Kartell- oder Clanpolitik?

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An dieser Stelle wurde behauptet, dass das, was wir seit 2016 in diesem Land erleben, Kartellpolitik sei. Beim genaueren Überlegen ist die Formulierung anzuzweifeln: diejenigen, die sich aufführen wie die rechtmäßigen Besitzer Rumäniens, die tun können, was sie mögen, wissen gar nicht, was Kartellpolitik ist.
Vielmehr: was die PSD/ALDE bis zu ihrem Scheidepunkt (der am vergangenen Samstag von den beiden Regierungsparteien ausgezankt wurde) getrieben haben, ist primitivste Clanpolitik und hat mit dem Überbegriff „Kartell“ nichts zu tun.

Grundsätzlich lief alles nach dem Demokratievorbild Amerika. Dort geht´s auf zwei Präsidenten des frühen 19. Jahrhunderts zurück und wird seither nach jeder Präsidentenwahl durchgezogen, egal wie viele zehntausend Regierungsangestellte es betrifft: das spoil system.
1801 hat es Thomas Jefferson zu Beginn seines achtjährigen Mandats eingeführt. Unter Andrew Jackson (1829-37) wird es auf eine Spitze getrieben, die seither beibehalten wird, egal, ob die Präsidenten Demokraten oder Republikanern sind. Jefferson hat gleich nach seiner Mandatsübernahme 1801 alle Regierungsbeamten ersetzt/gefeuert, die unter seinem Vorgänger dienten. Das war in seinen Augen die Voraussetzung für die Umsetzung der Wahlversprechen und der Politik, mit denen er die Wähler für sich gewonnen hatte. Die Bundesangestellten ersetzte er mit Leuten aus seiner Anhängerschaft. 1802 ließ er, zusätzlich, ein Gesetz absegnen, aufgrund dessen er alle 42 Bundesrichter ersetzte. Wer jetzt Böses denkt, indem er sich die PSD-Änderungen in der Zusammensetzung des Verfassungsgerichts hierzulande überlegt…

Zum Höhepunkt trieb das große Vorbild des Donald Unberechenbar das spoil system, Präsident Andrew Jackson, selbsternannter „Freund der einfachen Menschen“ und Gründer der Demokratischen Partei. Er erhob das Loyalitätskriterium zur Verteilung der Staatsdienerposten zur Staatsideologie. Er zerstörte die Bundesangestelltenhierarchien, die sich aufs Industriebürgertum des Nordens stützten, indem er sie mittels der Angestellten unterminierte, die aus den Reihen der Farmer und Pioniere rekrutiert wurden, aus skrupel- und bildungsloseren Schichten – honi soit, qui mal y pense, wer jetzt an die Durchsetzung rumänischer Regierungsämter bis in deren tiefere (und real arbeitende) Schichten mit Clans aus Teleorman („Teleormanisierung der Regierungsstrukturen“) denkt, Clans, deren einzige Qualität Verwandschaftsnetzwerke sind. Kompetenzen jeder Art werden ihnen abgestritten. Sie haben diesen Mangel auch verlässlich nachgewiesen.

Zuletzt erwies sich der „Fall Caracal“ mit dem vermutlichen Serienmörder Gheorghe Dincă als aussagekräftiges Beispiel für das überhandnehmende Clanwesen in diesem Land. Einerseits wäre der Fall nie publik geworden, hätten die Eltern des ermordeten Mädchens nicht „Jemand“ in der Verwandtschaft gehabt, der durch Telefonate zu den höchsten Polizei- und Justizstellen den Stein der Untersuchungen loseiste. Andrerseits wäre nie das Clangeflecht (bis hin zur Besetzung des geringsten Polizeipostens – immerhin ist „Polizist“ „ein gutbezahlter Beruf, bei dem man nicht arbeiten muss“, also begehrenswert) zum Vorschein gekommen, das Politik und Ämter eint und in der Primitivisierung/Balkanisierung des spoil system zum an dieser Stelle bereits genannten rumänischen System des Naschismus (von „naș“, dem Taufpaten, der in Rumänien lebenslang Begleiter und Förderer des/der Getauften ist) umbiegt. 

Das Netzwerk der Lokalclans ist die Grundlage der Macht der PSD (zweifelsohne auch der PNL) und das Geheimnis ihrer Wahlerfolge und der Unbekümmertheit um Recht und Demokratie und öffentliche Meinung, mit der diese Partei(en) ihre Mandate auszufüllen verstehen.
Von da her auch die Kaltschnäuzigkeit, mit der sie sich an öffentlichen Geldern bedienen. Und Gesetze wie ihr gutes Recht beugen.