„Kinderwelt“ führte neue Sprachlernmethode ein

Kikus-Gründerin hielt Fortbildungsseminar in Temeswar

Eine ganze Einrichtung bildete sich fort: Die Mitarbeiter von „Kinderwelt“ wenden seit Kurzem die Kikus-Sprachlernmethode an. Fotos: Kinderwelt

Edgardis Garlin und Dorothea Rein vom Zentrum für kindliche Mehrsprachigkeit aus München hielten ein Kikus-Seminar in Temeswar.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des deutschen Privatkindergartens „Kinderwelt“ sind vor Kurzem mit dem Sprachlernkonzept „Kikus“ vertraut gemacht worden. Dies geschah im Rahmen eines dreitägigen Seminars, das von Dr. Edgardis Garlin, der Gründerin der Methode, und Dorothea Rein vom Zentrum für kindliche Mehrsprachigkeit aus München geleitet wurde. „Kinderwelt“ wurde bei „Kikus Welt“ als Partner aufgenommen, nachdem alle 16 Angestellten des Privatkindergartens infolge der Fortbildung ein Kikus-Zertifikat erhielten.

„Kikus“ ist ein Konzept, das besonders Kindern im Alter zwischen 3 und 10 Jahren, die eine Fremdsprache erlernen, zugute kommt. 1998 entwickelte die Sprachwissenschaftlerin Dr. Edgardis Garlin das Programm, das seitdem stetig weiterentwickelt wurde. Das Erlernen einer Zweitsprache mit Kikus basiert auf der Erstsprache, die die Kinder schon können, und hat als Schwerpunkt die mündliche Sprachvermittlung. Die Methode wurde ursprünglich für Deutsch als Zweitsprache in Deutschland entwickelt, sie kann aber mittlerweile für alle Sprachen genutzt werden. „Ganz wichtig bei dieser Methode ist, dass wir die Kinder ganz schnell in die Sprecherrolle bringen, dass sie viel sagen, obwohl sie noch ganz wenig wissen. Wir setzen viel auf Imitation“, erklärt Edgardis Garlin. „Es ist wichtig, dass die Kinder nicht das Gefühl haben, sie können noch nichts, nur weil sie noch kein Deutsch können, sondern sie können ja schon was, und das ist ihre Erstsprache. Das hilft ihnen dabei, die Zweitsprache zu erlernen“, fügt die Gründerin der Kikus-Methode hinzu. „Ich habe die Methode gar nicht bewusst entwickelt, sondern die Anfrage wurde an mich herangetragen, einen Kurs für Kinder durchzuführen, die eben nicht Deutsch sprachen, und dann habe ich im Rahmen meiner praktischen Arbeit die Kikus-Methode entwickelt“, erinnert sich die Sprachwissenschaftlerin.

Die Abkürzung „Kikus“ ließ sich zunächst von „Kinderkursen“ ableiten. Heute wird das Akronym durch „Kinder in Kulturen und Sprachen“ übersetzt. „Irgendwann war klar, dass Kikus nicht nur die Kinderkurse sind, die wir durchführen, sondern es kam dazu das Fortbildungsprogramm, die Entwicklung der Materialien, usw. Wir haben den Begriff beibehalten und neu belebt: Kinder in Kulturen und Sprachen – da ist der Plural sehr wichtig. Kinder befinden sich in diesem mehrsprachigen Prozess, und Sprachen und Kulturen sind natürlich auch nicht voneinander zu trennen“, erklärt Edgardis Garlin.

Im Rahmen des Kikus-Fortbildungslehrgangs in Temeswar bildete sich die ganze Bildungseinrichtung fort. Zu den 16 Kinderwelt-Mitarbeitern gehören, außer der Kindergartenleiterin, drei Deutschlehrer, fünf Pädagogen, zwei Erzieherinnen und zwei Heilpädagogen, eine angehende Psychopädagogin, ein Musiklehrer und eine Studentin der West-Universität, die Deutsch als Nebenfach belegt. „Wir sind somit die erste Bildungseinrichtung in Rumänien, in der alle Mitarbeiter ein Kikus-Zertifikat haben und nach dieser Methode arbeiten“, freut sich Kindergartenleiterin Geraldine Bullert-Zipple.

„Das Wichtigste bei diesem Seminar war, die Kikus-Grundsätze zu vermitteln, die eine Art Werkzeugkasten sind, mit dem die Erzieherinnen und die anderen Leute, die mit den Kindern umgehen, arbeiten können“, sagt Dorothea Rein, die zusammen mit Edgardis Garlin das Kikus-Grundseminar in Temeswar gehalten hat. Sowohl in dem Theorie-Teil, als auch bei den praktischen Übungen konnten die Seminarteilnehmerinnen und -teilnehmer diese Grundsätze kennenlernen. „Teilweise waren sie unsere Kinder“, erklärt Dorothea Rein lächelnd, wie der praktische Teil des Seminars abläuft. „Wichtig ist, dass der theoretische Teil immer klar ist, dass er aber sofort in die Praxis umgesetzt wird“, fügt sie hinzu. Verschiedene Kikus-Materialien stehen zur Verfügung, um die Erstsprachen der Kinder mit einzubeziehen. Das meiste Material sind aber Realien oder gewöhnliche Spielsachen, die man in jedem Spielzimmer oder Kindergarten antrifft. „Man muss nicht einen neuen Materialkoffer anschaffen, bevor man überhaupt mit Kikus anfangen kann, sondern im Prinzip kann jeder mit dem arbeiten, was ihm zur Verfügung steht“, erklärt die stellvertretende Kikus-Programmleiterin am Zentrum für kindliche Mehrsprachigkeit.

Spielerisch, altersadäquat und trotzdem systematisch kann Kindern mit „Kikus“ die deutsche Sprache vermittelt werden. Einer der Kikus-Grundsätze lautet: „Weniger ist mehr“. „Man ist verleitet, viel mehr zu reden, als die Kinder überhaupt verarbeiten können. Die Pädagogen sollten sich auf bestimmte Äußerungen fokussieren, damit die Kinder diese verinnerlichen können“, erklärt Edgardis Garlin. Erzieherin Claudia Toma, die seit fast elf Jahren bei „Kinderwelt“ arbeitet und nun auch ein Kikus-Zertifikat in der Tasche hat, fand diesen Kikus-Grundsatz besonders nützlich. „Wir haben gelernt, wie schön man eine neue Sprache den Kindern beibringen kann durch eine spielerische Art und Weise und wie man den Kindern mehr durch weniger beibringen kann“, sagt Claudia Toma. Dass es manchmal nicht leicht ist, den Kindern das Deutsche beizubringen, das muss die Erzieherin zugeben. „Manche Kinder hören das Deutsche nur hier, im Kindergarten“, sagt sie. Eine besondere Freude bereiteten ihr ihre 17 Vorschulkinder, die in diesem Jahr allesamt den Deutsch-Test für die Aufnahme in die Nikolaus-Lenau-Schule schafften. Von den Kinderwelt-Kindern angetan, zeigten sich auch die beiden Seminarleiterinnen. „Es ist uns aufgefallen, wie aufgeschlossen und interessiert die Kinder auf uns zukamen und auf Deutsch mit uns sprachen“, sagt Edgardis Garlin.

Auf der Suche nach zusätzlichen Kinderkursen für das neue Schuljahr war Kindergartenleiterin Geraldine Bullert-Zipple zufällig auf die Kikus-Methode gestoßen. Im Zentrum für kindliche Mehrsprachigkeit in München lernte sie Edgardis Garlin kennen und lud sie nach Rumänien ein. „Die Kikus-Methode können wir demnächst als Erweiterung unseres Kinderwelt-Konzeptes miteinbeziehen und an unseren Kindern anwenden. Unser Hauptanliegen war es schon immer, den Kindern die deutsche Sprache spielerisch zu vermitteln, d. h. anhand von Rollenspielen, mit Hilfe der Musik, usw.“, erklärt sie. Seit 19 Jahren ist der private Kindergarten „Kinderwelt“ in Temeswar in Betrieb. Den deutschen Kindergarten besuchen zurzeit ungefähr 70 Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren, die in vier Gruppen eingeteilt sind. Im Juni soll auch den Eltern im Rahmen eines Elternabends die Kikus-Methode vorgestellt werden. Ab Herbst sollen hier zusätzliche Kikus-Kurse nachmittags angeboten und sogar ein Kikus-Lerncenter ins Leben gerufen werden.