Hermannstadt und Kronstadt unmittelbar ohne Blitz aufgenommen

Teutsch-Haus zeigt bis zum 25. Oktober Fotos von Jürgen van Buer

Lebhafte Gesprächsrunde gleich nach den offiziellen Grußworten zur Vernissage der Foto-Ausstellung „FREMD : VERTRAUT. Hermannstadt: Kronstadt. Zwei Städte in Siebenbürgen“ von Jürgen van Buer im Kultur- und Begegnungszentrum „Friedrich Teutsch“ der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien. Foto: Klaus Philippi

Hermannstadt – Noch war Donnerstagnachmittag, am 5. Mai, im Kultur- und Begegnungszentrum „Friedrich Teutsch“ der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien (EKR) zur Vernissage der fotografischen Ausstellung „FREMD : VERTRAUT. Hermannstadt : Kronstadt. Zwei Städte in Siebenbürgen“ von Universitätsprofessor i. R. Dr. Dr. h.c. Jürgen van Buer (Jahrgang 1949) aus Deutschland nicht alles perfekt. Obwohl oder gerade weil Sonne und Wetter sich von ihrer makellosen Seite zeigten, räumte Teutsch-Haus-Leiterin Dr. Gerhild Rudolf um Geduld bittend ein, dass dem Terrassensaal des Landeskirchlichen Museums der EKR in Hermannstadt/Sibiu die auf Maß bestellten Jalousien zur Abschirmung des von Südwest einfallenden Tageslichts demnächst angeliefert würden. Doch selbst mit vollkommener Ausstellungsinfrastruktur werden die auf teures Acrylglas gedruckten Schwarzweißfotos von Jürgen van Buer ihren blendenden Eigencharakter nicht verlieren. Aufnahmen wie etwa jene der Schwarzen Kirche Kronstadt/Bra{ov, von oben aus einer räumlich ungewohnten Per-spektive fotografiert, wären durchaus „tricky“, wie Dr. Rudolf bestätigt. Als gebürtige Kronstädterin, die an den Wänden ihrer Hermannstädter Wohnung „Aquarelle der Schwarzen Kirche und vom Kathari-nentor“ hängen hat, bescheinigt sie den bis zum 25. Oktober im Teutsch-Haus ausgestellten Fotos in Schwarzweiß trotz all den altbekannten Mauern, Häusern, Plätzen und Sehenswürdigkeiten darauf, dass Jürgen van Buer durch seine in den Jahren 2014 bis 2018 aufgenommenen Bilder „kein Déjà-vu“ zeichnet.
Außer Dr. Gerhild Rudolf meldete sich in Person von Architekt Dr. Hermann Fabini nur noch ein einziger Besucher der Vernissage per Handzeichen als aus Kronstadt stammend. Auf die zum Vergleich neugierig in den Raum gestellte Frage nach Hermannstadt reckten etwas mehr Gäste ihre Hände in die Höhe. Wo etliche Anwesenden jedoch weder das eine noch das andere beantworten wollten, stellte sich heraus, wie breit das Publikum der Ausstellungseröffnung von Jürgen van Buer aufgestellt war. Schade nur, dass weder er selber, Kurator Josef Balazs noch Vermittlerin Lilia Antipow, Leiterin der Bibliothek und des Sachgebiets für Öffentlichkeits-, Medien- und Pressearbeit im Münchner Haus des Deutschen Ostens (HDO), das Ereignis im Teutsch-Haus mit ihrer persönlichen Präsenz beehrten. Dafür wurde immerhin der Mitschnitt einer vorab aufgenommenen Kurzansprache von Prof. Dr. Andreas Otto Weber, dem Direktoren des HDO, gezeigt.

Schirmherr Reinhart Guib, Bischof der EKR, ließ als Sprecher eines Grußwortes ein Stück des mit alten Schwarzweißfotos bedruckten Regenschutzes für Werbezwecke vom Siebenbürger Sachsentreffen in Bistritz im September 2019 aufklappen und erweiterte somit das Tandem von Hermannstadt und Kronstadt zum Dreigespann. Mit dazu sagend, dass „auch Kriegsbilder uns schwarzweiß erreichen.“ Den Anstoß zur selbstverständlichen Bezugnahme auf den Krieg in der Ukraine hatte eben zuvor Dr. Gerhild Rudolf gegeben. „Den Menschen in unserem Nachbarland wird das Dach über ihrem Kopf weggeschossen.“

Und wie steht es nun bei Fotograf Jürgen van Buer um die zwei seit jeher miteinander im Wettstreit liegenden Orte Hermannstadt und Kronstadt? Anders als Ersterer wartet Letzterer zwar noch auf einen betriebsfähigen Zivilflughafen, hat dem aus Westfalen gebürtigen Ruheständler aber die Pflasterung seines Marktplatzes für das Foto einer imaginären Start- und Landebahn geliehen. Zudem klären das Plakat, der Werbezettel und das unter der gleichen Überschrift im Berliner Logos Verlag aufliegende Buch zur lockenden Ausstellung „FREMD : VERTRAUT. Hermannstadt : Kronstadt. Zwei Städte in Siebenbürgen“ über den eigentlichen Beruf Jürgen van Buers auf. Dem studierten Erziehungswissenschaftler aus Westfalen läuft die Gasleitung in Kopfhöhe vor einem steinernen historischen Türstock ohne Türe in der Wand eines Innenhofes im Herzen Hermannstadts zutiefst gegen den Strich. Bei ihm zuhause in Deutschland wäre es schlicht undenkbar, Kulturerbe in utilitaristischer Respektlosigkeit zu begegnen. In Rumänien hingegen scheint das nicht unmöglich. Vor allem mit einem geeigneten Firmenschild: „Premium. Solu]ia convenabil²“, wie sich links vom Torbogen lesen lässt, hinter dem der betreffende Türstock auszumachen ist. Für günstige Lösungen hat Fotograf Jürgen van Buer nichts übrig. Stattdessen „liebt er die Unmittelbarkeit“ und nutzt „ausschließlich das jeweils vorhandene Licht.“ Blitzlicht-Gewitter entfachen bei ihm nichts von ihrer Kraft. Entscheidend ist allein das Eigenlicht der Städte vor dem Objektiv – mit allem Schatten, der dazugehört und sie meist auch in der Tiefe schärfst beleuchtet.