Es war einmal in Adamklissi und Heidelberg

Das Tropaeum Traiani wurde ideologisch oft und stark überfrachtet

Fingerzeig am Hermannstädter Huetplatz auf den Heidelberger Archäologen Friedrich von Duhn (1859-1930) und den Kreis seiner engsten Schüler, Kommilitonen und Berufskollegen. Foto: Klaus Philippi

Hermannstadt – Dr. Polly Lohmann vom Institut für Klassische Archäologie und Byzantinische Archäologie an der über 600 Jahre alten Universität Heidelberg ist nicht zum ersten Mal in Rumänien unter-wegs. Bereits im September 2019 hat sie in Klausenburg/Cluj-Napoca ihre siebenbürgische Lieblingsstadt entdeckt und sich über Bukarest bis in die Dobrudscha vorgewagt. Das 1977 dort unter der kommunistischen Herrschaft von Nicolae Ceaușescu rekonstruierte Tropaeum Traiani bei Adamklissi lässt sie nicht aus seinem Bann. „Als Wissenschaft ist Archäologie zwangsläufig politisch – ob man es will oder nicht“, weiß Dr. Polly Lohmann entsprechend klar zu bestätigen. Seit Anfang vergangener Woche touren die Kuratorin der Antikensammlung Heidelberg und ein von ihr begleitetes Team Studierender in archäologischer Ausbildung durch den östlichsten EU-Mitgliedsstaat. Ihr Gastaufenthalt in Rumänien endet morgen, am 6. Oktober, im Archäologischen Nationalmuseum der Altstadt von Constanța.

Die wandernde Pop-up-Ausstellung „Archäologie und Politik. Die zwei Geschichten des Tropaeum Traiani zwischen Heidelberg und Adamklissi“ hatte Donnerstag, am 30. September, Glück auf dem Huetplatz/Sibiu in Hermannstadt/Sibiu. Eine gerade mal nur zwei bis drei Tage lang dauernde, aber recht starke Regenfront hatte sich nachts vorher wieder vom Himmel verabschiedet und das Feld für etwas Sonne und trockenen Wind geräumt. Die Schautafeln in grün gehaltenem Layout der Gäste aus Heidelberg mussten somit nicht von Nässe gereinigt werden, ehe die Weiterfahrt am Wochenende nach Bukarest ging. Der Heidelberger Harald Hofmann, Assistent des Archäologen Friedrich von Duhn, war im Frühjahr 1918 für ganze acht Wochen vom Wehrdienst als Soldat Deutschlands beurlaubt worden, um sämtliche noch aufbewahrten originalen Bauteile des längst nicht mehr vollständig erhaltenen Tropaeum Traiani in Gips zu kopieren.

Statt in Adamklissi führte der fachkundige Soldat der deutschen Besatzungsmacht seinen archäologischen Auftrag in Bukarest aus, wohin Grigore G. Tocilescu die einzelnen Elemente des Denkmals zu Ende des 19. Jahrhunderts hatte transportieren lassen. Bevor es 1977 unter großem Pomp an seiner originalen Stätte rekonstruiert und der Öffentlichkeit zur Pflege einer nicht selten übertriebenen Erinnerung an die dako-römische Abstammung des rumänischen Staatsvolkes übergeben wurde, machte auch Deutschland es sich propagandistisch mehrfach zunutze. In Heidelberg blieben die 54 Teilkopien des Tropaeum Traiani nicht einmal im aufschäumenden Jahr der 1968er-Revolution vom diskursiven Zugriff aufstrebender Intellektueller verschont. Das Siegesmonument, das heute vor fast zweitausend Jahren zu Ehren jenes römischen Kaisers errichtet wurde, der die Daker letztlich in die Knie zu zwingen vermochte, hat im Osten wie im Westen teils „barbarischen“ Umgang erfahren müssen.

Dr. Polly Lohmann aber und ihre an der archäologischen Pop-up-Ausstellung mitarbeitenden Studierenden wissen, dass auch Fragen gestellt sein wollen, die wahrscheinlich nie jemals mit eindeutigen Antworten gelöst werden können. Ob die noch heute in Heidelberg zu besichtigende Kopie denselben Kunstwert auf sich vereint wie das nicht mehr original erhaltene Tropaeum Traiani in Adamklissi? Und wie ist überhaupt der Eintrag der Kopie in das Inventar der Antikensammlung Heidelberg einzuordnen? Als Kunstraub oder vielleicht doch eher als Kunstschutz? Statt deftigen Zank-Affären für Gegenwart oder Zukunft liefert die historiographisch schlicht und einfach doppelte Identität des Tropaeum Traiani spannende Motive, die für den allgemeinbildenden Geschichtsunterricht und darum auch die Dekonstruktion überzogener Mythen wichtig sein können. Seinen Zauber wird das Tropaeum Traiani erst verlieren, wenn man meint, keine weiteren Fragen mehr an ihm festmachen zu müssen.