Eine 170 Jahre alte Straße gibt´s nicht mehr

Ioan Crina sperrt öffentliche Straße aufgrund zweifelhafter Grundbucheintragung

Ioan Crina (PSD), Ex-Vizebürgermeister von Reschitza und gegenwärtig Kreisratsmitglied, hat eine Strafanzeige und eine Gerichtsklage am Hals. Umgehend hat ihn, zusätzlich, die Instanz des Stadtgerichts Orawitza dazu verdonnert, die Bauarbeiten an seiner neuen Asphalt- und Betonmischanlage einzustellen, die er in der Nähe eines an seiner Zufahrtsstraße liegenden Steinbruchs baut. Der Steinbruch wurde bereits während des Baus der Banater Semmeringbahn erschlossen und abgebaut, deren Abschnitt Orawitza - Ciu-danovi]a ebenfalls unmittelbar vorbeiführt. Heute gehört er der HeidelbergCement Romania, von welcher ihn die Orawitzaer Firma Help Trans, eine Straßenbaufirma, gepachtet hat. Letztere Firma hat die Klagen gegen Crina und seine Firma SC Speed Prod SRL eingereicht. Und noch eine Klage gegen unbekannt.

Ioan Crina und seine Speed Prod waren bereits zum Winterende in den Fokus der Öffentlichkeit durch den Reschitzaer Bürgermeister Ioan Popa gelangt. Dieser hatte die mangelhafte Qualität der Asphaltarbeiten von 2015-16 am Reschitzaer Straßennetz aufgezeigt, die von Crinas Firma ausgeführt worden waren (in einer offensichtlichen Interessenkonfliktlage: Der als Bürgermeister fungierende Vize vergibt Aufträge an eine Firma, an der seine Familie Miteigner ist). Außerdem hatte Popa mit einer Gerichtsklage gedroht, wenn Crina seine Firma nicht anweist nachzubessern. In dieser causa ist gegenwärtig mediale Funkstille, allerdings hat auch niemand bisher in Reschitza bemerkt, dass irgendwelche Nachbesserungsarbeiten im Gang wären. Andrerseits unterstreicht der Reschitzaer Bürgermeister immer wieder, dass sein Stadtrat aus dem Hintergrund von Crina gelenkt wird, der alles unternimmt, um der Rathausführung von Reschitza in allen ihren Initiativen vor den Bug zu schießen.

Das Grundbuchmysterium

Help Trans aus Orawitza hat eine Gerichtsklage gegen Crina und seine Firma eingereicht, wegen Usurpation des öffentlichen Raums, sowie gegen unbekannt, wegen Fälschung. Die Straße, die über die Semmeringbahnlinie zwischen Orawitza und Ciudanovi]a führt, ist nämlich 2011 aus dem Grundbuch „verschwunden“, um jetzt als Besitz Ioan Crinas „wiederaufzutauchen“. Und zwar als Grundstück, wobei die Zufahrtsstraße zum Steinbruch „Maidan“ aus dem Grundbuch auf geheimnisvolle Weise „verschwunden“ ist. Was zum Verdacht führt, dass im Grundbuch irgendjemand eine Fälschung begangen hat. Crina ließ durch seine Firma ursprünglich hart am Straßenrand eine neue Asphalt- und Beton-Mischanlage errichten, deren Bau nun wegen fehlender Baugenehmigungen per gerichtlicher Verfügung einstweilen gestoppt wurde. Trotzdem: Laut gegenwärtiger Aktenlage hat Crina seine Firma auf seinem eigenen Grund und Boden bauen lassen – zumindest so lässt die (gefälschte?) Grundbucheintragung glauben. Und derzufolge hätte er auch die Möglichkeit des Sperrens der Straße, auch wenn das Gewohnheitsrecht der Wegnutzung, das in solchen Fällen anzuwenden ist, ihm widerspricht.


Crina hat „sein“ Grund-stück eingezäunt und mit einem Zugangstor versehen, genau an der Straße, die seit dem 19. Jahrhundert als öffentlicher Zugang zum Steinbruch existiert. Seit Help Trans die Klage gegen Crina eingereicht hat, bleibt das Tor nicht nur für die Kipplaster der Help Trans verschlossen, sondern auch für die Besitzer zahlreicher Grundstücke und Forste, die dahinter liegen. Geschlossen bleibt auch die vor etwa 50 Jahren angelegte ehemalige strategische Straße, eine betonierte zweispurige Straße (ursprünglich für Panzerbewegungen gebaut), die, aus Br²di{orul de Jos (einem Weiler/einer ehemaligen Arbeiterkolonie zwischen Steierdorf und Orawitza) kommend, hier vorbeiführt.

Im Schatten des Pleiteprojekts Crivina

Crina hatte durch seine Firma am 9. Januar 2017 die alte Schottersortieranlage gekauft, die hier seit der Bauzeit des sozialistischen Pleiteprojekts Ölschieferkraftwerk Crivina/Anina aus den Endsiebziger-Achtzigerjahren stand, und an ihrer Stelle die neue Beton- und Asphaltmischanlage bauen lassen – die allerdings halb über die Straße zu stehen kam, die zum Steinbruch „Maidan“ und den – heute meist privaten – Grundstücken und Forsten in dessen Nähe führt. So lange Crina keinen Zaun um sein Grundstück hochziehen ließ, konnte man trotzdem durch Umgehung der Anlage verkehren. Da weder das zuständige Rathaus von Orawitza, noch das staatliche Amt für Bauwesen für die Willkürmaßnahme einer Straßensperre seitens der Speed Prod ihre Zustimmung gegeben hatten, wandte sich Help Trans – die Firma baut den Steinbruch ab und befördert große Mengen Bruchstein, Schotter und Steinsplitt zu diversen Kunden – ans Gericht und bekam in erster Instanz Recht: Speed Prod musste die Bauarbeiten an ihrer Anlage einstellen und wurde verpflichtet, das Tor der Umzäunung auszuangeln.

Das Rathaus Orawitza stellte auch ein Paradoxon fest: Auf allen Papieren, die Crinas Firma wegen Genehmigungen eingereicht hat, ist auch die Straße eingezeichnet, die Crina jetzt zu sperren beliebt hat, und es gibt die Straße auch in der Realität, genauso wie auf allen älteren Katastralkarten – nur im Grundbuch seit 2011 nicht mehr. Das Rathaus Orawitza spricht von einer „historischen Existenz dieser Straße“, die es auf dem Grundbuchauszug, der ihm vorliegt, nicht mehr gibt. Im Grundbuch gäbe es nur einen „Werkshof der SC Speed Prod.-SRL“.

Geht es auch um verhinderte Konkurrenz?

Was bislang vielleicht wie ein Streit um des Kaisers Bart klingt, hat handfeste materielle Hintergründe: Die Orawitzaer Help Trans hat in kurzer Zeit bereits mehr als 400.000 Lei verloren, indem sie nicht an den Steinbruch herankann, um ihre Ware an die Kunden zu liefern. Andrerseits hat die Firma Help Trans seit dem 19. April im Steinbruch zehn Maschinen stehen, die nichts zu tun haben, weil deren Produkte nicht abgeholt werden können. Und nicht zuletzt: Da sie eine eigene Betonmischanlage in Orawitza betreibt, die vom Steinbruch „Maidan“ beliefert wurde, steht jetzt auch diese mangels Bruchstein. Letzteres klingt ganz laut nach brutaler Konkurrenzbehinderung, will doch Ex-Vize Crina mit seiner Speed Prod ebenfalls eine Betonmischanlage betreiben...

Crina aber spielt die beleidigte Leberwurst: Die Vertreter von Help Trans hätten noch nie mit ihm gesprochen und nicht um seine Erlaubnis gebeten, durchfahren zu dürfen über sein Grundstück. Sie hätten Druckausübung auf anderen Wegen versucht: „Was für eine Straße? Dort ist mein Grundbesitz! Wäre er nicht mein, wär doch längst die Staatsanwaltschaft über mich hergefallen! Glauben Sie denn im Ernst, dass ich mir anmaße, eine öffentliche Straße zu sperren? Dort ist bloß mein Grundstück! Ich hab sie sogar durchfahren lassen, aber dann haben sie mit Beschwerden begonnen. Darum lass ich sie nicht mehr durch! Jede Durchfahrt ist eine willkürliche Betretung eines fremden Grundstücks, und Privateigentum steht in Rumänien unter Schutz. Die lass ich nicht mehr durch. Alle anderen Grundstückseigner dürfen weiter durch mein Grundstück durchfahren. Laut Grundbuch bin ich Eigner, das kann jeder überprüfen! Ein Wegerecht ist dort nicht eingetragen. Dort war nie ein Weg! Das waren bloß Zufahrtswege innerhalb des Geländes, zwischen unterschiedlichen Produktionsstätten der Energo-construc]ia aus Zeiten, als sie Crivina gebaut haben. Glaubt denn wirklich jemand, dass ich einen Bauvorbescheid hätte, wenn das Grundstück nicht mein wäre?“

Grundbuchschwund aus Nachlässigkeit oder Interesse?

Doch gerade hier liegt der Haken. Die Straße, die vorhanden ist, ist aus dem Grundbuch 2011 anlässlich einer Aktualisierung wissentlich oder versehentlich „verschwunden“ und damit 772 qm unteilbarer Grund und Boden, der ausdrücklich zur ausschließlich öffentlichen Nutzung vorgesehen war. Erst dadurch konnte Crina mit seiner Firma das „ganze“ Grundstück kaufen und sich so als Eigentümer des Ganzen im Grundbuch eintragen lassen – und sich wie ein Grundherr alter Schule – eben: wie ein Partei-Baron – benehmen. Das Gericht in Orawitza hat nun entschieden, dass vorerst das Tor der Speed Prod für die Kipplaster der Help Trans aufgrund des Wegerechts geöffnet werden muss, ja sogar abzubauen ist, um die „historische Straße“ freizugeben. Bis zur Klärung der Lage – in erster Linie durch das Katasteramt und sein Grundbuch – darf Crina auch seine Asphalt- und Betonmischanlage nicht weiterbauen. Bauvorbescheid hin oder her. Crina hingegen hat Polizeischutz wegen „Übertretung des Eigentumsrechts“ angefordert. Irgendwie erinnert sein Vorgehen wirklich an das, was man so von den „lokalen Baronen“ der Parteien hört, die mehr oder weniger legal ihre schwere Hand auf Vermögenswerte legen und danach nicht mehr loslassen, komme was da wolle...