Fluggepäckstress

Symbolgrafik: freeimages.com

Schon lange wollten wir meinen in Malaga lebenden Vater besuchen, doch horrende Flugpreise und mehrere umständliche Zwischenlandungen schreckten uns immer wieder ab. Endlich, in der toten Nebensaison zwischen Januar und März, fanden wir ein erschwingliches Ticket für einen Direktflug. Der Haken: Man musste für jede klitzekleine Zusatzleistung, vor allem den Luxus eines Fluggepäcks, kräftig extra löhnen. So kämpft man sich also durch das Buchungsformular im Internet und muss höllisch aufpassen, nicht versehentlich irgendeine Versicherung oder Sitzplätze mit extra Fußraum anzuklicken. Beim Verzicht auf das aufzugebende Gepäck denkt man noch, was braucht der Mensch schon für zwei Wochen Sonnenschein? Da reicht das Handgepäck locker. Was nicht hineinpasst, wird angezogen. In den ach so strengen Regeln der Fluglinie steht schließlich nicht, dass man keine fünf T-Shirts übereinander tragen darf.

Das Problem begann einen Tag vor dem Abflug. Und zwar mit der Erkenntnis, dass keine unserer hunderttausend schicken Taschen oder Köfferchen den strikt vorgegebenen Maßen des Handgepäcks entsprach. Der allerletzte Heuler, ein verkratzter Koffer mit verklemmtem Ausziehgriff, passte dann doch. Dazu eine gemusterte Billigstofftasche, Modell „Türkenkoffer“, für mich. Na prima! Dann in letzter Minute ein weiterer Panikanfall: Wohin mit den Geschenken? Dafür gingen nicht nur zwei Stunden Experimentieren mit allen Packvarianten, sondern ein ganzes Handgepäck drauf!
Auf der Rückreise sollte es noch schlimmer kommen. In der Ecke unseres Schlafzimmers sammelten sich nach und nach Dinge an, die wir unbedingt mitnehmen wollten: Oliven zum Selbsteinlegen aus dem väterlichen Garten, Zitrusfrüchte mit ungespritzter Schale, fette, frische Avocados, ein winziges Olivenbäumchen. Der Haufen wuchs täglich. Unsere Miniköfferchen leider nicht. „Was soll’s“, beruhigte ich meinen Mann, „ein paar Klamotten können wir auch dalassen.“

Am Abend vor dem Abflug dann wieder die Stunde der Wahrheit: Während ich per Laptop einzuchecken versuchte – mit Internetstick aus der Sierra Nevada ein Unterfangen zum Verzweifeln – machte sich George ehrgeizig ans Packen. Drei Stunden später, nach unzähligen Fehlermeldungen und abgebrochenen Verbindungen, stand ich schweißgebadet mit den ausgedruckten Bordkarten im Schlafzimmer. Der Haufen lag fast unverändert zu meinen Füßen. „Was, du hast noch gar nicht angefangen?“ blaffte ich ihn an. „Ich bin schon fertig“, tönte es kleinlaut zurück. Unter dem Bett zwei fest verschnürte Päckchen. „Und die Oliven? Der Rosmarin? Die Pomelos?“ „Dableiben – oder nochmal abspecken“, konterte er lakonisch. Wir opferten Rasierschaum, Kosmetika und Schuhe einem Bruchteil des Mitbringselhaufens. Dann stieg George auf die Waage und hob das erste Gepäck zaghaft an. ZONGGG! Statt der erlaubten zehn Kilo schnellte der Zeiger um ganze 20 hoch! Dass mein Göttergatte bei unserer zweiwöchigen „Zitrusdiät“ drei Kilo abgenommen hatte, wird die Fluggesellschaft wohl nicht honorieren. Also wieder umpacken, wiegen, neu packen. „Noch 700 Gramm Oliven“, frohlockte mein Mann. Ich wog sie mit der Küchenwaage ab und presste sie in die Tasche. Hurra, nun lagen wir knapp unter zehn! „Meine Hose muss da noch rein“, dämpfte George meine Freude. Entsetzt starrte ich den dicken Stoff mit den vielen Taschen an. „Halt! Pack lieber meine dünne Hose ein – ich zieh deine auf den Flug an!“ Mit Seidenschal als Gürtel und zwei voluminösen Fotowesten übereinander sah ich zwar aus wie ein Terrorist, dafür kamen der Rosmarin und die Limquats noch unter. 

Und die Moral von der Geschicht? Die gibt es eigentlich nicht! Denn wenn man zu einer Zeit fliegt, wo eine Badehose für den ganzen Urlaub reicht, wächst dort nichts Mitnehmenswertes im Garten. Und der Flug ist dann so teuer, dass die Mitbringsel den Mehrpreis auch nicht ausgleichen. Nichtmal ideell...