Erinnerung an den 16. November

Am 16. November 2014 sind wir um 9 Uhr von Frankfurt am Main nach Bonn gefahren. Vier junge Rumäninnen und Rumänen, mit Brötchen, Wasser, Regenschirmen und Hoffnungen – eine Toilette konnten wir leider nicht mitnehmen. Ab 11.15  Uhr  standen wir in der Schlange...im Regen. Es war kalt und die Schlange war lang, aber die Erfahrung vom 2. November 2014, als wir sechs Stunden in Stuttgart warteten, hatte uns gestählt. In Bonn trafen wir auf andere rumänische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, die ebenfalls hunderte Kilometer gefahren waren, um ihre Stimme bei den Präsidentschaftswahlen abzugeben. Die Älteren unter uns erinnerten sich an die Schlangen vor 1989 und konnten nicht glauben, dass man in der Europäischen Union im Jahr 2014 immer noch auf dieser Weise erniedrigt wird.

Fünf Stunden später konnten wir den Hof des rumänischen Konsulats betreten. Die Menschen hatten keine Geduld mehr. Die Kinder weinten. Man brüllte, pfiff, sang, schimpfte auf die Regierung, auf den Premierminister und auf das Außenministerium. Umsonst. Erst nach weiteren vier Stunden, etwas nach 20 Uhr, hatte ich den Stempel in der Hand. Wir verlangten die Verlängerung der Wahlzeit. Umsonst. Deutsche Staatsbürger, die in der Nähe des Konsulats wohnten, riefen die deutsche Presse und äußerten ihre Solidarität mit der wartenden Masse. Neun Stunden hat es gedauert, bis man im 21. Jahrhundert in der Europäischen Union diesmal wählen konnte. Andere, in anderen europäischen Städten, haben länger und unter schlimmeren Bedingungen gewartet. Die Mehrheit dieser rumänischen Staatsbürger sind angemeldete Steuerzahler in Deutschland, England, Frankreich, Italien, Spanien usw. und erhalten ganze Familien in Rumänien durch ihre Arbeit im Ausland. Ein junger rumänischer Arzt musste nach den neun Stunden 200 Kilometer fahren, um am nächsten Morgen um 7 Uhr in einem deutschen Krankenhaus zu arbeiten.

Am 16. November haben zahlreiche rumänische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger bewiesen, dass sie die europäischen Werte teilen, dass sie bereit sind, für Demokratie zu kämpfen. Durch die Wahl von Klaus Johannis hat man den ersten Schritt gemacht. Gleichzeitig war das aber eine symbolische Abwahl des Premierministers Victor Ponta und seiner Regierung. Sie sind verantwortlich für die Erniedrigung der rumänischen Diaspora – und für vieles mehr. Darüber hinaus lehnen sie es hartnäckig ab, die Verantwortung zu übernehmen. Wir haben unsere Erfahrung aber nicht vergessen und unterstützen somit den Appell des neu gewählten Präsidenten an die Justiz. Der ganzen rumänischen Gesellschaft soll hiermit eine Botschaft aus der Diaspora geschickt werden:
„Remember, remember the 16th of November/The election treason and plot/I know of no reason, why the election treason/should ever be forgot.“