Ein Herzstück für die Banater Schwaben

Das Einwanderungsbild von Stefan Jäger wurde vor 110 Jahren enthüllt

Das Einwanderungsbild

Stefan Jäger (1877-1962) ist ein gleichnamiges Museum in Hatzfeld gewidmet. Fotos: Zoltán Pázmány

„Es ist unser Bild, ein Stück von uns“. So einfühlsam sprach der aus Perjamosch stammende deutsche Autor Franz Heinz, seinen banatschwäbischen Landsleuten geradezu aus dem Herzen, als er über das Einwanderungsbild oder das Triptychon von Stefan Jäger und über dessen außergewöhnliche Wirkung auf die Banater Schwaben selbst mehr als ein Jahrhundert nach seiner Entstehung redete.

Eine Auftragsarbeit der Gemeinde Gertjanosch

Das Monumentalwerk zum Thema „Die Ansiedlung der Deutschen im Südosten“-  wurde in der Zeitspanne 1906-1910 von dem damals 29jährigen Maler Stefan Jäger (1877 in Tschene geboren), einem damals noch kaum bekannten Maler, mit unerwarteter Akribie und Reife geschaffen. Das Gemälde (mit seinen Maßen 5,10 x 1, 45 Metern, mit 80 Gestalten Jägers größtes Kunstwerk aber auch größtes Gemälde zum Thema der Banater Schwaben) wurde von Stefan Jäger als Triptychon (nach dem Vorbild der beliebten mittelalterlichen Altar- und Andachtsbilder) gestaltet,  in drei Teile geteilt, die der Wanderung, der Rast und der Ankunft der deutschen Ansiedler im Banat gewidmet sind. Der junge Banater Maler, Absolvent der Budapester Kunstakedemie, hielt sich damals in der ungarischen Hauptstadt mit Heiligenbildern, Stillleben und Landschaftmalerei auf Bestellung schlecht und recht über Wasser. Das Triptychon war eigentlich eine Auftragsarbeit des Gertjanoscher Gewerbevereins und der Großgemeinde Gertjanosch (damals 2775 Einwohner), finanziert durch eine von dem ehrgeizigen Kommunalpolitiker und Kaufmann Adam Rösner angeleiteten Sammelaktion. Die Schaffung dieses Gemäldes hatte ein Vorspiel in der Zeitspanne1906-1910: Es wurde an einem für die gesamte Gemeinschaft der Banater Schwaben im damaligen Königreich Ungarn mit seiner aggressiven Magyarisierungspolitik denkwürdigen Tag, am 15. Mai 1910, auf dem Bauerntag oder der dreitägigen Großen Landwirtschafts-und Gewerbeausstellung, vor etwa 5000 Gästen, in  Gertjanosch enthüllt. Stefan Dold, Redakteur der Zeitung „Der Freimütige“ schrieb in seiner Festbroschüre u.a.; „ Und heute am Enthüllungstage des Bildes stehen wir im Geiste vor den Ahnen…“. Festredner war Domkapitular Franz Blaskovics, der das Gemälde auch segnete, eine für Kunstwerke damals ungewöhnliche Ehre.

Das Triptychon hatte ein Vorspiel

Zu der jahrelangen Entstehungsdauer gehörte auch ein erstes kleineres Gemälde, das Stefan Jäger für die Gerjanoscher unter Leitung des Unternehmers Rösner 1905 fertiggestellt hatte. Das Gemälde, das 1905 in Budapest entstand, und im gleichen Jahr im Kasinoverein von Gertjanosch ausgestellt wurde, „Die Ansiedlung der Deutschen im Banat“ war 300Zentimeter breit und drei Meter lang. Es entsprach vor allem wegen den von Jäger gemalten aktuellen deutschen Volkstrachten nicht den Vorstellungen der Auftraggeber. „Und es war zu klein“, war die allgemeine Meinung der Gertjanoscher Schwaben. Für die genauen Studien und die Vorbereitungen zum  2. Einwanderungsbild finanzierten die Gertjanoscher demgemäß eine zweite, gründlichere Studienreise nach Deutschland (vor allem Stuttgart, Ulm, Nürnberg) , Österreich, Norditalien  (mit 4500 Kronen Kosten, wird gesagt). Der Maler machte gründliche Studien und dazu zahlreiche Skizzen über die Trachten der Vorfahren der Banater Schwaben, sogar Kompositionszeichnungen über die Stationen der Schwabenzüge.

Laut Annemarie Podlipny Hehn, die dem Maler die wohl bekannteste Monographie „Stefan Jäger, Kriterion Verlag Bukarest 1972“ gewidmet hat, sollen etliche Skizzen und Entwürfe vorliegen. Eine Aquarellskizze ist im Besitz des Temeswarers Alexander Rusu, eine Tuschzeichnung im Besitz des Banater Museums, Szenen in Öl , die Stefan Jäger wohl seinen Bestellern vorgelegt hatte: „Die Wahl der Gertjanoscher Bürger fiel aber auf die erstere uns bekannte Komposition, von der uns ein Entwurf in Tusche erhalten geblieben ist“. Ein anderer Jäger- Exegete Karl-Hans Gross  hebt in einer 1991veröffentlichten Studie den hohen ethnographischen Wert des Gemäldes hervor: “Dabei wird nicht allein die Ankunft in der neuen Heimat vergegenwärtigt, sondern es wird durch die trachtentypische Ausstattung der Personen geradezu ein mentaler Bogen bis zu den Herkunftsgebieten in Deutschland gespannt.“

Das symbolhafte und identitätsbildende  Gemälde, das Stefan Jäger vorbildlich als Schwabenmaler ausweist, wurde 1910 vom Temeswarer Bürgermeister Karl Telbisz für das Stadtmuseum angekauft, kam 1940 ins Banater Museum,wurde1969 als Leihgabe der Jäger- Gedenkstätte Hatzfeld überlassen und ist seit 1994,gleichfalls als Leihgabe, im Temeswarer AMG-Haus ausgestellt.