Knoblauch und Hollywoodzeichen

Kronstadt als Flugziel ist für Ausländer wenig attraktiv

Die rumänische Fluggesellschaft DAN Air wird vorläufig die meisten Strecken von Kronstadt fliegen.

35 Tage. So lange wird es noch dauern, bis das erste Passagierflugzeug vom neuen Kronstädter Flughafen abheben wird. Es ist ein Moment, auf den die Kronstädter seit Jahrzehnten warten. Natürlich dreht sich seit ein paar Wochen alles um dieses Thema – die Fluggesellschaft Dan Air, die acht Flüge vom neuen Flughafen betreiben wird, soll bis jetzt schon Tickets im Wert von über 700.000 Euro verkauft haben, Hunderte von Touristen freuen sich schon auf ihren Charter-Urlaub in Griechenland und in der Türkei, weil sie dafür nicht mehr bis nach Bukarest fahren müssen. Auf den Taxi-Apps Uber und Bolt kann man jetzt schon sehen, wie teuer eine Fahrt bis zum Flughafen ist: von der Redaktion auf der Baiulescu-Straße gerade einmal 23 Lei. Budapest, München, Nürnberg, Barcelona, London, Dortmund, Mailand – das sind nur einige Ziele, die man aus der Stadt unter der Zinne in höchstens zwei Stunden erreichen wird. Doch es könnte auch umgekehrt sein: Touristen aus diesen Städten könnten Siebenbürgen besuchen.

„I love Dortmund Airport“, postete stolz Christian Macedonschi am 14. April auf Facebook. Dabei teilte er einen Post des Dortmunder Flughafens, der bekanntgab dass die ungarische Billigfluggesellschaft Wizz Air ab dem Herbstanfang Kurs auf Kronstadt nehmen wird. Zweimal pro Woche können Fluggäste aus dem Ruhrgebiet nach Siebenbürgen fliegen. „Ab 2. September fliegt Wizz Air dienstags und samstags nonstop von Dortmund nach Kronstadt“. Auch die deutschen Medien berichten über das neue Flugziel ab Dortmund: „die Stadt scheint einiges zu bieten“. Manche Zeitungen erwähnten natürlich den legendären Grafen und das Schloss Törzburg: „Flughafen Dortmund bietet neues Reiseziel zum Tor der Dracula-Welt“, wobei der Verfasser des Artikels die Reisenden empfiehlt, Knoblauch einzupacken. Ein anderer Journalist erwähnt die Schwarze Kirche und das Hollywood-Zeichen auf der Zinne. Und Dortmunds Flughafen-Chef  Ludger van Bebber war ganz begeistert, den Passagieren am Airport die Destination präsentieren zu können. „Wir freuen uns, unseren Fluggästen dieses vielfältige Reiseziel anbieten zu können“, so der Geschäftsführer.

Doch auf der Facebook-Seite des deutschen Flughafens ist die Freude gedämpft.

Nach dem Lesen von etwa 30 Kommentaren ist es klar: die Dortmunder halten nichts vom neuen Flugziel und hätten Direktflüge auf die Kanaren viel mehr gebraucht, um nicht mehr nach Düsseldorf fahren zu müssen. „Wer will denn nach Brașov?“ schreibt jemand.

„Unglaublich, was Wizz Air für Flüge anbietet. Der ganze Ostblock fliegt auf unsere Kosten hin und her“, „Blödes Ziel, braucht kein Mensch“ – und so geht es weiter.

„Jeder, der mal ein Wochenende bei Dracula verbringen will, sollte nach Brașov fliegen“, schreibt jemand, der offensichtlich aus Rumänien stammt und versucht, das Interesse an der Stadt unter der Zinne zu wecken. Die Antwort kommt prompt: „Da brauch ich nur die Schwiegermutter besuchen fahren im nächsten Ort. Das ist Dracula genug.“

Man muss schmunzeln, aber die Kommentare machen traurig und als Kronstädter findet man sie ungerecht. Rumänien hat als Reiseziel viel zu bieten, doch das wissen die meisten Leute nicht. Schuld daran sind auch die ausländischen Medien. Im Jahr 2023 werden manche Artikel, in denen von Rumänien die Rede ist, noch immer mit dem Bild eines Pferdewagens illustriert, der über eine holprige Dorfstraße fährt. Und: in den Zeitungsberichten, die über das neue Flugziel berichten, steht zwar über Dracula und Hollywood, aber kein einziger Artikel erwähnt, dass die Stadt von deutschen Siedlern gegründet wurde. Vielleicht sollte man auch damit Werbung machen, nicht nur mit einem erfundenen Grafen. 

Natürlich sollte man an die positiven Aspekte denken – ein Flughafen wird Kronstadts Tor zur Welt sein und die ganze Region wird von den positiven wirtschaftlichen Aspekten profitieren. Doch braucht Kronstadt den Flughafen wirklich?

Nach Otopeni braucht man zweieinhalb Stunden mit dem Auto. In den letzten Jahren sind viele Anbieter für Transferdienste auf den Markt gekommen. Man wird von zu Hause abgeholt und in einem Van mit 8 Plätzen zum Flughafen  gefahren. Wer lieber Zug fahren will, muss am Bukarester Nordbahnhof in den Regio-Zug steigen, der direkt vor dem Flughafen hält. Es ist eine beliebte Strecke – zu manchen Zeiten bekommt man kaum einen Platz im Zug. Leider fährt er nur alle 40 Minuten – ein 20 Minuten-Takt wäre perfekt.

Natürlich ist es viel praktischer, ein Taxi zu rufen und in 10 Minuten am Flughafen zu sein. Doch vorläufig sind die Flüge aus Kronstadt im Vergleich zu denen aus Otopeni teurer. Ein Hin- und Rückflug nach London oder Dortmund kostet etwa 200 Euro ohne Gepäck. Der billigste Hin- und Rückflug nach Mailand kostet 150 Euro, wobei ein Flug aus Bukarest weniger als die Hälfte kostet.

Vielleicht wäre es besser gewesen, eine Autobahn bis nach Bukarest zu haben. Dann wäre man in höchstens anderthalb Stunden am Flughafen.