Hoffnung auf mehr deutschsprachige Hochschulabsolventen mit Interesse an Beruf im Schulwesen

ADZ-Gespräch mit Cristina Escher, stellvertretende Schulleiterin am Banater Nationalkolleg in Temeswar

Cristina Escher ist stellvertretende Schuldirektorin und Leiterin der deutschen Abteilung am Banater Nationalkolleg in Temeswar.

Anfang Juli wurde zum ersten Mal ein Sommercamp für Deutsch sprechende Schüler vom Banater Kolleg organisiert. Ziel war die Erweiterung der Deutschkenntnisse durch unterhaltsame und interaktive Tätigkeiten. Fotos: die Verfasserin

Das Banater Nationalkolleg pflegt die Tradition des Unterrichts in deutscher Sprache weiter. Die acht Grundschul-, fünf Gymnasial- und vier Lyzeumsklassen der deutschen Abteilung besuchen insgesamt 397 Schüler. Seit 2014 wird am Banater Kolleg auch das Deutsche Sprachdiplom (DSD) Stufe I angeboten. Das war auch ein Grund, weshalb sich immer mehr Schüler aus Temeswar und der Region entschlossen haben, die deutsche Abteilung zu besuchen, weiß Cristina Escher (34) zu schätzen. Die Absolventin der Temeswarer Nikolaus-Lenau-Schule ist seit 2012 Deutschlehrerin am Banater Nationalkolleg und seit zwei Jahren auch als stellvertretende Schulleiterin und Leiterin der deutschen Abteilung der Schule tätig. Was sie sich vorgenommen hat und wie die deutsche Sprache im Banater Nationalkolleg weiter gefördert werden kann, das erfahren Sie aus einem Gespräch, das die ADZ-Redakteurin Andreea Oance mit Cristina Escher geführt hat.

Wenn man über Unterricht in deutscher Muttersprache in Temeswar redet, denkt man sofort an die Nikolaus-Lenau-Schule. Doch der Unterricht in deutscher Sprache am Banater Nationalkolleg hat auch Tradition. Wie schwer ist es, diese Tradition am Leben zu erhalten?

Tatsächlich hat auch das Banater Kolleg eine sehr lange Tradition im deutschen Mutterspracheunterricht. Wir unterrichten Deutsch als Muttersprache (DaM) ab der Vorschulklasse und beenden einen Zyklus nach 13 Jahren, das heißt in der 12. Klasse. Schwer ist es nicht, die Tradition am Leben zu erhalten, denn es kommen immer mehr Kinder an unsere Schule, in die Deutsch-Abteilung. Schwer ist es, leider, deutschsprachige Lehrer für einige Fächer zu finden, da keine qualifizierten Lehrkräfte, die auch Deutsch können, ins Bildungswesen eintreten.

Vor wenigen Jahren bestand die Absicht, die deutsche Abteilung am Banater Nationalkolleg ab der 9. Klasse abzuschaffen. Letztendlich ist es nicht dazu gekommen. Wie hat sich die deutsche Abteilung seither und in den letzten Jahren entwickelt?

Die deutsche Abteilung ab der 9. Klasse ist seit vielen Jahren nicht mehr in Gefahr, abgeschafft zu werden. Es gab tatsächlich einen Jahrgang, in dem wir keine 9. Klasse bilden konnten, aber die Deutschabteilung hat darunter nicht gelitten. Falls eine Klasse nicht gebildet wurde, war es, weil die Schülerzahl zu gering war. Außerdem sind wir schon seit mehreren Jahren auch DSD- Schule, das heißt, wir leiten unsere eigene Prüfung für das Deutsche Sprachdiplom Stufe I sowohl für Schüler, die Deutsch als Fremdsprache (DaF) sprechen, als auch für DaM-ler. In den letzten Jahren ist die Schüleranzahl zumindest in den Grundschulklassen sehr gestiegen, wir haben volle Klassen. Und dieses Schuljahr war das erste, in dem wir zwei parallele fünfte Klassen für Deutsch als Muttersprache gebildet haben.

Sie haben die DSD-Prüfungen am Banater Nationalkolleg erwähnt. Was bedeutet das für die Schule und für die Schüler?

Die DSD I-Prüfung wird seit 2014 an unserer Schule angeboten. Diese Prüfung wird für die Schüler der 11. Klasse für Deutsch als Fremdsprache oder für die Schüler der 9. Klasse für Deutsch als Muttersprache organisiert. Das Sprachniveau, das man durch diese Prüfungen erhalten kann, ist A2/B1. Die Durchführung der DSD I-Prüfung ist ein großer Pluspunkt für unsere Schule. Die Schüler erhalten ein Diplom, das lebenslang gültig ist und ihnen eine Zertifizierung der Deutschkenntnisse für den Arbeitsmarkt vor Ort, aber auch in anderen Ländern verleiht. Ungefähr 50 Prozent unserer Schüler studieren später in deutscher Sprache oder sogar Deutsch. 

Sie selber sind Absolventin der Lenau-Schule. Wie sind Sie eigentlich dazugekommen, am Banater Kolleg zu unterrichten?

Ja, ich habe das Nikolaus-Lenau-Lyzeum abgeschlossen, danach Germanistik an der West-Universität Temeswar studiert und anschließend bin ich ins Bildungssystem eingetreten. Zu Beginn habe ich Deutsch als Fremdsprache unterrichtet, ab 2012 bin ich ans Banater Nationalkolleg gekommen, wo ich sowohl DaF, als auch Deutsch als Muttersprache unterrichte. Ich habe damals, in 2012, mit dem Unterrichten am Banater Kolleg begonnen, da ich weiß, dass das eine sehr gute Schule ist und sie auch näher an meinem Wohnsitz liegt.

Mittlerweile sind Sie nicht nur eine Deutschlehrerin, sondern auch die Leiterin der deutschen Abteilung der Schule. Was bedeutet das für Sie? Was haben Sie sich in diesem Amt vorgenommen? 

Das Schuljahr 2018-2019 war das zweite Jahr, in dem ich auch stellvertretende Schulleiterin am Banater Kolleg war und eine meiner Verantwortungen ist auch das Leiten der Deutsch-Abteilung an unserer Schule. Für mich ist es wichtig, einen Überblick über die deutsche Abteilung zu haben, da ich selber Deutschlehrerin bin, und es freut mich sehr zu bemerken, dass immer mehr Schüler zu uns in die Schule kommen und auch hier bleiben wollen. Die jungen Lehrkräfte, die Deutsch unterrichten, haben ein schweres Wort zu sagen, da meine Kollegen ausgezeichnete Lehrkräfte sind. In der Zukunft hoffe ich, die Deutsch-Abteilung weiterhin unterstützen zu können und auch, dass unsere Schüler stetig bessere Ergebnisse bei allen Prüfungen erhalten.

Bei dem jüngsten Besuch des deutschen Botschafters in Rumänien am Banater Nationalkolleg wurde ein Paradox erwähnt: Die deutsche Minderheit, für die der deutschsprachige Unterricht in Rumänien ursprünglich gedacht war, schrumpft, trotzdem ist die Nachfrage nach der deutschen Sprache nach wie vor enorm, vor allem in der Grundschule und seitens der rumänischen Mehrheit. Wie ist die Situation an Ihrer Schule? 

Im Westrumänien ist die deutsche Sprache immer gefragter, insbesondere wegen der Nähe zu Österreich und Deutschland. Viele Schüler wählen ein Auslandsstudium und das in deutschsprachigen Ländern. Außerdem hat in ganz Europa die deutsche Sprache eine Top-Stellung und deshalb gibt es auch die große Nachfrage für das deutschsprachige Schulsystem in Rumänien. Obwohl die deutsche Minderheit wirklich schrumpft, sind sich die Rumänen dessen bewusst, dass eine zusätzliche Sprache, die man beherrscht, immer einen Schritt vorwärts bedeutet.

An vielen deutschsprachigen Schulen in Rumänien besteht aber das Problem der fehlenden Lehrkräfte, die auf Deutsch unterrichten können. Sie haben es auch angesprochen. Wie sieht die Lage bei Ihnen aus?

Am Banater Kolleg haben wir Lehrkräfte, die Fächer auf Deutsch unterrichten, wie zum Beispiel Erdkunde, Physik, Mathematik, aber bei einigen Fächern fehlen uns tatsächlich die deutschsprachigen Lehrer. Da die finanzielle Lage der im Schulwesen Angestellten in den letzten Jahren verbessert wurde, hoffen wir aber, dass sich immer mehr frische Absolventen der Chemie-, Biologie- und anderer Fakultäten, die die deutsche Sprache beherrschen, für einen Beruf im Bildungswesen interessieren werden.

Wie sehen Sie die Zukunft des Unterrichts in deutscher Sprache in Temeswar bzw. am Banater Kolleg?

Das Interesse für den deutschsprachigen Unterricht am Banater Kolleg steigt seit einigen Jahren, sowohl seitens der jungen Lehrkräfte, als auch seitens der Schüler. Das ist ein Zeichen für uns, dass unsere Schule beliebt ist und hier immer alles mit großem Professionalismus getan wird. Die Ergebnisse der Schülerinnen und Schüler bei den nationalen Prüfungen werden von Jahr zu Jahr immer besser und das, obwohl die Schüler der Deutsch-Abteilung immer ein zusätzliches Fach haben, in dem sie geprüft werden müssen.

Wie versuchen Sie als Lehrerin, die Schüler immer am Ball zu halten und ihr Interesse für Deutsch zu erhalten? Was für außerschulische Aktivitäten veranstalten Sie?

Diesen Sommer haben wir am Banater Kolleg zum ersten Mal ein Sommercamp in deutscher Sprache veranstaltet. Es fand zwischen dem 30. Juni und dem 5. Juli neben Bad Felix/Băile Felix statt. Das Sommercamp war für Schüler ab der 5. Klasse bis zur 8. Klasse gedacht, sowohl für deutsche Muttersprachler, als auch für diejenigen, die Deutsch als Fremdsprache studieren. Insgesamt waren wir 50 Teilnehmer. Zusammen mit meinen Lehrerkollegen Adela Ghertenişan, Loretta Costiş und Dan Buzan haben wir fast eine Woche lang im Sommercamp für die Erweiterung der Deutschkenntnisse unter den Schülern durch Spaß und interaktive Tätigkeiten gesorgt. Täglich haben wir drei Stunden Deutsch gehabt, wo die Schüler verschiedene Theaterstücke und Texte selbstständig konzipiert und vorgestellt haben, wo ihre Phantasie und Kreativität stark gefragt waren. An den Nachmittagen besuchten wir Sehenswürdigkeiten in und neben Großwardein/Oradea und hatten sogar im Aquapark viel Spaß und gute Laune. Jeder Abend war anders: vom Disko- bis hin zum Filmabend, mit Tanz und Gelächter kehrten die Kinder mit wunderschönen Erinnerungen aus dem deutschsprachigen Sommercamp heim.