Elijah setzt sich für Roma-Familien ein

Mit Handwerk, Tierzucht und sogar Musikunterricht will der Verein den Roma-Siedlungen in drei Dörfern helfen

Pater Georg Sporschill SJ (li.) und Ruth Zenkert (re.) setzen sich in Rumänien aktiv ein.

Zehn Hühner halten die Familien und spenden wöchentlich zehn Eier anderen benachteiligten Familien im Ort.

In Resis Brunnenhaus fließt das Wasser auch im Winter - unerlässlich für die Dorfbevölkerung für das Waschen, Kochen und Baden. Das Häuschen, das inzwischen zum sozialen Treffpunkt geworden ist, steht direkt neben der Romasiedlung und erspart den Bewohnern den langen Weg bis ins Dorfzentrum.

In Holzmengen steht die Musikschule des Vereins, die „Casa Sonja“. Hier lernen über 100 Kinder ein Instrument und singen im Chor unter der Leitung von zehn Musik- und zwei Tanzlehrern. So ist es zur Gründung der Roma-Musikgruppe „Schatra Elijah“ gekommen, die regelmäßig Konzerte gibt.

Mit dem Pferdekarren wird eine Sau zum Decken gebracht.
Fotos: elijah.ro

Im Harbachtal/Valea Hârtibaciului bei Hermannstadt/Sibiu scheint die Zeit still zu stehen. Seit der letzten massiven Auswanderung der Siebenbürger Sachsen Anfang der 90er Jahre hat sich hier nicht mehr viel getan. Die Kirchenburgen, die stattlichen Häuser und die Äcker sind immer noch da, wo sie zurückgelassen wurden; einige noch recht gut erhalten, einige in reparaturbedürftigem Zustand und die allermeisten dem Zusammenbruch nahe. Besiedelt wurden die Dörfer wie Holzmengen/Hosman, Kirchberg/Chirpăr, Alzen/Alţâna oder Schönberg/Dealu Frumos von Roma-Familien und die bedürftigeren von ihnen gründeten Siedlungen am Rand der Ortschaften, die weder über elektrischen Strom noch über Wasser oder Kanalisation verfügen. Dort bauten sie nach und nach aus zusammengesammeltem Material Hütten. Ihre Kinder können, wenn sie überhaupt zur Schule gehen, zu Hause nicht lernen, da weder Licht noch andere elementare Bedingungen vorhanden sind und das Zusammenleben der zahlreichen Familienangehörigen auf engstem Raum das Lernen überhaupt unmöglich machen.

Der Elijah-Verein hilft

Der 2012 gegründete Verein „ELIJAH Sozialinitiative Ruth Zenkert“ hat sich vorgenommen, in Holzmengen, Ziegental/Ţichindeal und in Neudorf/Nou zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Dorfbewohner aktiv und konkret beizutragen. Geleitet wird der Verein von Ruth Zenkert, mit Federica Radice Fossati und Simona Marţi zur Seite, und unter Begleitung des Jesuitenpaters Georg Sporschill SJ. Im März 2013 wurde in Wien der österreichische Verein „ELIJAH. Pater Georg Sporschill SJ. Soziale Werke“ gegründet, welcher das Werk von Ruth Zenkert in Siebenbürgen unterstützt. Ziel des gemeinnützigen Projektes ist es, ein europäisches Modell des Zusammenlebens zu schaffen, die Ausbildung der Roma-Kinder zu unterstützen und die Begabten unter ihnen zu fördern. Die Sozialarbeiter des Elijah-Vereins setzen sich für die Kranken ohne Krankenversicherung und die notwendigen Medikamente ein, starten Aktionen für die Sauberkeit in den Hütten, elementare Sachen wie das Wäschewaschen, helfen Gemüsegärten anlegen und Dächer und Wände abdichten, bieten persönliche Beratung und Freundschaft.

Den allgegenwärtigen Müll in den Dörfern sammeln Frauen täglich im Rahmen des Projektes „Sauberes Dorf“ und werden damit mit der projekteigenen Währung „Tiger“ belohnt, die sie im Tiger-Shop für lebensnotwendige Güter eintauschen können. Arbeiten kann man auch in anderen Einrichtungen des Vereins, dafür gibt es dann fünf Tiger in der Stunde. Kinder, die zur Schule gehen, haben die Möglichkeit, in eigens hierfür eingerichteten Zentren zu lernen, Nachhilfestunden zu nehmen oder zu spielen und erhalten täglich ein warmes Mittagessen. Musiker der Hermannstädter Philharmonie betreuen rund 100 Kinder und geben Unterricht auf verschiedenen Instrumenten. Nach und nach sind eine Töpferwerkstatt, eine Backstube, eine Weberei und eine Papierwerkstatt entstanden, in denen die Dorfbewohner beschäftigt werden.

In Neudorf hat der Verein die ehemalige Volksschule gekauft und sie in ein Sozialzentrum umgewandelt. Den rund 100 Jahre alten Bau, der den Namen „Casa Thomas“ tragen wird, erweckt der Verein nun zu neuem Leben. Der heilige Thomas war der Apostel, der die Wunden Jesu berühren wollte, um zu glauben. Im Sozialzentrum sollen nach und nach Sanitäranlagen und Duschen entstehen und für Mütter mit kleinen Kindern eine Waschküche mit Kleiderkammer sowie ein Näh- und Bügelzimmer. Auch Räume für Musik und Unterricht sollen eingerichtet werden, wo die Kinder bei Licht und Wärme lernen können. Geplant sind auch Räume für Beratungen zu Hygiene, Medizin, Behördengängen (weil einige der Dorfbewohner nicht einmal Personalausweise besitzen) und Sozialhilfe. Im Dachboden der Volksschule soll ein Zimmer und ein Gemeinschaftsraum für die Freiwilligen entstehen, die drei bis 12 Monate für den Verein vor Ort tätig sind.

Holzmengener Handwerker

In Holzmengen hat der Elijah-Verein eine Lehrwerkstatt eingerichtet. Da viele der Roma-Jugendlichen keine Pflichtschule absolviert haben, haben sie keine Chance, ein Handwerk oder einen Beruf im öffentlichen System zu erlernen. Die Lehrwerkstatt soll ihnen die Möglichkeit geben, sich und ihre Familien in Zukunft zu versorgen. Zu diesem Zweck wurde eine alte Scheune renoviert und ausgestattet. Hier lernen bereits erste Lehrlinge, pünktlich und täglich am Arbeitsplatz zu erscheinen und die vorgegebenen Aufgaben exakt durchzuführen. Gefertigt werden einfache Bänke oder Regale für die Sozialzentren des Vereins, sowie für die Familien. Im Rahmen der regelmäßigen Renovierungsarbeiten an den Gebäuden und den Roma-Hütten erlernen die Lehrlinge weitere handwerkliche Fähigkeiten. Zusätzlich erlangen die Jugendlichen Grundkenntnisse im Lesen, Schreiben, Rechnen und Messen – Fähigkeiten, die im Arbeitsleben unerlässlich sind.

Tierzucht in Neudorf

In Neudorf verhilft der Verein den Dorfbewohnern, mithilfe der Hermannstädter Niederlassung des Konzerns Biomin, dazu, mit Tierzucht ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Dabei sollen die Familien für die Pflege des eigenen Haushaltes und die Tierzucht interessiert und den Jugendlichen eine sinnvolle Beschäftigung gegeben werden. Ziel ist eine Verbesserung der sozialen Gegebenheiten in der Gemeinschaft. Im März 2015, als das Projekt „Biomin Farming“ begann, wurden von Mitte März bis Ende April Schweine- und Hühnerställe gebaut und 11 bedürftige Familien zwischen Mitte April und Anfang Juni mit je einer Mangalitza-Sau und zehn Rassehühnern beschenkt. Die Familien werden regelmäßig mit Spezialfutter beliefert, bisher knapp 17.000 Kilogramm. Der einzige Haken, der eigentlich gar keiner ist: Die geschenkten Tiere dürfen nicht geschlachtet oder verkauft werden, und von jedem Wurf muss die Familie ein Ferkel einer anderen bedürftigen Familie spenden – den Rest darf sie behalten und frei darüber verfügen.

Außerdem spendet jede Familie einer anderen bedürftigen Familie wöchentlich zehn Eier. Bisher warfen die Säue insgesamt 44 Ferkel, von denen jeweils sieben nach Ziegental und nach Neudorf gespendet wurden. Von den teilnehmenden Familien wurden knapp 1.050 Eier gesammelt, die anderen Familien gespendet wurden. Das Projekt wurde 2016 um weitere acht Familien erweitert, die Investition im Wert von bisher 160.000 Euro soll insgesamt drei Jahre laufen, das heißt bis Dezember 2017. Derzeit wird angedacht, das Projekt in nächster Zukunft auch auf den Kartoffelanbau auszudehnen. Das umfassende Projekt in Holzmengen, Neudorf und Ziegental hat mit der Zeit Aufbruchstimmung in die Dörfer gebracht und den Bewohnern neue Hoffnung gegeben. Der Grundstein ist lange schon gelegt worden, nun liegt es an den Familien, selbst Hand anzulegen und sich selbst zu helfen. Das allerwichtigste scheint jedoch zu sein, dass sie neuen Mut gefasst haben, dass sie sich verstanden und nicht verlassen und vergessen fühlen. Für weitere Informationen, Projekte, Berichte oder Fotomaterial des Elijah-Vereins steht dessen Internetseite www.elijah.ro zur Verfügung.