Gläubige verschiedener Konfessionen „gingen zusammen“

Papst Franziskus zu einem historischen Besuch in Rumänien

Bevor der Papst nach Rom zurückkehrt, segnet er die vielen Menschen, die zum Abschied auf den Hermannstädter Flughafen gekommen waren. Fotos: Agerpres

Im Wallfahrtsort Șumuleu Ciuc jubelten rund 100.000 Gläubige dem Papst zu.

20 Jahre nach dem Besuch von Papst Johannes Paul II. als erster Pontifex in unserem mehrheitlich orthodoxen Land war es am Wochenende wieder soweit: Papst Franziskus reiste nach Rumänien, wo er mehrere Treffen in den drei historischen Regionen Walachei, Moldau und Siebenbürgen wahrnahm. Auf seiner Pastoralreise im osteuropäischen EU-Land bemühte sich Franziskus um die guten Kontakte zur Orthodoxen Kirche, ehrte die Opfer der Christenverfolgung während des Kommunismus und bat die Roma-Minderheit wegen Diskriminierung um Vergebung. Zum Schluss des Besuchs veröffentlichte der Papst, der in den Sozialnetzwerken aktiv ist, einige Zeilen in rumänischer Sprache auf seiner Twitter-Seite: „Möge die Jungfrau Maria ihren mütterlichen Schutz über alle Bürger Rumäniens breiten, die im Laufe der Geschichte auf ihre Vermittlung gebaut haben. Ich vertraue euch alle der Jungfrau Maria an und bete, dass sie euch auf dem Weg des Glaubens leitet“.

Das Oberhaupt der Katholischen Kirche traf sich mit dem Staatspräsidenten Klaus Johannis sowie mit mehreren Vertretern der Glaubensgemeinschaften in Rumänien und wurde von den Gläubigen verschiedener Konfessionen in Bukarest, Jassy/Iași, Schomlenberg/Șumuleu Ciuc und Blasendorf/Blaj wärmstens empfangen. Der Besuch in dem „Garten der Mutter Gottes“, wie schon Papst Johannes Paul II. Rumänien seinerzeit bezeichnet hatte, verlief unter dem Motto „Lasst uns zusammen gehen“. Es ist nicht der erste Besuch, den Papst Franziskus in einem mehrheitlich orthodoxen Land unternimmt. Der hohe Geistliche bereiste Anfang Mai unter anderen das Nachbarland Bulgarien, wo er das Problem der Auswanderung vieler Bulgaren, die keine Zukunftsperspektiven mehr im eigenen Land sehen, ansprach, und zur Aufnahme von Migranten aufforderte.

Es waren schon immer die kleinen Gesten eines trotz seines hohen Amtes recht einfachen Menschen, die den Papst bei den Menschen so beliebt machten. „Betet für mich“ waren seine ersten Worte 2013, unmittelbar nach seiner Papstwahl, vor der versammelten Menge auf dem Petersplatz im Vatikan gewesen – damals schon begegnete er den Menschen auf Augenhöhe. Dass er ihnen gern auf Augenhöhe begegnet, das bewies der Papst wiederholt auch während seines Rumänien-Besuchs. Am Bukarester Flughafen angekommen, wo ihn Staatspräsident Klaus Johannis und seine Frau Carmen empfingen, küsste Franziskus das Kreuz am Hals des orthodoxen Erzbischofs von Târgoviște, Nifon Mihăiță, und wandte sich anschließend einem Kind zu, das im Rollstuhl saß. Die versammelten Menschen klatschten Beifall. Auch sonst prägte ein freundliches Lächeln sein Gesicht, wenn er mit den Menschen sprach bzw. ihnen seinen Segen erteilte.

Der Besuch des Papstes in Rumänien stand ganz im Zeichen der konfessionellen Vielfalt, die unser Land prägt. Obwohl mehrheitlich orthodox – über 85 Prozent der Bevölkerung bekannte sich laut der Volkszählung von 2011 zu dieser Konfession – war die Freude der Rumänen über den Besuch des katholischen Kirchenoberhauptes nicht zur übersehen. Mehrere Tage vor dem Besuch des Papstes füllten sich die Sozialnetzwerke mit Bildern und Artikeln über den hohen Besuch, die Rumänen aller Glaubensgemeinschaften teilten.

Der Papst traf am Freitagnachmittag die hohen Vertreter der rumänischen Orthodoxie. In der Kathedrale der Erlösung des Volkes in Bukarest hieß der orthodoxe Patriarch Daniel das Oberhaupt der Katholischen Kirche willkommen. Hier sprach der Papst vor den versammelten Gläubigen ein „Vaterunser“ in lateinischer Sprache. Franziskus küsste das vergoldete Enkolpion, das der Patriarch am Hals trug, und bezeichnete den Patriarchen als „Bruder“. In seiner Rede bedankte sich Daniel für die „symbolische Unterstützung“, die der Vatikan für den Bau der Erlösungskathedrale gespendet hatte. Trotz des Regens kamen mehr als 150.000 Bürger auf die Straßen der Hauptstadt, um den Papst, der in seinem Papamobil bzw. mit dem Dacia Logan von einem Standort zum anderen befördert wurde, zu begrüßen. Am Freitagabend zelebrierte der Papst eine Heilige Messe in der römisch-katholischen Sankt-Josephs-Kathedrale in Bukarest und sprach die Homilie. „Wir sollen uns nicht davor fürchten, den Segen, den Rumänien braucht, weiterzutragen“, sagte der Heilige Vater, indem er zur Einheit aufforderte.

Am Samstag besuchte der Papst die größte marianische Pilgerstätte in Mittel- und Osteuropa. In Șumuleu Ciuc im Kreis Harghita warteten trotz schlechten Wetters 100.000 Menschen auf den hohen Geistlichen, der hier eine Heilige Messe unter freiem Himmel zelebrierte. „Diese jährliche Wallfahrt gehört zum Erbe Siebenbürgens und ehrt sowohl die rumänischen, als auch die ungarischen Traditionen. Daran beteiligen sich auch Gläubige anderer Konfessionen und sie ist ein Symbol des Dialogs, der Einheit und der Brüderlichkeit“, sagte der Papst in [umuleu Ciuc. Unter den Menschen, die dem Pastbesuch in der mehrheitlich von Ungarn bewohnten Region beiwohnten, befand sich auch der ungarische Präsident János Áder.

Von da wurde Franziskus nach Jassy befördert, wo er die Menschen von der Bühne vor dem Kulturpalast ansprach. „Rumänien ist der Garten der Mutter Gottes und im Rahmen dieses Besuchs konnte ich das feststellen, denn sie ist eine Mutter, die die Träume ihrer Söhne und Töchter pflegt, ihre Hoffnungen wahrt und die Freude ins Haus bringt“, sagte der Papst in Jassy. Einige Verse des rumänischen Dichters Mihai Eminescu hob das Kirchenoberhaupt hervor: „Fii tăi trăiască numai în frăție“. Damit wollte er nochmals die Bedeutung des guten Verständnisses unter Menschen unterschiedlicher Ethnie und Konfession hervorheben. Ergreifend war der Moment, als eine ältere Frau aus der Ortschaft Șipote im Kreis Jassy, Mutter von elf Kindern, dem Papst schilderte, was die Freude einer großen Familie, aber auch die Trauer der Trennung – denn ihre Kinder leben an verschiedenen Orten der Welt – bedeutete. In der moldauischen Stadt segnete der Papst einen Kilometerstein, auf dem die Entfernung von 4500 Kilometern von Jassy bis nach Santiago de Compostela, wo sich das Grab des Heiligen Jakobus befindet, angegeben ist.

Den Höhepunkt des Papstbesuchs bildete sein Besuch in Blasendorf, wo er auf dem Freiheitsfeld/Câmpia Libertății die sieben griechisch-katholischen Märtyrer-Bischöfe Valeriu Traian Fren]iu, Vasile Aftenie, Ioan Suciu, Tit Liviu Chinezu, Ioan Bălan, Alexandru Rusu und Iuliu Hossu, Opfer der kommunistischen Diktatur, im Rahmen einer Göttlichen Liturgie seligsprach. Im Rahmen der Zeremonie in Blasendorf warnte der Papst vor den „neuen Ideologien, die sich auf subtile Art und Weise zu behaupten versuchen und die Menschen von ihren reichsten kulturellen und religiösen Traditionen trennen wollen“. In der Homilie erwähnte Franziskus das Edikt von Thorenburg/Turda aus dem Jahr 1586, das den Radikalismus sanktionierte und zur religiösen Toleranz aufrief, eines der ersten dieser Art in Europa.

Anschließend begab sich der Pontifex zur Roma-Gemeinde, die in nur drei Monaten eine kleine Kirche für den hohen Besuch errichten ließ. Vor den Roma griechisch-katholischen Glaubens aus dem Blasendorfer Stadtteil „Barbu Lăutaru“ sprach Franziskus die ergreifenden Worte: „Ich trage in meinem Herzen eine Last. Es ist die Last der Diskriminierungen, Absonderungen und Misshandlungen, die eure Gemeinschaften erlitten haben. Die Geschichte hat uns gezeigt, dass auch Christen, Katholiken an diesem großen Leid nicht unbeteiligt sind. Deswegen möchte ich euch um Verzeihung bitten. Im Namen der Kirche und im Namen Gottes möchte ich bei euch um Verzeihung bitten für die Momente in der Geschichte, in denen wir euch diskriminiert, misshandelt und euch falsch betrachtet haben, mit dem Blick Kains und nicht mit jenem Abels“, sprach der Papst. Von Blasendorf wurde der Pontifex zum Hermannstädter Flughafen begleitet, von wo er in Richtung Rom abhob. Der, der als „Pilger und Bruder“ nach Rumänien gekommen war, setzte im Rahmen seines historischen Besuches ein bedeutendes Zeichen auf dem Weg zu mehr Toleranz und Nächstenliebe und definitiv auch zu mehr Ökumene.