Karpaten-Rundschau 50

Wünschen und Hoffnungen immer offen gegenüber

Die erste Ausgabe der „Karpatenrundschau“ als Folgepublikation der „Volkszeitung“ erschien heute genau vor 50 Jahren.

Der von der KR 1983 gestiftete Silberdistel-Literaturpreis wurde zum ersten Mal an den Schriftsteller Franz Hodjak verliehen. Die Festveranstaltung fand in der Aula der Honterusschule statt. Vertreten war die Redaktionsleitung durch den verantwortlichen Redaktionssekretär Hannes Schuster (rechts) und Horst Schuller-Anger (links). In der Mitte Franz Hodjak.

Königlicher Besuch in der Redaktion der „Karpatenrundschau“ am 11. Februar 1992. Prinzessin Margareta und Prinzessin Sofia, zwei der Töchter von König Mihai I. im Gespräch mit Chefredakteur Dieter Drotleff über die Existenz der Wochenschrift und Probleme der deutschen Minderheit.

Der Schriftsteller Hans Bergel nahm als ehemaliges Redaktionsmitglied an unserem 40-jährigen Jubiläum 1997 in Kronstadt teil. In der Zeitspanne April 1957 bis zum Dezember 1958, war er als Kulturredakteur bei der „Volkszeitung“ tätig.
Fotos: KR-Archiv

Genau vor 50 Jahren erschien am 1. März 1968 die erste Ausgabe der neuen Kronstädter, überregionalen Wochenschrift für Gesellschaft, Kultur und Politik, „Karpatenrundschau“. Es ist die Folgepublikation der elf Jahre vorher erschienen „Volkszeitung“ am 30. Mai 1957. Im Vorjahr gedachten wir somit dem 60-jährigen Jubiläum im Rahmen einer Festveranstaltung im Festsaal des Kronstädter Deutschen Kreisforums, der ersten deutschsprachigen Publikation nach dem Zweiten Weltkrieg in der Stadt unter der Zinne, nachdem im August 1944 die „Kronstädter Zeitung“ ihr Einstellen unter den neuen politischen Voraussetzungen vornehmen musste. Auch dieses war eine Folgepublikation der ersten deutschen Zeitung, die in Kronstadt herausgegeben wurde, dem „Siebenbürger Wochenblatt“, dessen erste Ausgabe am 24. Mai 1837 den Lesern zugestellt werden konnte. Erschienen ist dieses auf Initiative des Buchdruckers Johann Gött (1810 – 1888) in der Druckerei Franz Edler von Schobeln, die die Buchdrucktradition des Reformators und Humanisten Johannes Honterus fortsetzte. Und wieder waren es politische Ereignisse, die Revolution von 1848/1849 die ein Umdenken des Herausgebers forderte.

Fortgeführt wurde das „Siebenbürger Wochenblatt“, nachdem dieses am 22. März 1849 eingestellt worden war, schon nach vier Tagen durch die „Kronstädter Zeitung“, die am 26. März 1849 erscheinen konnte, und dann nach Jahrzehnten ihres Erscheinens eingestellt werden musste. Somit gab es in Kronstadt eine Zeitspanne ohne eine deutschsprachige Publikation bis zum Erscheinen der „Volkszeitung“ 1957, und dann 1968 deren Nachfolgerin die „Karpatenrundschau“. Die Voraussetzungen dafür wurden durch zwei Aspekte geschaffen. Die neue Verwaltungsreform des Landes durch deren Einteilung in Kreisgebiete an Stelle der ehemaligen Regionen, die flächenmäßig mehrere Unterteilungen in Rayons umfaßte. Deckte die „Volkszeitung“ das Gebiet der ehemaligen Region ab, die außer dem Kronstädter Umfeld auch das von Hermannstadt, Schäßburg, Fogarasch, Reps, Covasna zählte, hat die Redaktionsleitung schon im Vorfeld daran gedacht der neue Wochenschrift ein neues Profil zu geben, die gesellschaftlichen und kulturellen Bereiche der deutschen Minderheit auf Landes-ebene anzusprechen, und somit die Profile der seit 1949 bestehenden Tageszeitung „Neuer Weg“ und der seit 1957 im Banat erscheinenden „Die Wahrheit“ zu ergänzen.
 

Überregionale Wochenschrift

Durchgeführt wurde dieses dann durch die landesweite Verbreitung der „Karpatenrundschau“, die bei ihrem Erscheinen vor 50 Jahren überall mit Interesse aufgenommen worden ist, in einer Auflage von 15.000 Exemplaren wöchentlich erschien, und in den 16 umfassenden Seiten Kulturereignisse und Kulturvertreter vorstellte, Sonderseiten dem deutschsprachigen Unterrichtsbereich widmete, eine Neuaufwertung der eigenen Geschichte durch die Heimatkunde-Seite vornahm. Der zweite Aspekt, der sich positiv auf dieses neue Profil auswirkte, war auch die Erfahrung der Mitglieder des Redaktionskollektivs und dessen Leitung, die bei der VZ gesammelt worden war. Anderseits wurden auch neue Mitarbeiter herangezogen, Fachleute in den Bereichen Literatur, Sprache, Bildung, Geschichte.

In der vor 50 Jahren erschienenen Ausgabe Nr.1 vom 1. März 1968, wurde im Leitartikel, gezeichnet vom Redaktionskollektiv, betont, dass die neue Publikation sich der Neuwertung des Kulturerbes, Fragen der vaterländischen Geschichte, um die Förderung des bodenständigen deutschen Schrifttums, des geistigen Lebens in deutscher Sprache bemühen wird und betonte: „Die Karpaten-Rundschau wird bestrebt sein, nicht nur die Siebenbürger und Banater vielseitig zu informieren und zu beraten, sondern auch die Wünsche und Forderungen unterschiedlicher Leserkreise des ganzen Landes zu berücksichtigen“.

Zahlreiche Grußworte wurden an die Redaktion gerichtet und in den ersten Ausgaben veröffentlicht.

Der Komponist Norbert Petri begrüßte, dass sie sich vorgenommen hat, Spiegelbild auch des musikalischen Lebens nicht nur im Umkreis von Kronstadt, sondern des ganzen Landes zu werden, was ihn besonders freut. Der Schriftsteller Franz Storch sprach seine Überzeugung aus, dass „die Zeitschrift um einen großen Freundeskreis nicht verlegen sein“ wird. Prof. Dr. Johann Wolf, Inhaber des Lehrstuhls für Germanistik an der Temeswarer Universität wünschte, dass in den Spalten der Zeitschrift „vor allem auch die Fragen unseres Bildungs- und Erziehungswesens, die Probleme des muttersprachlichen Unterrichts Beachtung finden“. In sächsischer Mundart widmete der Schriftsteller Schuster Dutz ein Gedicht zum Geburtstag der neuen Zeitung. Oskar Pastior begrüßte die neue Wochenschrift „als eine Tribüne der Kompetenz, des Geschmacks, des zeitgenössischen Denkens“. Johann Szekler , damaliger Direktor des Temeswarer Deutschen Staatstheaters, betonte, dass „wir Bühnenschaffende eine besondere Beachtung des Theaterwesens erwarten“. Ähnliche Gedanken wurde in allen Grußbotschaften ausgesprochen. Und es bleibt nur zu hoffen, das in der 50-jährigen Existens, die KR diesen Wünschen und Hoffnungen auch nachgekommen ist.

Im gleichen Jahr erschien auch in Hermannstadt eine neue deutsche Publikation die „Hermannstädter Zeitung“, die von 1971 bis 1989 dann als „Die Woche“ umbenannt werden musste, da die Verwendung der deutschen Benennungen der Ortschaften nicht mehr genehmigt war. Bei der Wende wurde die ursprüngliche Benennung wieder angenommen. Anlässlich ihres in diesen Tagen begangenen 50. Jubiläums wünschen wir unseren Kollegen, Kraft und Ausdauer in ihrer journalistischen Tätigkeit. Auch die seit 1957 erschienene Publikation „Die Wahrheit“, konnte ab dem 21. Februar 1968 als „Neue Banater Zeitung“ gelesen werden.

Neue Kollegen, aber auch unruhige Jahre des Fortbestehens

Eduard Eisenburger, der vom Bukarester „Neuen Weg“ entsandt worden war, um den Grundstein der „Volkszeitung“ 1957 zu legen, war es auch der die Schritte einleitete für die Transformation zur „Karpatenrundschau“. Man müsste viele organisatorische Probleme lösen und Genehmigungen dafür bekommen. Neue Mitarbeiter mußten herangezogen werden, das Redaktionsteam wurde auf 24 Personen aufgestockt, der Redaktionssitz wurde aus dem damaligen Gebäude der rumänisch-sowjetischen Freundschaft (ARLUS) – heute Kreisbibliothek „George Bari]iu“ - in die Goldschmiedgasse (Mihai Sadoveanu-Straße) Nr. 3 verlegt. Zu den verbliebenen Mitarbeitern Alfred Wagner, Willi Zeidner, Hans Dobnig, kamen Hannes Schuster, Michael Kroner, Horst Schuller-Anger, Frieder Schuller, in den folgenden Jahren Bernd Kolf, Hans Barth, Harald Sifft, Wolfgang Wittstock, Dieter Drotleff, Karl-Arthur Ehrmann, Gerhard Schmidt, Ralf Sudrigian u.a. hinzu. Um aus allen Landesteilen mit deutschen Lesern berichten zu können, mussten die Redakteure Ausfahrten in diese vornehmen. Für nahe Ziele gab es einen Dienstwagen der Redaktion. Namhafte Mitarbeiter konnten als Korrespondenten herangezogen werden. Im Banat waren es Ludwig Schwarz, Anton Hartmann, Richard Wagner, Marius Koity, für Hermannstadt Annemarie Weber. Beachtet wurde auch die Meinung der Leser, deren Zuschriften veröffentlicht, deren Meinungen in Betracht gezogen wurden.

Die „Karpatenrundschau“ organisierte zahlreiche Treffen mit den Lesern, Kulturabende mit Ratewettbewerben, und der Teilnahme von Kulturformationen aus jeweiligen Ortschaften. Hinzu kamen das Burzenländer Chortreffen, dann das Burzenländer Bläsertreffen, die Trachtenfeste 1979 - 1981. Horst Schuller-Anger war der Initiator und treibende Kraft des Mundartautorentreffens. Der gegründete Literaturkreis führte zur Stiftung und Verleihung ab 1983 des „Silberdistel“-Preises. Dieser wurde jeden März den Autoren für ihren erstveröffentlichten belletristischen Beitrag in der KR verliehen. Die Jury, bestehend aus 12 Mitgliedern, nahm die Auswahl vor. Erstmals wurde dieser 1983 an den Klausenburger Autor Franz Hodjak für das im Mai 1982 veröffentlichte Gedicht „Autobiographie“ vergeben. Der Preis ging in darauf folgenden Jahren auch an Joachim Wittstock, Carmen Elisabeth Puchianu, Ursula Bedners, Klaus F. Schneider, Anemone Latzina, Hella Bara.

Die von der Redaktion organisierten Rundtischgespräche zu Themen der Heimatkunde, deutschsprachiger Unterricht, Volksbrauch führten zur Mitarbeit namhafter Persönlichkeiten wie Gernot Nussbächer, Maja Philippi, Thomas Nägler, Hermann Fabini, Paul Niedermaier, Hermann Baier, Hans Hermannstädter, Gudrun Schuster, Hannelore Schuler, Dieter Simon u.v.a. Die Interviews mit Persönlichkeiten ließen diese zu Worte kommen. Für die besonderen Verdienste im Bereich der Publikation wurde der Zeitschrift durch Dekret des Staatspräsidenten Nr. 134 vom 19. Mai 1982, anlässlich ihres 25-jährigen Jubiläums der Kulturelle Verdienstorden I. Klasse verliehen. Anlässlich der späteren Jährungen wurden so zum 40., 50. und im Vorjahr zum 60. Jubiläum Festveranstaltungen mit Lesern und Mitarbeitern organisiert.

Eine vielseitige Ideenküche

Zu den zahlreichen Vorschlägen, die von der Redaktion und deren Mitarbeiter ausgingen, zählten auch die veröffentlichten Bücher, was sich regelrecht als Ideenküche durchsetzte. Mitglieder der Redaktion veröffentlichten Bücher zur Geschichtsforschung, Literatur, Wissenschaft: Michael Kroner, Eduard Eisenburger, Hans Barth, Willi Zeidner, als Herausgeber Hannes Schuster, der 22 Jahre stellvertretender Chefredakteur war und nach seiner Aussiedlung Schriftleiter der Siebenbürgischen Zeitung wurde, Dieter Drotleff. Diese Tage erfüllte Hannes Schuster seinen 80. Geburtstag, zu dem wir ihm beste Gesundheit und Kraft wünschen.

Die Redaktionsleitung veröffentlichte auch zahlreiche Werbematerialien wie Kalender, Stundenpläne für Schüler, die Plastbeutel mit der KR-Aufschrift erfreuten sich großer Nachfrage wie auch Handtaschen, die als Preise vergeben wurden. Die jährlichen Wandkalender innerhalb der Publikation, die beiden Kalender mit Grafiken von Harald Meschendörfer waren in vielen Haushalten anzutreffen. Besonderen Anklang fand bei den Schülern das von der Redaktion veröffentlichte Taschenbuch „Ich hab`s“, das in vier Auflagen 1986 – 1989 erschienen ist.

Aufkommende Probleme

Auferlegte Sparmaßnahmen seitens des Herausgebers führten dazu, dass die Wochenschrift beginnend mit der Ausgabe Nr. 19/10. Mai 1974 (nicht 1977 wie fälschlicher Weise im „Deutschen Jahrbuch für Rumänien 2017“ angegeben ist) nur noch in acht Seiten erscheinen konnte. Dadurch wurde auch die Anzahl der Mitarbeiter in der Redaktion zur Hälfte herabgesetzt, finanzielle Mittel wurden gekürzt. Trotzdem konnte die Publikation ihr Profil beibehalten, dem propagandistischen Druck Stand halten. Als die politische Wende von 1989 eintraf, konnte man sich problemlos den neuen Gegebenheiten anpassen. Doch es begannen die die Schwierigkeiten mit der Finanzierung. Nach Eingaben vom neuen Schriftleiter Dieter Drotleff, einschließlich an Landespräsidenten Ion Iliescu, an Premierminister Petre Roman, wurde die Finanzierung anfangs von einer neu gegründeten Presseverwaltung auf Kreisebene gesichert. Ab 1993 wurde die Publikation als Kulturzeitschrift von der Direktion für Presse, Werbung und Druckwesen des Kulturministeriums über das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien finanziert. Nach dem Erscheinen der „Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien“ am 5. Januar 1993 als Folgepublikation des „Neuen Wegs“, der sich auch die „Banater Zeitung“ als Wochenbeilage anschloss, wurde dieser Schritt auch von der „Karpatenrundschau“ ab dem 1. Januar 1996 getan. Seither erscheint die KR als Wochenbeilage der ADZ in vier Seiten.

2007 übernahm die Redaktionsleitung Ralf Sudrigian, und ab 2015 fällt diese Aufgabe Elise Wilk zu. 2012 musste die Redaktion aus ihrem Sitz in der Goldschmiedgasse in die Purzengasse Nr. 53, ebenfalls ein Gebäude der evangelischen Honterusgemeinde, übersiedeln. Seit 2015 ist die Redaktion in Sitz des Demokratischen Forums der Deutschen im Kreis Kronstadt in der Schützenwiesen-Gasse/Baiulescu Straße Nr. 2 umgezogen. Als Herausgeber hat das Forum auch einen Beirat der Publikation einberufen, der einmal jährlich im November zusammenkommt um die Tätigkeit der Redaktion, die gegenwärtig vier Redakteure umfasst, unter die Lupe zu nehmen, Vorschläge an diese zu machen. Als „Kronstädter Wochenschrift“, wie im Untertitel festgelegt wird, ist die KR bemüht, weiterhin ihr thematisches und überregionales Profil beizubehalten, hat auch jetzt Leser im Ausland, steht im Austausch mit der „Siebenbürgischen Zeitung“ und der „Neuen Kronstädter Zeitung“ in München, erfreut sich gelegentlich der Mitarbeit von Volontären aus Deutschland. Die materiellen und auch professionellen Voraussetzungen sind gegenwärtig geschaffen, damit die „Karpatenrundschau“ die Tradition der Kronstädter deutschen Presse fortsetzt. Dieses vor allem Dank der Leser, auch wenn deren Zahl durch die Aussiedlung stark gesunken ist, die weiterhin treu unserer Publikation bleiben bleiben.