Kein sibirischer Kunstwinter, sondern rebellischer Schaffensdrang

600 Kunstwerke aus der kommunistischen Zeit erstmals zusammen präsentiert

Eine überwältigende Bilderflut und illustre Persönlichkeiten aus der Bukarester Kulturszene trafen in den weitläufigen Räumen der modernen Nationalbibliothek zusammen.
Foto: George Dumitriu

Bukarest - Einen Spaziergang der ganz anderen Art durch die kommunistische Zeit konnten Kunstliebhaber aus Bukarest anlässlich der Vernissage der Ausstellung „Der Künstler und die Macht. Darstellungen rumänischer Maler in der Zeit von 1950 bis 1990“ am Abend des 27. Septembers in der Nationalbibliothek unternehmen. In den lichtdurchfluteten Sälen des futuristisch wirkenden Glasmonolithen an der Dâmboviţa trugen elegante Damen und Herren ihre Abendgarderobe zur Schau, zwischen zottelmähnigen Künstlertypen, Urgesteinen aus der Bukarester Kulturszene und unzähligen Schaulustigen aller Schichten und Altersklassen.

Dass es auch in der „Goldenen Epoche“ ungebremsten Schaffensdrang gab, beweisen die über 600 Werke der verfolgten, regimekritischen oder zumindest unangepassten Künstler, die aus 26 Nationalmuseen, Privatsammlungen und Ateliers aus Rumänien und teilweise aus Frankreich zusammengeführt wurden. Einige davon werden hier zum ersten Mal der Öffentlichkeit präsentiert. Die Ausstellung umfasst mehrere Sektionen, die den Werken anerkannter Künstler gewidmet sind – Camil Ressu, Nicolae Dărăscu, Dumitru Ghiaţă, Kubisten und Expressionisten. In zwei weiteren Bereichen sind Künstlergruppen wie Sigma, Tabăra Poiana Mărului, Tabăra Tescani, Prolog sowie Künstler aus der Nachkriegszeit, die zum Regime und der UdSSR offensichtlich kritisch eingestellt  waren, zusammengefasst.
Kunstkritiker Dan Hăulică ging in seiner Rede vor allem auf den unbändigen kreativen Schub ein, der sich damals unter der Decke des Verbotenen im Geheimen entfaltete. Bis zum 2. Dezember kann man sich in der Ausstellung davon überzeugen, dass die kulturfeindliche Epoche trotz all ihrer Repressalien keinen sibirischen Kunstwinter hervorgebracht hat, sondern im Gegenteil, rebellischen Schaffensdrang.