Fokus auf Toleranz

Plakat-Wanderausstellung kam in Temeswar an

Die Wanderausstellung „Tolerance Traveling Poster Show“ kann derzeit an fünf Orten in Temeswar besichtigt werden: Typopassage, TypoCafe, TypeYard, TypoAtelier und TypoLejer.

Der bosnische Künstler Mirko Ilic war bei der Eröffnung der Ausstellung in Temeswar anwesend und hielt auch eine Führung und einen Vortrag zu diesem Anlass.

Ovidiu Hrin ist Initiator der Mikrogalerien für Grafikdesign Typopassage in Temeswar.

Auch der Temeswarer Grafikdesigner Ovidiu Hrin drückte seine Vision der „Toleranz“ aus.
Fotos: Typopassage TM

Wie sieht denn „Toleranz“ aus? Wie kann man sie ohne Worte ausdrücken und sie einfach nur durch Illustrationen zum Ausdruck bringen? Das nahm sich vor einiger Zeit der bosnische Künstler Mirko Ilic vor und lud DesignerInnen aus aller Welt ein, den Begriff „Toleranz“ in ihrer Muttersprache zu „visualisieren“. So ist eine Sammlung von Plakaten von über 90 Werken zu diesem Thema entstanden. Das Ergebnis dieser Initiative ist nun in der „Tolerance Traveling Poster Show“-Wanderausstellung zu sehen. Diese wurde inzwischen in 18 Ländern rund um die Welt vorgestellt. Auch in Temeswar/Timişoara macht die Ausstellung Halt. Bis zum 5. November können die Plakate an verschiedenen Orten in der Stadt bewundert werden.

Bunt, ernst, ausgefallen - die Poster drücken in ihrer Gesamtheit Verschiedenheit und Duldsamkeit aus. Etablierte DesignerInnen, KünstlerInnen und Illustratoren aus über 40 Ländern trugen zum „Tolerance“-Projekt bei. Die Wanderausstellung war unter anderen in den USA, in Slowenien, Kroatien, Montenegro, Serbien, Spanien und den Niederlanden zu Gast – und das immer sichtbar, im öffentlichen Raum, nicht in Galerien, sondern gerade dort, wo Toleranz erlebt, diskutiert und hinterfragt wird – heißt es seitens der Organisatoren. In Temeswar sind die Poster in Zusammenarbeit mit Typopassage Timişoara an fünf nichtkonventionellen Orten in der Stadt zu sehen: Typopassage, TypoCafe, TypeYard, TypoAtelier und TypoLejer.

TypopassageTM ist das erste Museum für grafisches Design in der Bega-Stadt. Ausgegangen von dem Konzept der Typo Passage Wien, das Mikromuseum für Gestaltung von und mit Schrift, das sich im Museumsquartier in der österreichischen Hauptstadt befindet, wurde Typopassage TM 2011 auf der Promenade des Bega-Kanals flussabwärts unter der Tinereţii-, derzeit Mitropolit-Andrei Şaguna-Brücke, eröffnet. „Als erstes Freilichtmuseum dieser Art in Rumänien möchte der nicht konventionelle Raum symbolisch seine Bindeglied- und seine kommunizierende Funktion ausdrücken. Die Themen, die wir dabei angehen, sind auch spektakulär und relevant für die breite Öffentlichkeit. Ziel ist, Grafikdesign und typografische Kunst durch Ausstellungen, Workshops, Konferenzen, eine jährliche Publikation und eine Online-Plattform zum Buchstabendesign als Kunst bekannt zu machen.“, sagt Ovidiu Hrin, Temeswarer Grafikdesigner und Initiator des Projekts. Mittlerweile hat sich das Typopassage-Projekt zu einem Netzwerk von Mikro-Galerien für Design und typografische Kunst entwickelt.

Unter der Bega-Passage befindet sich auch das Wandwerk „TypoWall“, eine Wand von 30 Quadratmetern, die jedes Jahr eine neue Graphik bekommt. Ausgegangen vom aktuellen Toleranz-Thema wurden diesmal 20 Künstler, Architekten, Illustratoren und Grafiker eingeladen, zusammen zu arbeiten und dabei ihre eigenen Einsichten zu diesem Thema auszudrücken. „Seit 2012 gibt es auch die kleinste Typopassage-Location in der Stadt. Auf der Eugen-von-Savoyen-Straße Nr.5, im Mokum-Kaffeehaus, befindet sich TypoCafé. Hier werden Mikroausstellungen in Begleitung von Hintergrund-Erzählungen und Kontextdetails vorgestellt. Seit kurzem gibt es auch gedruckte Ausgaben von Typopassage, die beim Kaffeetrinken durchgeblättert werden können“, erzählt Ovdiu Hrin.

TypoYard und TypoAtelier sind zwei weitere Orte, die zu Mikrogalerien geworden sind. TypoYard ist in Zusammenarbeit mit dem D´arc Café entstanden – im Hof und in einem Raum des Kaffeehauses am Temeswarer Domplatz Nr. 5 werden Ausstellungen, Events, Design-Installationen, Vorträge und Werkstätten organisiert. Seit kurzem gibt es auch TypoLejer – ein weiterer Freiluftraum im Innenhof eines der populärsten Orte in der Stadt: das Haus, das das unabhängige Theater Auăleu und das „Museum des kommunistischen Konsumenten“ (an der László Székélyi-Straße Nr.1) beherbergt.

Die Vernissage der Wanderausstellung „Tolerance Traveling Poster Show“ in Temeswar fand am 5. Oktober, am Vorabend der Volksbefragung zur „traditionellen Familie” in Rumänien, statt. Dies war nur ein purer Zufall, lässt Ovidiu Hrin wissen. „Die Vorbereitungen für diese Ausstellung in Temeswar haben schon im Frühjahr dieses Jahres begonnen, und das Datum der Vernissage wurde lange vor der Bekanntgabe des Referendum-Termins festgelegt. Dabei kann man eine Ausstellung von 95 Werken an fünf verschiedenen Orten, dazu mit einem Programm von Veranstaltungen, unter anderen mit zwei Konferenzen, einer Führung und mit der Teilnahme eines sehr beschäftigten Gastes, der gerade aus New York antraf, nicht von heut´ auf morgen planen“, erklärt der Grafiker. „In den vergangenen Jahren haben wir das Typopassage-Publikum an Herbstausstellungen, Ende September – Anfang Oktober, gewöhnt. Wir programmieren diese zu Beginn des akademischen Jahres, indem wir auch Studierende ansprechen, denn wir möchten, dass sie von den Beispielen für herausragende Leistungen in Grafikdesign und Plakatkunst profitieren“, fügt Ovidiu Hrin hinzu.

Interessenten können derzeit eine Ausstellungstour durch alle fünf Typopassage-Locations unternehmen. „Dies ist auch eine gute Gelegenheit, alle fünf Mikrogalerien zu verbinden. Man kann aus jedem der fünf Orte starten, jedoch empfehlen wir den Domplatz als Ausgangspunkt“, setzt der Grafiker fort. Einen Typopassage-Stadtführer mit Informationen zur Ausstellung und Designern kann man an allen fünf Typo-Orten finden.

Ovidiu Hrin ist Gründer und Leiter des Grafikdesign-Studios Synopsis in Temeswar. Der Nikolaus-Lenau-Absolvent hielt Konferenzen und Grafikdesign-Workshops im In- und Ausland (u.a. bei DesignMAI Berlin, Vienna Design Week, European Design Conference Zürich). Seine Arbeiten wurden bisher in zahlreichen Fachpublikationen veröffentlicht und wurden bei internationalen Wettbewerben und Biennalen für Grafikdesign, unter anderen bei den European Design Awards, Zgraf Triennale, Golden Bee Moscow, Graphis New York, dem Shenzhen International Poster Festival, ausgezeichnet.

Mirko Ilic ist seit 1999 Professor für Bildende Kunst an der School of Visual Arts/ SVA New York. Sein Toleranz-Konzept wächst stetig. „Mit jeder Ausstellung laden wir zudem einen lokalen Designer ein, ein weiteres Plakat beizusteuern, um sicherzustellen, dass die Gast-Community auch gut vertreten ist. Die Beiträge sind pro-bono, daher ist es umso bemerkenswerter, dass inzwischen mehr als 90 Plakate aus allen sieben Kontinenten zusammengekommen sind“, sagt der Künstler und Initiator der Ausstellung. Zum 100. Geburtstag Nelson Mandelas im Juli dieses Jahres waren die Plakate im ehemaligen Gefängniskomplex Constitution Hill zu sehen, in dem Mandela einige Zeit inhaftiert war. Nächstes Jahr soll die Plakatsammlung bei der Biennale in Venedig ausgestellt werden. Die Ausstellung wird in Zusammenarbeit mit dem Auschwitz-Institut für Frieden und Versöhnung organisiert. Details zum Projekt kann man auch von der Webseite https://toleranceposters.blogspot.com erhalten.