Filme mit starken Botschaften

Im Fokus der 17. Gopo-Prämierung: Gesellschaftskritik und „wahre Werte“

Ofelia Popii vom Hermannstädter „Radu Stanca“-Theater mit der Gopo-Statue für die beste Darstellerin in einer Nebenrolle im Film „Om Câine“ (Mensch und Hund) unter der Regie von Ștefan Constantinescu) | Fotos: Miluță Fluieraș/Premiile Gopo

Der Große Saal des Nationaltheaters in Bukarest war zur Gala der Preisverleihung rappelvoll.

Im Rahmen der 17. Gala der Gopo-Preisverleihung, die am 25. April am Nationaltheater „I. L. Caragiale” in Bukarest stattfand, sind vor über 600 Zuschauern die bedeutendsten rumänischen Filmproduktionen ausgezeichnet worden. Die schwarze Komödie „Oameni de treabă” (Anständige Menschen) wurde mit fünf Trophäen ausgezeichnet: bester Film, beste Regie (Paul Negoescu), bestes Drehbuch (Radu Romaniuc und Oana Tudor), bester Nebendarsteller (Vasile Muraru) und bester Schauspieler (Iulian Postelnicu). Postelnicu wurde auf der Online-Plattform Cineuropa für seine hervorragende Leistung als Polizist Ilie gelobt. Der Dorfpolizist, der von Ruhe träumt und die kleinen Konflikte in der Gemeinschaft zu lösen versucht, wobei er immer wieder ein Auge zudrückt, wenn das Gesetz gebrochen wird, läuft nach einem Mord zu seiner Hochform auf und bringt konsequent alle Schuldigen hinter Gitter.  Anamaria Antoci, eine der Produzentinnen des Films, bedankte sich für den Hauptpreis des Abends auch bei den bulgarischen Koproduzenten, ohne deren Unterstützung dieser nicht hätte entstehen können. „Es ist schwer, in Rumänien Filme zu machen. Es ist schwer, das Geld aufzutreiben.“ 

Der Film „Metronom”, der in elf Kategorien nominiert war, heimste vier Trophäen ein: bestes Bild (Tudor Vladimir Panduru), bestes Bühnenbild (Bogdan Ionescu), beste Kostüme (Ioana Covalcic), bestes Make-Up und Hairstyling (Irina Ianciuș und Marie-Pierre Hattabi). Der Streifen, der bei den Filmfestspielen in Cannes mit dem Regiepreis „Un Certain Regard” (Ein gewisser Blick) ausgezeichnet wurde, handelt von zwei Lyzeanern aus dem Rumänien der 1970er Jahre, die Briefe an die Sendung „Metronom” von Radio Freies Europa schreiben.

Im Kampf gegen Gewalt

Auch „Imaculat”, das Drama einer jugendlichen Drogenabhängigen in einer Entzugsklinik, das internationale Anerkennung erhielt, stach bei der Gopo-Gala heraus. Regisseurin und Drehbuchautorin Monica Stan und Regisseur und Kameramann George Chiper-Lillemark erhielten dafür den Debütpreis. Sie schaffen in ihrem Werk eine erdrückende Atmosphäre, die von der latenten Gewalt während des ganzen Films aufrecht erhalten wird. Um Gewaltsituationen im Alltag zu vermeiden, unterstrich Monica Stan auf der Bühne des Nationaltheaters die Bedeutung des Einsatzes eines jeden im Kampf gegen Gewalt. 

Auch Schauspielerin Ioana Chițu, die für die Rolle im Drama „Crai Nou“ zum aufstrebenden Talent gekürt wurde, forderte das Publikum auf, im Alltag gegen häusliche Gewalt einzustehen. In Alina Grigores Film spielt sie eine junge Frau, die versucht, aus ihrer komplizierten Familie zu flüchten, um körperlicher und psychischer Gewalt zu entgehen. „Crai Nou“ erhielt bei den Festspielen in San Sebastian den großen Preis.

Ebenfalls gegen Gewalt jeder Art sprach sich die junge Regisseurin Teona Galgoțiu aus, die ihre Gopo-Statue für den besten Kurzfilm „Vreau să sparg sera“ (Ich will das Glashaus zerschlagen), stolz in der Hand hielt. Sie lud die Anwesenden, und somit die Zuschauer der Gala Zuhause, ebenfalls dazu ein, bei Gewalt nicht wegzuschauen, sondern einzugreifen, wenn jemandem Leid angetan wird.

Für ihre Rolle in der Sozialsatire „Dog Poor Girl“ erhielt Andreea Grămoșteanu die Statue für die beste Hauptdarstellerin. Sie spielt eine Hundebesitzerin, deren Hund in der U-Bahn erbricht. Die Frau wischt nicht auf, die Fahrgäste schimpfen sie aus. Die gewaltvolle Szene wird gefilmt, gepostet und verbreitet sich rasend auf sozialen Medien. Bald machen die Menschen der Frau das Leben zur Hölle.

„Gefördert werden die wahren Werte“

Der Dokumentarfilm „Spioni de ocazie” (Gelegenheitsspione) von Oana Bujgoi Giurgiu erhielt die meisten Stimmen der Jury als bester Dokumentarfilm. Aber auch der Ton des Films wurde mit einer Statue geehrt. Der in fünf Kategorien nominierte Film spricht über gewöhnliche Menschen, die während des Zweiten Weltkriegs vom Britischen Geheimdienst rekrutiert wurden, um in Osteuropa Fluchtwege für die Kriegsflüchtlinge zu finden und den Widerstand zu bilden.

Regisseurin Lia Bugnar und Schauspieler Marius Manole, die Moderatoren der Gala, kündigten auch einen besonderen Preis an: Dieser ging an die Schnittmeister Melania Oproiu, Nita Chivulescu und Mircea Ciocâltei. Oproiu hat unter vielen anderen die Verfilmungen von Eginald Schlattners „Der geköpfte Hahn“ und „Rote Handschuhe“ (Regie: Radu Gabrea) geschnitten, sowie einige von Alexandru Tatos’ oder Elisabeta Bostans Streifen. Nita Chivulescu ist für die Montage von u. a. Sergiu Nicolaescus oder Șerban Marinescus Filme („Cel mai iubit dintre pământeni“) bekannt. Sie hat aber auch mit Stere Gulea, Cristi Puiu, Cristian Mungiu und Lucian Pintilie zusammengearbeitet. Mircea Ciocâltei schnitt „Semnul șarpelui“ (Regie: Mircea Veroiu), „Moromeții“ (Regie: Stere Gulea, 1986) oder Nae Caranfils „Asfalt tango“. Für die gesamte Karriere erhielten Schauspieler Ioana Crăciunescu und Mircea Andreescu Gopo-Statuen und langen Applaus.

Die in fünf Kategorien nominierte Hybrid-Dokumentation „Pentru mine tu ești Ceaușescu” (Für mich bist du Ceaușescu) von Sebastian Mihăilescu ging leer aus. Der Film zeigt junge Menschen zwischen 15 und 22 Jahren aus ganz unterschiedlichen Milieus, die zum Casting für die Rolle des ehemaligen Diktators Nicolae Ceaușescu (in dessen jungen Jahren) antreten. Sie bemühen sich, die Motivation des Diktators für seine Gräueltaten zu ergründen. Was daraus hervorgeht, ist ein Portrait der neuen Generation.

Rund 650 Profis in allen Filmbereichen wählen Jahr für Jahr, insgeheim und individuell, ihre Favoriten aus einer Liste von Nominierten. Diese wird von einer professionellen Jury erstellt, die alle Bereiche der Industrie (Film, Regie, Drehbuch, Darstellung, Schnitt, Debüt, Make-Up, Hair-Styling, Bühnenbild, Dokumentation, Kurzfilm, Animation) beachtet. Gefördert werden die „wahren Werte bei einem breiten Publikum”, wie Lia Bugnar am Anfang des Abends sagte. 

Die Gopo-Preisverleihung wird vom Verein zur Förderung des Rumänischen Films (Asociația pentru Promovarea Filmului Românesc) organisiert. Für den 100. Geburtstag des  bedeutenden Regisseurs und Animators Ioan Popescu Gopo gestaltete der Verein ein kurzes Video aus Gopos Animationen, das bei der Gala gezeigt wurde. Geiger Alexander Bălănescu improvisierte die Musik dazu.

Um den verstorbenen Profis der Filmindustrie zu gedenken, sang Sofia Vicoveanca ein Trauerlied, während sich die Portraits der Dahingeschiedenen abspielten. 

Funkeln, Strahlen und ein bisschen Kritik...

Bei dem einzigartigen Ereignis ließen sich Stars aus Film-, Mode- und Fernsehbereich von ihrer besten Seite ablichten. Elegante Kleider, Stöckelschuhe, aufwendige Frisuren und ungewöhnliche Schmuckstücke wurden auf dem roten Teppich zur Schau getragen. Viele der Anwesenden ließen sich neben der Statue der Gopo-Figur in natürlicher Größe fotografieren. Sie wurde von Adrian Alexandru Ilfoveanu entworfen und wird jährlich als Trophäe vom Künstler in kleinem Format für die Preisträger angefertigt. 

Manche der preisgekrönten oder nominierten Filme sind auf den Streaming-Plattformen Netflix, Hbo Max, Tiff Unlimited oder Voyo zu sehen, andere werden auf verschiedenen Filmfestivals gezeigt. Viele Zuschauer jedoch werden noch lange darauf warten müssen, sich an den Leinwandgeschichten zu erfreuen. Nicht jede rumänische Stadt hat ein Kino und die meisten privaten Kinos zeigen Filme, die nur das Massenpublikum anlocken.