In der Partisanen-Druckerei im tiefsten Wald

„Partizanski Dnevnik“, der Vorläufer der in Triest erscheinenden slowenischsprachigen Tageszeitung „Primorski Dnevnik“, wurde 1944/45 in einem Versteck gedruckt

Die Titelseite der ersten im Wald gedruckten Ausgabe vom 18. September 1944

Auf der altehrwürdigen Rotationsmaschine druckte Albin Skok Besuchern die erste im Wald produzierte Ausgabe der „Partizanski Dnevnik“ nach.

Die Setzkästen: Die Seiten der Zeitung wurden im Handsatz gesetzt.

Die Druckerei „Slovenija“ ist nicht leicht zu erreichen. Der Grund liegt auf der Hand: Die Mitarbeiter der Partisanenzeitung liefen ständig Gefahr, von deutschen Soldaten aufgespürt zu werden. Das hätte ihren sicheren Tod bedeutet. Die Druckerei liegt mitten im Wald an einer Felswand unterhalb der Hochebene Vojskarska Planota, 25 Kilometer nordöstlich von Gorica/Görz/Gorizia im heutigen Slowenien. Die letzten 300 Meter müssen zu Fuß bewältigt werden, steil bergan auf einem schmalen Steig. 

Auch heute noch sind die sechs Baracken, aus denen die Druckerei bestand, aus der Ferne nicht leicht zu entdecken. „Seit Juni 1944 wurde am Aufbau gearbeitet“, erläutert Albin Skok der Besuchergruppe die Geschichte der Partisanendruckerei. Das Material musste unter strengster Geheimhaltung in den Wald geschafft, die Spuren nach jedem Transport aufs Neue verwischt werden. 

Gleichzeitig lief die Beschaffung der Druckmaschinen. „In Mailand konnte die Befreiungsfront Osvobodilna Fronta für 1,3 Millionen Lire eine Rotationsmaschine kaufen, mit Hilfe lokaler Partisanen“, so Skok. 

Luftangriff rettet Druckmaschinen-Transport

Der knapp 500 Kilometer weite Transport bis in den Wald war eine logistische Meisterleistung. Bis Padua lief alles reibungslos. Doch dann wurde der Lkw an einer Straßensperre angehalten. „Alles schien verloren“, erzählt Skok, „doch dann griffen Flieger an“. Die deutschen Soldaten suchten Deckung – und die Partisanen das Weite. 

Auf dem Weg zum Versteck im Wald wurde die Maschine in ihre Einzelteile zerlegt. Sie wurden von Hof zu Hof gebracht, mit Hilfe von Pferden und Ochsen. An Seilen wurden die Bestandteile – einer war über eine Tonne schwer – über die Felswand oberhalb des Verstecks hinuntergelassen. Dann wurde die Maschine wieder zusammengebaut. 

Erster Druck am 17. September 1944 

Am 17. September 1944 wurde die erste Ausgabe der „Partizanski Dnevnik“ (Tagblatt der Partisanen) gedruckt. „4000 bis 7000 Exemplare waren es jeden Tag“, erzählt Albin Skok, ihr Umfang betrug vier Seiten. Die Informationen für die Redakteure brachten Kuriere. Sie nahmen die frisch gedruckten Zeitungen mit. Diese wurden von Hof zu Hof weitergegeben; das halbe heutige Slowenien wurde beliefert. Niemals wurde ein Träger geschnappt. 

Die Vorsichtsmaßnahmen waren streng. Nach jedem Besuch wurden die Spuren auf den Zugangspfaden verwischt; das war vor allem im Winter überlebenswichtig. Die Baracken der Druckerei wurden mit Moos, Zweigen und Blättern getarnt. Mit Rauch musste streng aufgepasst werden, und jegliches unnötige Geräusch war zu vermeiden. Das war nicht einfach, denn eine Rotationsmaschine macht höllischen Lärm. 

40 bis 50 Leute lebten bis Kriegsende in Kälte und Dunkelheit und ständiger Furcht vor Entdeckung. Was den Partisanen widerfahren wäre, hätten die Deutschen die Druckerei gefunden, zeigt der nahe gelegene Friedhof Vojšcica: Dort sind die 305 Partisanen begraben, die allein im Dorf Vojsko im März 1945  vor Kriegsende von deutschen Soldaten getötet wurden.

März 1945: Fast fliegt die klandestine Druckerei auf

In diesen Märztagen wäre die Druckerei beinahe aufgeflogen. „Es war die letzte deutsche Offensive gegen die Partisanen“, schildert Skok. „Die Deutschen rückten auf der Hochebene vor bis zu der Stelle, wo die Felswand abbricht, an deren Fuß die Druckerei liegt. Sie entdeckten sie aber von oben nicht und stiegen auch nicht die Felswand hinunter.“ 

Die Produktion der „Partizanski Dnevnik“ wurde daraufhin aber trotzdem vorsichtshalber für einige Tage eingestellt. 

Insgesamt wurden in der Druckerei im Wald 1,4 Millionen Druckwerke hergestellt, davon waren eine Million Exemplare der „Partizanski Dnevnik“. Gedruckt wurden auch Wochenzeitungen und Zeitschriften, eine sogar in italienischer Sprache („Il nostro avvenire“), außerdem Flugblätter, Broschüren und Lyrikbände. Am 1. Mai 1945 wurde die Partisanenzeitung das letzte Mal im Wald gedruckt. Dann wurde die Redaktion nach Triest verlegt. Dort wurden noch einige Ausgaben von „Partizanski Dnevnik“ hergestellt, aber  ab dem 13. Mai 1945 hieß die Zeitung „Primorski Dnevnik“ (Tagblatt des Küstenlandes). 
„Primorski Dnevnik“ folgt auf Partisanenzeitung

Sie feierte letztes Jahr ihr 70-jähriges Bestehen. Dazu wollte sie die Jahresversammlung der Vereinigung Europäischer Minderheiten-Tageszeitungen (Midas) ausrichten, deren Gründungsmitglied sie ist. Die Pandemie verhinderte das, doch heuer konnte die Versammlung stattfinden, und dabei wurde der Besuch in der Partisanendruckerei „Slovenija“ organisiert. Sie ist seit 1947 als Gedenkstätte zugänglich. Die Rotationsmaschine funktioniert bis heute.