Johannis: „Wir befinden uns an einem Wendepunkt der Geschichte Europas“

Tag der Deutschen Einheit: historischer Glücksfall, Quelle der Inspiration

Staatspräsident Klaus Johannis, der deutsche Botschafter Dr. Peer Gebauer und Ehefrau Sonja Gebauer, Leiterin des Presse- und Protokollreferats, Referentin für Politik. Fotos: George Dumitriu

Premierminister Nicolae Ciucă (l.) sowie Altpräsident Emil Constantinescu beim Empfang im Hotel Radisson Blu

Bukarest (ADZ) - Der Tag der Deutschen Einheit, der am dritten Oktober mit dem feierlichen Empfang der Deutschen Botschaft Bukarest im Hotel Radisson Blu begangen worden ist, erinnert an die friedliche Wiedervereinigung Deutschlands vor 32 Jahren. „Ein historischer Glücksfall, der ohne unsere engen Partner und Freunde in Europa und in den USA nicht möglich gewesen wäre“, erklärt Botschafter Dr. Peer Gebauer. Gleichzeitig steht der Nationalfeiertag dieses Jahr unter dem Motto „30 Jahre deutsch-rumänische Freundschaft und Partnerschaft in Europa“.

Der Fall des Eisernen Vorhangs legte auch den Grundstein für die Schaffung der Europäischen Union. Nun befinden wir uns wieder „an einem Wendepunkt in der Geschichte Europas, wenn wir uns erneut mit der Geißel des Krieges auf diesem Kontinent konfrontiert sehen“, mahnte Staatspräsident Klaus Johannis. Es sei dies der Moment, „in dem Staaten mit denselben demokratischen Werten und Respekt vor den Menschenrechten ihre Kräfte bündeln, Solidarität und Einheit“ beweisen müssten. Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine habe „weitreichende politisch-wirtschaftliche und sicherheitliche Implikationen sowie tragische humanitäre Konsequenzen“. Die deutsche Wiedervereinigung und der Wiederaufbau Deutschlands können auch für die aktuellen Schwierigkeiten „eine Quelle der Inspiration“ sein. „Der Fall der Berliner Mauer ist und bleibt ein Symbol der Solidarität, der Demokratie, der Einheit und des Friedens“, erinnert Johannis und zitiert Wiedervereinigungskanzler Helmut Kohl, der die Verleihung des Friedensnobelpreises an die EU 2012 als „weise und visionär“ bezeichnet hat, als „Bestätigung des europäischen Friedensprojektes“. „Heute ist dieses Projekt in Gefahr“, setzt Johannis fort, „und es ist unsere Pflicht, es fortwährend zu schützen.“

Botschafter Peer Gebauer lobte anlässlich des Jubiläumsjahres die enge Partnerschaft zwischen Deutschland und Rumänien. Der am 21. April 1992 unterzeichnete Freundschaftsvertrag bilde weiterhin die Grundlage einer engen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Zusammenarbeit im vereinten Europa. „Ich freue mich, dass es uns gelungen ist, unser Freundschaftsjahr mit einer Reihe von hochrangigen Besuchen zu begehen. Höhepunkt war sicher der Besuch von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am 4. Mai 2022. Aber auch die Besuche von Bundesratspräsident Bodo Ramelow, von Außenministerin Annalena Baerbock sowie zahlreicher weiterer Minister und Abgeordneter haben verdeutlicht, wie eng unsere Partnerschaft geworden ist und wie sehr wir Rumänien als wichtigen Partner in der Europäischen Union und NATO schätzen.“

Dies gelte umso mehr seit dem 24. Februar, dem Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine, für Europa eine „Zeitenwende“ - ein eklatanter Verstoß gegen die internationale Rechtsordnung, die auch Deutschland aufs schärfste verurteilt. Russland dürfe diesen Krieg nicht gewinnen und Europa sich durch Russland nicht auseinanderdividieren lassen.

Sein besonderer Dank gelte Rumänien, so der Botschafter, für die „bemerkenswerte Hilfsbereitschaft für Flüchtlinge aus der Ukraine“ und die konstruktive Rolle in Europa bei der militärischen Stärkung der Südostflanke der NATO, der Koordinierung von humanitären Hilfslieferungen in die Ukraine und der gemeinsamen Unterstützung für die Republik Moldau. Johannis erinnerte auch an den gemeinsamen Besuch in Kiew mit Bundeskanzler Olaf Scholz an der Seite des französischen Präsidenten und des italienischen Premiers.

Doch die deutsch-rumänische Freundschaft reiche weit über die politische Ebene hinaus, betont Gebauer die „exzellenten Wirtschaftsbeziehungen“: Deutschland ist mit mehr als 7500 Unternehmen in Rumänien wichtigster Handelspartner und ein bedeutender Arbeitgeber. Der bilaterale Handel betrug letztes Jahr 35 Milliarden Euro und ist im Steigen begriffen, erwähnte auch Johannis, der zudem die Kooperation im Bereich der dualen Ausbildung als „Schlüsselfaktor“ für die Berufsausbildung der Jugend herausstrich.
Neben zahlreichen kulturellen Veranstaltungen im Zeichen der 30-jährigen Freundschaft wurde auch eigens ein „deutsch-rumänisches Freundschaftsbier“ gebraut, verriet Gebauer. Die Gäste des Nationalfeiertagsempfangs durften ein Fläschchen davon mit nach Hause nehmen.