Jugendbuchtipp: Eine Hand voller Sterne

„Schade, dass ich nicht schreiben kann. Ich habe viel erlebt, und es war wichtig. Heute weiß ich nicht mehr, was mich vor Jahren nächtelang nicht schlafen ließ.“
„Du weißt doch eine Menge, Onkel“, tröstete ich Onkel Salim.

„Nein, mein Freund“, sagte er. „Von der Landschaft bleiben nur die Berge und später nur noch die Gipfel sichtbar, und das Ganze taucht im Nebel unter. Hätte ich schreiben gelernt, könnte ich nicht nur die Berge, Felder und Täler sehen, sondern jeden Stachel einer Rose wiedererkennen. Was für großartige Menschen sind doch diese Chinesen!“

Ich wunderte mich, dass Onkel Salim auf einmal bei den Chinesen gelandet war. Als ich ihn deswegen fragte, erklärte er mir: „Die Chinesen haben es mit der Erfindung des Papiers möglich gemacht, dass die Kunst des Lesens und Schreibens für jedermann zugänglich wurde. Sie brachten die Schriften von den Tempeln der Gelehrten und den Palästen der Könige auf die Straße. Sie sind großartig.“

Also beschloss ich nach dem Tee bei Onkel Salim, ein Tagebuch zu führen. Ich vergesse viel. Ich weiß nicht einmal den Namen der Mutter meiner ersten Freundin Samira. Mein Kopf ist wie ein Sieb. Jeden Tag will ich schreiben!

So beginnt Rafik Schamis Roman „Eine Hand voller Sterne“ und erzählt die Geschichte des jungen Sami, der Ende der 60er Jahre in Damaskus als Bäckerssohn aufwächst. Sein größter Traum ist es, Journalist zu werden, doch bringt dies große Erschwernisse mit sich, denn Damaskus unterliegt politischen Unruhen und  Widerstand und freie Meinungsäußerungen werden nicht geduldet. Immer wieder verschwinden Menschen und werden zum Schweigen gebracht.    

Rafik Schami wuchs selbst in Damaskus auf und studierte dort Chemie, Mathematik und Physik. Trotzdem fühlte er sich von der Literatur schon immer angezogen und gründete 1966 in Damaskus eine Wandzeitung, die aber schon bald darauf verboten wurde. Später wanderte er nach Deutschland aus und widmete sich vollends dem Schreiben. In seinem Buch „Eine Hand voller Sterne“ bringt Rafik Schami dem Leser aus Sicht eines Jugendlichen die sozialen sowie politischen Konflikte nahe undstellt dar, was es bedeutet, für Gerechtigkeit und Wahrheit zu kämpfen.

Rafik Schami, „Eine Hand voller Sterne“, 1987, 208 Seiten, ISBN: 9783423119733