Kirchen, Villen und Ruinen der Antike

Persönliche Eindrücke von einer Reise nach Rom

Raphael und seine Schüler gestalteten zwei Loggien in der Villa Farnesina. Foto samariatraste

In der Kirche San Pietro in Vincoli ist das Skulpturenensemble von Michelangelo zu sehen. Foto: die Verfasserin

In der Kirche Santa Maria im Stadtviertel Trastevere fand am Nachmittag des Weihnachtstages die Speisung der Armen statt. Foto Sanpietrovinc

Rom war eine Notlösung. Die anderen Wunschziele für die Reise  letzte Weihnachten hatten sich entweder als nicht erschwinglich erwiesen oder die Flugtermine passten nicht. Nach den sieben Tagen in Rom stellten wir fest, dass unser Ersatz ein Volltreffer war. Die An- und Abreise verlief problemlos, in der Weihnachtszeit keine Selbstverständlichkeit, das Wetter war oft erst ab mittags wunderschön und wir sahen sehr viel mehr, als ich auf meiner To-do-Liste notiert hatte. Letzteres dank meiner Freundin, die nicht nur Historikerin, sondern auch Kirchen-Freak ist, in Rom bereits gewesen war und einen dicken Reiseführer aus den 1970er Jahren hatte, kulturhistorisch gestaltet und nicht auf den heutigen Massentourismus eingestimmt. 

Natürlich haben wir auch die auf zig Online-Plattformen und Reise-Blogs angepriesenen „Sehenswürdigkeiten“ abgehakt. Ich fand sie – weil recht abgedroschen, aus unzähligen Bildern bekannt und im Verhältnis zu anderen Besichtigungszielen – zum Teil enttäuschend. Von Touristen und Besuchern umlagert war auch Ende Dezember der mit aufwendigen Skulpturen römischer Götter, Tritonen und Pferden geschmückte Trevi-Brunnen oder die Spanische Treppe – eigentlich Treppe, die von der Piazza di Spagna zur Kirche Santa Trinità dei Monti führt, an deren Fuß ein barocker Springbrunnen ebenfalls Selfie-Fans anlockt. Auf der imposanten Piazza Navona befand sich ein Weihnachtsmarkt mit Unmengen an Kitsch und lauter Musik, angesichts dessen man weder den vom barocken Bildhauer und Architekten Gian Lorenzo Bernini entworfenen und zwischen 1649-1651 errichteten Vierströmebrunnen, noch die den Platz umgebenden Paläste und Bauten genießen konnte. Das Campo de´ Fiori (Blumenfeld), wo Giordano Bruno hingerichtet worden ist und eine Statue von ihm steht, wird als Touristen-Attraktion sowohl wegen der Statue als auch dem sich dort befindenden Markt empfohlen. Wir gelangten nachmittags hin, die Stände wurden gerade abgebaut, die Statue Brunos war von Unmengen an leeren Kisten und Müll umlagert. 

Das Pantheon konnten wir erst beim vierten Anlauf besichtigen, das Nicht-Locker-Lassen hat gelohnt. Dank Umfunktionieren des einstigen Tempels im Jahre 609 in eine Kirche blieb das antike Gebäude gänzlich erhalten. Imposant ist vor allem die riesige und genial gebaute Kuppel, in dem Rundbau befinden sich die Grabstätten der Könige Vittorio Emanuele II., dem „Vater“ der italienischen Nation, sowie Umberto I. und seiner Gattin Margherita von Savoyen sowie des Malers Raffael. Das Nationaldenkmal für Vittorio Emanuele II., das riesige mittelalterlich gestaltete Marmorgebäude, vor dem der König hoch zu Ross thront, haben wir nur von der Treppenbasis sowie von der nahegelegenen Piazza Venezia aus betrachtet, in seinem Sockel kann das Museum der Vereinigung Italiens besichtigt werden. Die Museen habe ich mir, da kein Fan von zur Schau gestellten Gegenständen, für einen eventuellen nächsten Besuch vorbehalten. 

Dass der Petersplatz und Petersdom beeindruckend sind, muss nicht extra betont werden. Wir machten uns am 24. Dezember frühmorgens dorthin auf, der Platz war fast menschenleer und die Warteschlange vor dem Dom kurz, drinnen gab es bereits Absperrungen für den Abendgottesdienst und es wurde geprobt. Wie viele der 44 Altäre und 395 Statuen (so der Reiseführer) wir in der größten christlichen Basilika der Welt tatsächlich gesehen haben, weiß ich nicht, es waren viele. Da wir unsere Beine für die weiteren Besichtigungen schonen wollten, sind wir nicht in die Kuppel gestiegen, sondern haben das kleine Museum und die Krypta besichtigt, in der 148 Päpste begraben waren, seit dem 5. Januar sind es nun 149. Die Bedeutung der Päpste und Kardinäle für die Bau- und Kulturgeschichte Roms und Italiens war mir bislang nicht bewusst gewesen, bzw. mir war nicht klar, dass der Bau vieler Kirchen auf ihre Initiative zurückgeht und auch die Beschäftigung der Künstler.     

Ein solcher sakraler Bau ist die Basilika Santa Maria Maggiore, die zum Vatikan gehört und – einer Inschrift am Triumphbogen zufolge – von Papst Sixtus III. (im Jahr 440 verstorben) in Auftrag gegeben worden war. „Santa Marias“ gibt es viele und wir haben auch weitere besichtigt, darunter Santa Maria in Trastevere. An ihrer Stelle soll es bereits im 3. Jahrhundert eine christliche Kirche gegeben haben, trotz barocker Umbauten hat sie den mittelalterlichen Aspekt bewahrt, wozu die Säulen beitragen, die vermutlich aus Thermen stammen, die im 12. Jahrhundert bei einer der Umbauten verwendet worden sind. Beim ersten Besichtigungsversuch, am Nachmittag des 25. Dezember, durften wir nur durch das Tor gucken, im Kirchenschiff fand die Speisung der Armen des Viertels Trastevere statt, beim zweiten Versuch wurden wir wegen einer Trauerfeier sehr bald hinausgebeten. All die Kirchen und Kunstwerke aufzuzählen, die wir besichtigt haben, ginge zu weit. Erwähnen möchte ich dennoch Santa Maria sopra Minerva, deren Bau im 11. Jahrhundert begann und zu deren Innengestaltung u.a. Michel-angelo, Gian Lorenzo Bernini und Filippino Lippi beigetragen haben. Oder eine weitere Santa Maria, diesmal del Popolo (weil direkt an der Porta del Popolo), in der sich u.a. zwei Gemälde von Caravaggio befinden, vor denen großer Andrang herrschte. In der Kirche San Pietro in Vincoli ist Michelangelos Moses zu sehen, eine Skulpturengruppe, an der der Künstler 40 Jahre lang gearbeitet hat aufgrund des Auftrags, das Grabmahl für Papst Julius II. zu erstellen. 

Für mich persönlich waren die Villen und die antiken Siedlungen die Highlights. Weil sie das einstige Leben und die Vergangenheit lebendiger widerspiegeln? Geschlossen war die allseits anempfohlene Villa Borghese, so unternahmen wir nur einen Spaziergang durch den riesigen schönen Park. Besichtigt haben wir die Villa Doria Pamphili (auch als Palast bezeichnet), die von ihren einstigen Eigentümern stets auch als Kunstgalerie genutzt wurde, in der aber auch prunkvolle Nutzungsräume – darunter die Kapelle und der Tanzsaal – besichtigt werden können. Zu den hier ausgestellten Malern gehören Caravaggio, Albani, Hans Memling oder Velasquez. Ein Kunstwerk an sich ist die Villa Farnesina, Anfang des 16. Jahrhunderts von einem Bankier in Auftrag gegeben. Bei der Innengestaltung zweier Loggien waren Raffael und seine Schule am Werk, doch wäre es verkehrt zu sagen, die anderen Räume seien weniger schön. Faszinierende Fresken sind auch an den Wänden der Villa d’Este in Tivoli zu bewundern – der bekannte Archivar Gernot Nussbächer meinte einmal, damals kannte man weder die Fotografie noch hatte man Fernseher, folglich malte man sich die Bilder an die Wand – den Besuch sollte man nicht für den Winter planen, um auch in den Genuss der wunderschönen Terrassengärten mit zahlreichen Springbrunnen und Wasserspielen gelangen zu können. Das Gebäude gehört dem UNESCO-Kulturerbe an. 
Außerhalb von Tivoli, einer von Rom etwa 30 Kilometer Richtung Berge gelegenen antiken Stadt, befinden sich auf rund 100 Hektar die Überreste des einstigen Palastes, der zu Ehren von Kaiser Hadrian erbaut worden war, die ebenfalls dem UNESCO-Kulturerbe angehören. Archäologische Grabungsstätten oder Ruinenstädte der Antike habe ich auf bisherigen Reisen gemieden, ich fand alte Mauern langweilig. In Rom wurde ich eines Besseren belehrt: sie können interessant sein, wenn man sich an den Geschichtsunterricht erinnert und seine Phantasie zu Hilfe nimmt. Dank ihrer konnte ich mir das Leben nicht nur in der oben erwähnten Villa Adriana (Villa des Hadrian) vorstellen, sondern auch in Ostia Antica, der einstigen Hafenstadt Roms. Sie ist mit einem Vorstadtzug zu erreichen, die Küste liegt infolge der Anschwemmungen des Tiber heute drei Kilometer entfernt. Auf riesigem Gelände sind im antiken Ostia die einstigen Straßen und viele der bis ins 4. Jahrhundert v. Chr. reichenden Gebäude, mit Mosaiken und Fresken verziert, zum Teil sehr gut zu erkennen. Erhalten sind u.a. Reste des Theaters, des Kapitols, einer Taverne und das Haus der Diana. 

Als eines der Wahrzeichen Roms – und auf Millionen Ansichten zu sehen – ist das Kolosseum, das größte der erhaltenen Amphitheater. Angesichts des wuchtigen Baus kann man sich vorstellen, dass hier Gladiatorenkämpfe und Tötungen stattfanden, es soll aber auch für künstlerische Vorstellungen verwendet worden sein. Die Ruine des Teatro di Marcello sieht ähnlich aus, es dürfte also stimmen. Wir umrundeten das Kolosseum gleich nach der Ankunft in der Abenddämmerung, als es – wie auch der danebenstehende Triumphbogen – erleuchtet und beleuchtet war. Von außen angeguckt hatten wir uns damals auch die Siedlungsreste am danebengelegenen Palatin-Hügel und das einstige Forum Romanum, in die wir zur Besichtigung zurückkehrten. Sie bilden ein zusammenhängendes riesiges archäologisches Areal – das sich jenseits der Verkehrsadern des heutigen Rom – im Forum des Trajan fortsetzt. Auch hier sind die Überreste von kaiserlichen Residenzen, Tempeln, Wohnstätten, Lagerhäusern, Thermen und nach jedem wichtigen Sieg errichteten Triumphbögen zu erkunden.