„Größtes Bergbaumuseum Rumäniens“

In Anina sind die Umbauarbeiten des Schachts I zum Bergbaumuseum im Verzug, der „Entwicklungsmotor des Raums“ läuft sich aber schon warm

Das Förderrad des Schachtaufzugs, das bis in die 1960er Jahre von einer Schwestermaschine der „Titanic“-Dampfmaschinen angetrieben wurde

Die Matthias-Hammer-Straße und Gelände des Einserschachtes aus der Drohnenperspektive
Fotos: ADR Vest

2006, im Vorfrühjahr, gab es in der „tiefsten Steinkohlengrube Südosteuropas“ ein schlagendes Wetter: Sieben Kumpel fanden den Bergmannstod. Es war der (auf Geheiß von oben, von Präsident B˛sescu, dem „Spieler“/„Macher“ persönlich umgehend vorgezogene) Schlusspunkt zu rund 200 Jahren Bergbaugeschichte im Anina-Steierdorfer Kohlenbecken. Es folgte eine chaotische Zeit unter gerichtlich bestellten Insolvenzverwaltern, die nichts Besseres zu tun wussten, als alles Metall zu verschrotten und die letzten Reste leicht zu verladender Steinkohle zu verschachern, die auf den Deponien auffindbar waren – alles in harter Konkurrenz mit den Schrottspechten und Kohlenschnorrern, die das quasi „herrenlose“ Bergbauunternehmen IMA Anina noch ausschlachteten, bevor Industriearchäologen, das Kulturamt Karasch-Severin (unter dessen damaliger Leiterin Dr. Ada-Mirela Cruceanu-Chisăliță, ein wahrer Segen fürs Banater Bergland, da extrem engagiert – wenn auch, umständebedingt, nicht übertrieben effizient – in Sachen Wahrung des Industrieerbes) und das Museum des Banater Montangebiets (unter dessen damaligem Leiter Dr. Dumitru Țeicu) Alarm schlugen: Rumänien laufe Gefahr, außerordentlich wertvolle technische und bauliche Überbleibsel früher Industrieentwicklungen im (Kohlen-)Bergbauwesen durch Diebstahl, Geldgier, Ignoranz und Interessenlosigkeit zu verlieren.

Spät, aber schließlich doch noch, schaltete sich die Politik ein, durch den im Bergbauraum Dognatschka geborenen Sorin Frunz˛verde (der etwas mehr Verständnis als andere Politiker für die Problematik des Industrieerbes und dessen Wahrung mitbrachte, zudem weitaus gebildeter – zweifellos auch intelligenter – war als rumänische Durchschnittspolitiker so sind). Frunz˛verde stimmte den damaligen Aninaer Bürgermeister Ion Românu auf das Thema der Rekonversion des Schwerindustrieraums Anina-Steierdorf ein und suggerierte, durch die Umgestaltung des quasi mitten in der Stadt befindlichen Einserschachts – von wo bis auf Sohle 1120 m eingefahren werden konnte und wo noch eine alte Antriebsmaschine (u.a. eine Dampfmaschine genau derselben Bauart wie jene, welche die Schiffsschrauben der „Titanic“ angetrieben haben) „in der Reserve“ standen, um im Bedarfsfall die moderneren Antriebsmaschinen des Schachtaufzugs zu ersetzen (einige noch aus sowjetischer Produktion, aus Zeiten, als Anina zu SovromMetal gehörte, dem Komplex von „gemeinsamen sowjetisch-rumänischen Unternehmen“, durch welche Rumänien seine Kriegsschuld an die UdSSR abzahlen musste).

Fakt ist, dass das Rathaus Anina es endlich schaffte, der Regionalen Entwicklungsagentur ADR Vest ein Projekt als Finanzierungsantrag aus EU-Mitteln einzureichen, das Hand und Fuß hatte und auch genehmigt wurde – trotz aller vorangegangenen Schwierigkeiten mit den sich abwechselnden Insolvenzverwaltern, die andauerten, bis die Stadt 2015 das am Ende der Matthias-Hammer-Straße Übriggebliebene zu einem Pauschalpreis kaufte, um einen Ramschwert und mit dem einzigen Ziel, daraus ein Bergbaumuseum zu machen. 

Ein wichtiges Argument bei der Genehmigung des Projekts durch ADR Vest und EU war die Versicherung, dass das künftig „Größte Bergbaumuseum Rumäniens“ zu einem Entwicklungsmotor des Raums werden kann, einerseits durch umsichtigere Nutzung der tatsächlich vorhandenen Naturschönheiten des Südbanats und seiner natürlichen und anthropogenen Anziehungspunkte (dazu gehören stimmige alte Stauseen, langanhaltende schneereiche Winter auf 600-800 Meter über der Adria, uralter Kulturwald in Spazierwegnähe nahe der Stadt – das Banater Bergland war das erste kompakte Forstgebiet des heutigen Rumänien, wo auf wissenschaftlicher Grundlage unter den Habsburgern eine Waldbewirtschaftung aufgezogen wurde – der vielgepriesene Bigăr-Wasserfall im Minisch-Tal am 45. Breitengrad, auch die Ruinen des größten Energieprojekts der Ceaușescu-Zeit, des nie funktionsfähigen Ölschieferkraftwerks Anina – und die davon ausgelösten kläglich gescheiterten anderen Projekte, etwa der Ring von Stauwerken, von wo Kühl- und Dampfwasser auf den Tilfasina-Berg gepumpt werden sollte, um überhaupt das Wärmekraftwerk betreiben zu können, die Aninaer Neustadt, eine Geisterstadt aus 17 Plattenbauruinen, die teilweise von Menschen, bei Schlechtwetter und nachts teilweise auch von Kühen bewohnt sind und wo im Winter die Wölfe unter den Fenstern heulen, usw.). 

Möglich gemacht haben den Stopp des Verschrottens der Anlagen des Schachts Nr.1 das Kulturamt Karasch-Severin und das Museum des Banater Berglands in Reschitza gemeinsam mit dem Aninaer Rathaus, denen es gelang, die Anlagen (oder was davon übriggeblieben war) auf die Denkmalschutzliste zu setzen als „Denkmal der Klasse A“. 

Die „Restaurierung, Konservierung und Inwertsetzung des Denkmals der Klasse A – das Ensemble des Schachts I Anina“ – so der Finanzierungstitel des Projekts, an dessen Verwirklichung in der hauptsächlichen Finanzierung der EU in Anina gearbeitet wird – ist im Regionalen Operativprogramm 2014-2020 enthalten und wurde 2017 gestartet – elf Jahre nach der definitiven Einstellung des Steinkohlenbergbaus im Aninaer Kohlenbecken. Die effektiven Bau-, Umbau- sowie Konservierungsarbeiten begannen Ende 2020, in voller Corona-Pandemie. Laut ADR Vest waren die Arbeiten Mitte September 2021 zu 49,34 Prozent abgeschlossen. Wertmäßig ist 46,33 Prozent der verfügbaren Summe aufgebraucht gewesen.

Die Gesamtkosten des Umbau- und Restaurierungsprojekts belaufen sich auf über 15 Millionen Lei, wobei die EU rund 14,5 Millionen Lei (nicht rückzahlpflichtig) stellt und das Aninaer Rathaus als Kofinanzierung 500.000 Lei aufbringt . In der Gesamtsumme ist auch die Museumsausstattung sowie Gelder für die Bewerbung des künftig „Größten Bergbaumuseums Rumäniens“ enthalten.
Gearbeitet wird gegenwärtig am Gebäudeensemble des Einserschachts am Ende der Matthias-Hammer-Straße (Matthias Hammer war jener aus der Obersteiermark stammende Köhler, der zu den vom Bergamt Orawitza angeworbenen Siedlern gehörte, die „nach Südungarn“ gekommen waren und der beim Schweinehüten im Porcar-Tal bemerkte, dass seine Schweine „glänzende schwarze Steine“ herausgewühlt hatten, die er flugs beim Bergamt zeigte, wo sie als Steinkohlenbrocken identifiziert wurden, was dem Matthias Hammer eine Belohnung seitens der Behörden einbrachte). Restauriert wird auch die „Marischka“, die einzige vor dem Verschrotten gerettete Dampfmaschine, die noch bis in die 1960er Jahre am Einserschacht als Hebemaschine in Betrieb war.

Jüngst waren die Vertreter von ADR Vest auf Stippvisite auf der Baustelle des neuen Bergbaumuseums (das eigentlich am 30. November 2021 fertig sein müsste...). Im ADR-Vest-Kommuniqué heißt es nach Abschluss des Besuchs: „Anina ist jene Stadt des Landeskreises Karasch-Severin, die eine Zeitspanne des Wohlstands gekannt hat im Schlepptau des Bergbaus. Die Stadt ist heute bestrebt, eine Rekonversion mit Hilfe des Fremdenverkehrs zu schaffen, eine Touristenstadt zu werden, wozu EU-Fonds eingesetzt werden. Die vor zwei Jahrhunderten eröffnete Kohlengrube wird zu einem Anziehungspunkt für Besucher des Banater Berglands umgestaltet. Laut Projekt soll das neue Besuchsziel zu einem wahren Motor für die Stadtentwicklung werden. Zudem sind wir bestrebt, aus diesem Rekonversionsprojekt ein Vorbild für gute Praktiken auch für andere Bergbauregionen Rumäniens zu machen, denen Schließungen bevorstehen oder die bereits Grubenschließungen hinnehmen mussten, einschließlich in der Westregion.“