EU-Projekte als Auftrieb für die Stadt

Attraktives Projekt für SPA-Zentrum in Lugosch

Von Balthasar Waitz - Die Stadt Lugosch/Lugoj, mit seinen 44.000 Einwohnern zweitgrößte Stadt des Kreises Temesch, ist ein Spiegelbild der Banater Geschichte, Wirtschaft und Kulturtradition. 2009 feierte die Stadt ihr 675. Jubiläum. Sie hat nicht die gleichen finanziellen Möglichkeiten, Chancen und Perspektiven einer Großstadt oder eines Entwicklungspols wie zwei andere Banater Städte, Temeswar und Arad. Im Laufe der Wirtschaftskrise hatte die Lugoscher Kommunalverwaltung demnach schon dabei Mühe, die nötigsten Mittel für das gute Funktionieren der Stadt bereitzustellen. Während der vorherigen Regierungszeiten der Sozialdemokraten, vor allem unter der Nãstase-Regierung, galt die Stadt als Vorzugskind: Der stets lückenhafte Haushaltssäckel wurde immer, wenn auch nicht rechtzeitig dann in zwölfter Stunde bzw. im Spätherbst, aufgefüllt.

Die Regierungszuwendungen für Gehälter, Infrastruktur, Transport, Beheizung der Stadt usw., für die unzähligen Reparaturarbeiten brachten die Verwaltung von Jahr zu Jahr über die Runden. Ein beredtes Beispiel: Das Großprojekt der Eisenbahnüberführung, das jahrelang den Stadt- und Regionalverkehr geknebelt hatte, wurde mit Ach und Krach in sage und schreibe 15 Jahren fertig. Nicht aus Eigenmitteln, sondern aus denen der Regierung. Auf derartige Unterstützung kann die vom PSD-Bürgermeister Francisc Boldea geleitete Stadtverwaltung von der PDL-Regierung nun schon seit Jahren nicht mehr hoffen. Und somit mussten auch viele der Stadtprojekte wegen Geldmangel allmählich aufs Eis gelegt werden.

 

Mit serbischen Partnern

Die Not macht jedoch erfinderisch, sagt man. Aus diesem Tief ohne Perspektiven heraus, aber auch vom guten Beispiel von Banater Kleinstädten wie Hatzfeld, ja sogar von etlichen Temescher Gemeinden angespornt, verlegte die Lugoscher Kommunalverwaltung ihr Augenmerk auf die Eigeninitiative, die Entwicklung von schwierigen Langzeitvorhaben. Diese nicht einfach durchsetzbaren Projekte bieten wegen ihrer großzügigen EU-Finanzierung nicht nur eine große Haushaltsentlastung, sondern auch alle Attribute von richtigen Entwicklungsschüben. Und die Stadt Lugosch, seit Jahren Partner einiger serbischen Städte und Gemeinden, hat diese Chance genützt, um seine Projekte im Rahmen des IPA-Programms der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit Rumänien-Serbien durchzuführen.

Zwei dieser Gemeinschaftsprojekte sind nennenswert, da sie als entschiedene Schritte in der Stadtentwicklung Lugosch neue Zukunftsperspektiven bringen: Das erste, ein Gemeinschaftsprojekt mit der Stadt Werschetz/Vrsac, sieht die Errichtung eines hochmodernen SPA-Zentrums in Lugosch und die Sanierung des Zentralparks der serbischen Grenzstadt vor. Das Projekt trägt den hoffnungsvollen Namen „Spark for The Future“ (Glimmer für die Zukunft). Das Gesamtbudget beträgt über 2,3 Millionen Euro. Davon kommt Lugosch eine nichtrückzahlbare Summe von mehr als 1,8 Millionen Euro zu, mit nur knapp 38.000 Euro fiel der verpflichtende Eigenbetrag der Stadt äußerst günstig aus. Das Projekt nahm schon Ende 2010 so richtig Form an: Das SPA-Zentrum, von dem man sich eine beträchtliche Steigerung der touristischen Attraktivität der Stadt an der Temesch verspricht, soll auf dem freien Gelände des alten Reitsportplatzes im Nordosten der Stadt, an der Ringstraße entstehen.

Auf einer Fläche von fast 90.000 Quadratmetern soll ein moderner Komplex (bebaute Fläche: 3200 Quadratmeter) für allerhand Freizeitaktivitäten, Tourismus und Sport errichtet werden: Geplant sind ein See mit Booten, Anlegestelle, ein Mini-Hotel und eine Mini-Bar, vier Tennisplätze, je zwei Basketball- und Volleyballplätze, drei Fußballplätze, Tische für Liebhaber des Tischtennis, ein Turm für Klettersportler, ein grünes Labyrinth, Radfahrwege, Alleen, Kinderspielplätze, Grünflächen und Parkplätze. Laut Bürgermeister Francisc Boldea könnte das Vorhaben in zwei-drei Jahren in öffentlich-privater Partnerschaft verwirklicht werden. Die Sanierung des alten, traditionsreichen Reitsportplatzes, der zehn Jahre vom Unterrichtsministerium „verwaltet“ bzw. eher völlig heruntergewirtschaftet wurde und erst 2008 nach einem achtjährigem Prozess wieder in Stadtbesitz kam, liegt den Stadtvätern und der Lugoscher Bevölkerung gleichfalls am Herzen. Die Lugoscher waren und sind auch heute große Liebhaber des Reitsports, auf dem Platz wurden noch bis 1996 Wettkämpfe abgehalten.

Ein weiteres Gemeinschaftsprojekt , suggestiv „Banat Sun 4 All“ (Banater Sonne für alle) betitelt, diesmal mit der serbischen Stadt Pantschewo/Pancevo, sieht wohl weniger glanzvoll als wirtschaftlich nützlich aus: Geplant ist die Einrichtung von großflächigen Sonnenzellen auf sieben öffentlichen Gebäuden der Stadt, die den Bedarf an Warmwasser sichern sollen. Im Visier sind vier Kindergärten, die Sozialkantine, das Altenheim und der Sportsaal. Vom Gesamtbudget von über 900.000 Euro werden mehr als 218.000 Euro Lugosch zukommen. Die Projektdauer beträgt 24 Monate.

Was also geschehen musste, ist geschehen: Die Stadtverwaltung hat den unabänderlichen Niedergang des ehemaligen Industriesektors aus der „Goldenen Epoche“ (Textil-, Keramik-, Schuhindustrie und Metallverarbeitung) nach der Wende spät aber doch verkraftet. Nun setzt man in Lugosch, nach dem positiven Vorbild des privaten Wirtschaftssektors mit erfolgreichen Firmen wie Rieker, Hella, Schieffer, Honneywell oder Autoliv, verstärkt auf Eigeninitiative und zukunftsorientierte Großprojekte. Die Stadt – 130 Kilometer von der ungarischen Grenze, 55 Kilometer vom Temeswarer Flughafen entfernt, an der im Bau befindlichen Autobahn des paneuropäischen Korridors 4 gelegen – hat schon handfeste Argumente und offensichtlich noch ein großes, ungenutztes Entwicklungspotenzial.