„Kleines Paris – eine andersartige Vorstellung“

Ausstellung zu Bukarester Straßenfotografie von Philippe Salmon

Neben seinen Lieblingsfotos mit Leuten, die auf der Marmortreppe und zwischen den Marmorsäulen am Eingang des Bukarester Athenäums lesen, das Sonnenlicht genießen oder sogar Verstecken spielen, ist Philippe Salmon fasziniert vom Wasserstrahl der Springbrunnen, der während des Sommers einen kühlen, schillernden Nebel erzeugt, von den riesenhohen neoklassischen Straßenbeleuchtungsmasten auf den Straßen rings um das Haus des Volkes/Casa Poporului, die auf die Passanten herabblicken, aber insbesondere von den Verhältnissen der Menschen. Fotos mit Leuten, die sich unterhalten, sich etwas heimlich ins Ohr flüstern, einsam an einem Tisch sitzen oder sich auch in jemandes Gesellschaft einsam fühlen, wie im oberen Fotopaar, oder jenes einer alten Frau, nämlich der Schwiegermutter des Fotografen, die sorglos Seifenblasen pustet, wirken auch dank der Schwarz-Weiß-Ästhetik besonders eindrucksvoll. | Fotos: Philippe Salmon

Kunstfreunde erfreuten sich am 9. Februar an der Eröffnung der Ausstellung zu Straßenfotografie namens „Kleines Paris – eine andersartige Vorstellung“ des französischen Fotografen Philippe Salmon im Bukarester Kulturhaus „Friedrich Schiller“ – und konnten dabei auch mal eine andere Perspektive auf die rumänische Hauptstadt kennenlernen.

Philippe Salmon wurde in Paris geboren, heute lebt er zwischen dem Vallée de Chevreuse bei Paris und Rumänien, hauptsächlich in Bukarest – der Heimat seiner Frau und „Land seiner Seele“, wie er sagt. Seine Leidenschaft für die Fotografie hat er nicht erst im Rentenalter entdeckt: Schon als Kind „tauchte“ er in die Fässer mit Entwicklungs- und Fixierlösungen für Fotos im Filmentwicklungslabor seines Vaters ein. Daher ist es nachvollziehbar, dass Salmon im Alter von 15 Jahren seine ersten Schritte als Autodidakt mit einer Zenith 50-mm-Kamera machte.

Heute, im Ruhestand, widmet sich Philippe Salmon voll und ganz dieser Leidenschaft. Er ist Mitglied im französischen Foto Club Gif, mit dem er an Fotografiewettbewerben in Frankreich teilnimmt, etwa 2019 in Château de Belleville oder beim Fête des Artistes, wo er 2021 und 2022 ausgestellt hat. Nun beherbergt das Kulturhaus „Friedrich Schiller“ in Bukarest seine erste internationale Ausstellung, die sein Freund Andi Dumitrache koordiniert hat. 

Salmon hat sich auf Straßenfotografie spezialisiert und streift dafür kilometerweit durch die Straßen, beobachtet die Leute, ihre Einstellungen, ihr Verhalten. Und dies immer mit Respekt, Zuneigung zu den Menschen und ohne von den Passanten bemerkt zu werden. Inspiriert wurde Philippe Salmon von berühmten Namen in der Welt der Fotografie, wie Henri Cartier-Bresson, Raymond Depardon, Jeanloup Sieff, Robert Frank, Willy Ronis und vielen anderen. 

Straßenfotografie?

Diese zeitgenössische Straßenfotografie unterscheidet sich von der des 19. Jahrhunderts vor allem dadurch, dass sie früher im Wesentlichen dokumentarische Fotografie war, während sie sich jetzt an einer Fotografie orientiert, die mehr auf den Ausdruck und die umgebende Atmosphäre ausgerichtet ist. Die Straßenfotografie lässt sich als ein Zweig der Fotografie definieren, dessen Hauptthema – direkt oder indirekt – die menschliche Präsenz in spontanen Situationen und an öffentlichen Orten wie Straßen, Parks, Stränden oder Kaufhäusern ist. „Der Mensch steht also im Mittelpunkt“, leitet der Fotograf den Hauptkern der Definition ab. „Straßenfotografie ist im Wesentlichen die Kunst zu beobachten, den richtigen Moment zu genießen, einen Moment in einem Augenblick festzuhalten, eine Geschichte zu erzählen, so lustig oder traurig sie sein mag“, erklärt Salmon und betont dabei, dass seine fotografischen Werke weder eine Satire noch eine Kritik an das menschliche Leben darstellen, sie seien auf keinem Fall mit Paparazzi-Fotos zu verwechseln. 

Außerdem ist er der Meinung, dass diese Art der Fotografie, um erfolgreich zu sein, ohne Kommentar für sich selbst sprechen und Emotionen im Beobachter auslösen müsse, denn ihr Zweck ist es hauptsächlich, Eindrücke und Gefühle mitzuteilen. 

Beobachtung ist das Schlüsselwort

Aus technischer Sicht besteht Straßenfotografie oft darin, sich dem Sujet anzunähern, ihm möglicherweise zu folgen, und zwar möglichst ohne die Personen zu stören oder dass sie es bemerken. „Es kann immer noch vorkommen, dass das Sujet absichtlich ins Spiel kommt, indem es sich freiwillig fotografieren lässt, aber dieser Fall ist ziemlich selten und macht das Foto oft weniger spontan“, erklärt der Fotograf.

Dr. Roxana Păsculescu, Absolventin der Fakultät für Kunstgeschichte und -theorie an der Kunstuniversität in Bukarest und Fachredakteurin bei Radio România Cultural, die bei der Ausstellungseröffnung das Wort ergriff, bemerkte, dass Salmons Fotografie dem Betrachter, jenseits der Beobachtung und vereinfachten grafischen Darstellung eines Werkes, detaillierte Einblicke in einen bestimmten Gedanken bietet, der mit dem Verständnis die Wahrheit eines Augenblicks einfängt. 

Darüber hinaus hat das natürliche Tageslicht, unabhängig davon, ob die architektonische Landschaft oder im Gegenteil die menschlichen Sujets die gestalterische Hauptrolle spielen, eine wesentliche Bedeutung. Abgesehen davon, dass das entstehende Netz aus Licht und Schatten der Komposition eine besondere Dynamik verleiht, prägt die aufrichtige Positionierung des Künstlers mitten in der festgehaltenen Szene die konsequente Herangehensweise des Fotografen. „Ohne die objektive Realität zu verschleiern oder zu kompromittieren, sieht, beobachtet und entscheidet Philippe Salmon unaufdringlich, welches Bild einen Symbol-, Erinnerungsstatus hat“, schlussfolgert Dr. Roxana Păsculescu. 

Abschließend teilte der Fotograf dem Publikum seine eigene Definition für die Straßenfotografie mit, nämlich „die Kunst etwas zu zeigen, was alle wahrnehmen, aber keiner sieht“ und verriet Kunstliebhabern dabei, dass das Schlüsselwort in der Straßenfotografie die Beobachtung bleibe.