen. Und so wird zuerst in Billig-Lohn-Länder ausgewichen und schließlich wird der Mensch durch die Maschine ersetzt, die durch ihre einmaligen Anschaffungskosten wesentlich günstiger ist als ein Jahresgehalt.

Eine Lösung für dieses Problem könnte der Ansatz der Schweizer Initiative Bedingungsloses Grundeinkommen sein. Die Idee ist schnell erklärt: In der Schweiz soll jeder Bürger 2500 Franken im Monat erhalten. Einfach so, ohne etwas dafür zu tun. Dies soll ein Leben in Würde für jeden ermöglichen. Die Idee soll sich zur Hälfte aus der Abschaffung von Arbeitslosengeld und diversen Sozialleistungen finanzieren. Arbeitsämter und Einrichtungen von Sozialleistungen wären passé und alle Einsparungen können direkt an das Volk ausgezahlt werden. Der Rest wird mit Erhöhung der Konsumentensteuer, also der Mehrwertsteuer finanziert. Die Erwerbssteuer entfällt.

Es gibt allerdings verschiedene Modelle zur Finanzierung. So ist auch von einer Mikro-Steuer auf alle Geldströme die Rede, welche das Bedingungslose Grundeinkommen finanzieren könnte. Viele finden die Idee schön, aber sehen keine Möglichkeit für die Umsetzung. Das häufigste Argument lautet, keiner würde mehr arbeiten. Als wäre Geld der einzige Anreiz für Leistung. In Deutschland wird aber zum Beispiel mehr Leistung in unbezahlter als bezahlter Arbeit vollbracht, heißt es. Umfragen haben ergeben, dass 90 Prozent weiterhin arbeiten wollen würden. Was Sinn macht. Es geht schließlich auch um Selbstverwirklichung und darum, seinen Platz in der Gesellschaft zu finden. Das sieht man schon daran, wie viele Menschen ehrenamtlichen Tätigkeiten nachgehen oder wie viele in ihrer Freizeit bloggen, rezensieren, Gemüse anbauen etc. Das Bedingungslose Grundeinkommen verdient die Debatte.

Für Oscar Wilde war die Automatisierung und ein Einkommen für alle in seinem Buch „Der Sozialismus und die Seele des Menschen“ ein wünschenswerter Zustand. Jeder könne sich der Kunst und Kreativität widmen, wenn Maschinen die lästige Arbeit erledigen. Ja. Automatisierung könnte auch Freiheit bedeuten, wenn wir gut vorbereitet sind. Gute Vorbereitung bedeutet ein wirtschaftliches System, welches mit dem Arbeitsmarkt der Zukunft kompatibel ist, sowie einen mündigen Bürger. Auch der Wissenschaftler Kaku sieht nur dann in eine rosige Zukunft, wenn wir die nötige Vernunft entwickeln. Diese Vernunft setzt aber Bildung und Erziehung voraus, denn nur ein gebildeter Bürger und Wähler kann sich mit der Technologie befassen, die über das Schicksal unserer Zivilisation entscheidet.